Sonntag, 26. Februar 2023
Naiver Vorschlag
damals, 15:41h
Mein naiver Vorschlag: eine breite entmilitarisierte Zone in Osteuropa durch die baltischen Staaten, Ostpolen und die Ukraine und auf der anderen Seite der russisch/weißrussischen Grenze ebenso breit. International kontrolliert. Wie wäre das? (müsste natürlich so schmal sein, dass Moskau nicht berührt wird - und ebenso so schmal auf der andren Seite, sodass die genannten Länder nicht gänzlich entmilitarisiert würden) Und Polen und baltischen Staaten bliebe ja auch bei weitgehender Entmilitarisierung die NATO-Mitgliedschaft als zusätzliche Garantie, die Ukraine müsste sich dann ohne weitere Garantie mit dem Abzug der russischen Truppen begnügen und Putin könnte seinem Volk wenigstens den überwiegenden Abzug von NATO-Truppen aus Osteuropa als Erfolg verkaufen.
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Freitag, 30. Dezember 2022
Zweckpazifismus
damals, 08:55h
Weihnachtszeit bedeutet auch, dass man Menschen trifft, die man länger nicht gesehen hat. Meine Frau, die politische Diskussionen meidet und dadurch oft den klaren Blick behält, meinte nur: "Komisch, dass X. jetzt so pazifistisch redet. Das war doch früher nicht seine Art." Ich fand das gar nicht komisch.
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Montag, 26. Dezember 2022
Übersetzungsprobleme
damals, 17:49h
Auf dem Gabentisch lag auch Michelle Obamas neues Buch. Ich habe vorhin darin geblättert und stieß auf folgende Stelle:

Wieso kann Obama unbekümmert von Rasse sprechen, ins Deutsche übersetzt werden kann das aber nicht? Ja, ich weiß, ich kenne das Argument: "Sowas wie Rasse gibts überhaupt nicht." Den Weihnachtsmann gibts aber auch nicht, und trotzdem käme niemand auf die Idee, dass sein Name nur noch auf Englisch genannt werden dürfe.
Und wenn jetzt jemand meint, das läge daran, dass die Vorstellung vom Weihnachtsmann halt eine schöne Idee sei, die Vorstellung von der Existenz von Rassen aber eine überhaupt nicht schöne - nun, dann hat er natürlich Recht, unterliegt aber der Illusion, Voldemort würde aufhören zu existieren, wenn wir nur vermeiden, seinen Namen auszusprechen.
Obama spricht ein real existierendes Problem an (nämlich dass es Menschen gibt, die von anderen anhand angeblicher Rassemerkmale ein- und abgestuft werden), und ihre Mahnung könnte auch für Deutsch Sprechende von Bedeutung sein. Wenn man das nicht mehr beim Namen nennt oder nur auf Englisch, betreibt man Augenwischerei, befördert Rassismus durch Wegsehen.
Meine Frau meinte dazu nur: "Ach, deshalb hat das Buch fünf Übersetzer, wenn die sich um solchen Blödsinn kümmern müssen. Ich hatte mich schon gewundert."

Wieso kann Obama unbekümmert von Rasse sprechen, ins Deutsche übersetzt werden kann das aber nicht? Ja, ich weiß, ich kenne das Argument: "Sowas wie Rasse gibts überhaupt nicht." Den Weihnachtsmann gibts aber auch nicht, und trotzdem käme niemand auf die Idee, dass sein Name nur noch auf Englisch genannt werden dürfe.
Und wenn jetzt jemand meint, das läge daran, dass die Vorstellung vom Weihnachtsmann halt eine schöne Idee sei, die Vorstellung von der Existenz von Rassen aber eine überhaupt nicht schöne - nun, dann hat er natürlich Recht, unterliegt aber der Illusion, Voldemort würde aufhören zu existieren, wenn wir nur vermeiden, seinen Namen auszusprechen.
Obama spricht ein real existierendes Problem an (nämlich dass es Menschen gibt, die von anderen anhand angeblicher Rassemerkmale ein- und abgestuft werden), und ihre Mahnung könnte auch für Deutsch Sprechende von Bedeutung sein. Wenn man das nicht mehr beim Namen nennt oder nur auf Englisch, betreibt man Augenwischerei, befördert Rassismus durch Wegsehen.
Meine Frau meinte dazu nur: "Ach, deshalb hat das Buch fünf Übersetzer, wenn die sich um solchen Blödsinn kümmern müssen. Ich hatte mich schon gewundert."
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Freitag, 23. Dezember 2022
In Twitterscher Kürze
damals, 17:02h
Ich habe jetzt zufällig erfahren, dass irgendwer den Parteiauschluss von Bodo Ramelow aus der Linken fordert. Da kann man eigentlich nur schmunzeln: Offenbar stört einige, dass mit Ramelow doch eine intelligente Führungspersönlichkeit immer noch in der Partei "Die Linke" ist. Wenn der nicht freiwillig austritt, muss man eben seinen Ruf beschädigen, so gut es geht.
Ist schon ein schrilles Intrigantenvölkchen, diese Linken.
Ist schon ein schrilles Intrigantenvölkchen, diese Linken.
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Sonntag, 13. November 2022
Hätte man früher lesen sollen: die Ursache des Islamismus
damals, 14:15h
Ich lese gerade "Das neue Leben" von Orhan Pamuk, erschienen 1994. Fand es anfangs, obwohl meisterhaft geschrieben, ein bisschen idiotisch, fast lächerlich, inzwischen - nach der Hälfte des Buches - bin ich begeistert. Darin heißt es:
"So stellte sich heraus, dass wir armen Unterlegenen, die das Geschichte genannte Glücksspiel verloren haben, uns jahrhundertelang gegenseitig bombardieren, unsere Seelen und Leiber im Namen Allahs, des Buches, der Geschichte und der Welt mit Bomben, die wir in Konfektpackungen, Koraneinbände und Gangschaltungsgehäuse einbauen, gehörig in die Luft gehen lassen würden, um uns selbst glauben zu machen, dass wir wenigstens etwas gewonnen hätten, um zumindest den Geschmack des Sieges kosten zu können."
Ja, man hätte es rechtzeitig lesen sollen, vor 2001 (das Buch erschien in Deutschland wenige Monate vor dem 11. September). Und vor allem: Man sollte die Schriftsteller fragen - und zwar nicht nach ihren politischen Äußerungen, sondern nach ihren literarischen. Vor Pamuk las ich "Internat" von Serhij Zhadan. Und auch da dachte ich: Das hätte ich vor 2022 lesen sollen, rechtzeitig auf Deutsch erschienen ist es.
Jetzt diskutiert alle Welt über irgendwelche aktuell-politischen Aussagen Zhadans. Das interessiert mich ehrlich gesagt keine Bohne. In "Internat" schildert der Autor die Situation im Donbass ergreifend (da literarisch hervorragend) und differenziert jenseits jeder politischen Stellungnahme. Nur eben, dass er Gewalt benennt, wo es Gewalt gibt, dass er Leid schildert, wo er es sieht.
"So stellte sich heraus, dass wir armen Unterlegenen, die das Geschichte genannte Glücksspiel verloren haben, uns jahrhundertelang gegenseitig bombardieren, unsere Seelen und Leiber im Namen Allahs, des Buches, der Geschichte und der Welt mit Bomben, die wir in Konfektpackungen, Koraneinbände und Gangschaltungsgehäuse einbauen, gehörig in die Luft gehen lassen würden, um uns selbst glauben zu machen, dass wir wenigstens etwas gewonnen hätten, um zumindest den Geschmack des Sieges kosten zu können."
Ja, man hätte es rechtzeitig lesen sollen, vor 2001 (das Buch erschien in Deutschland wenige Monate vor dem 11. September). Und vor allem: Man sollte die Schriftsteller fragen - und zwar nicht nach ihren politischen Äußerungen, sondern nach ihren literarischen. Vor Pamuk las ich "Internat" von Serhij Zhadan. Und auch da dachte ich: Das hätte ich vor 2022 lesen sollen, rechtzeitig auf Deutsch erschienen ist es.
Jetzt diskutiert alle Welt über irgendwelche aktuell-politischen Aussagen Zhadans. Das interessiert mich ehrlich gesagt keine Bohne. In "Internat" schildert der Autor die Situation im Donbass ergreifend (da literarisch hervorragend) und differenziert jenseits jeder politischen Stellungnahme. Nur eben, dass er Gewalt benennt, wo es Gewalt gibt, dass er Leid schildert, wo er es sieht.
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Montag, 31. Oktober 2022
"Braucht auch Deutschland die Bombe?"
damals, 14:07h
So weit ist es schon, dass eine seriöse Tageszeitung in Deutschland diese Frage in den Titel stellt. Und sie im Folgenden bejaht.
Also, jetzt mal im Ernst: Gut, wir wissen, dass Putin wild, wütend, rücksichtslos agiert. Wie ein in die Ecke gedrängter bissiger Hund. Wenn man vor so einem Hund wegläuft, kann man sicher sein, dass er einem ins Bein beißt. Auch wenn man nicht vor ihm wegläuft, könnte er das versuchen. Ein Atomschlag ist aber kein Biss ins Bein. Es wäre ein Akt des Wahnsinns, der Russland keinesfalls den Sieg im aktuellen Krieg bringen würde. Dennoch ist er Putin zuzutrauen. Sollte er aber wirklich so verrückt sein, wird ihn auch keine gegnerische Atombombe davon abhalten.
Ich kann nur warnen vor solchen Stärke-Phantasien. Zeitenwende, jawoll! Eine Atombombe, damit uns keiner mehr was kann. Als Nächstes dann die Todesstrafe, damit endlich mal Ordnung kommt in diese lasche Justiz. Und am Ende einen Kaiser oder Diktator, dann gehts uns wieder gut.
Übrigens fahren die Getreideschiffe wieder, weil verhandelt wurde, und sie fahren auch, wenn Russland, unzuverlässig wie eh und je, einen Rückzieher macht. Natürlich spielt die Kriegssituation eine Rolle, ohne den Widerstand der Ukrainer hätte es auch die Verhandlungen um die Getreidetransporte nicht gegeben. Aber eins ist ohne das andere nichts wert: Die Ukraine muss sich verteidigen (können), und sie muss eine Weg finden, diplomatisch wieder aus dem Schlamassel rauszukommen (auch wenn sie ihn nicht angerichtet hat). Und wenn Putin nicht verhandeln will, dann muss er dazu gebracht werden. Vor allem natürlich militärisch. Aber nicht nur.
Aber vor allem: Lasst uns hier nicht das Klima vergiften! Schlimm genug die Hetze gegen Demokratie und Vernunft in den sozialen Medien (bei der Putin sicher kräftig mitwirkt). Das Niveau müssen wir nicht auch noch in der FAZ haben!
Also, jetzt mal im Ernst: Gut, wir wissen, dass Putin wild, wütend, rücksichtslos agiert. Wie ein in die Ecke gedrängter bissiger Hund. Wenn man vor so einem Hund wegläuft, kann man sicher sein, dass er einem ins Bein beißt. Auch wenn man nicht vor ihm wegläuft, könnte er das versuchen. Ein Atomschlag ist aber kein Biss ins Bein. Es wäre ein Akt des Wahnsinns, der Russland keinesfalls den Sieg im aktuellen Krieg bringen würde. Dennoch ist er Putin zuzutrauen. Sollte er aber wirklich so verrückt sein, wird ihn auch keine gegnerische Atombombe davon abhalten.
Ich kann nur warnen vor solchen Stärke-Phantasien. Zeitenwende, jawoll! Eine Atombombe, damit uns keiner mehr was kann. Als Nächstes dann die Todesstrafe, damit endlich mal Ordnung kommt in diese lasche Justiz. Und am Ende einen Kaiser oder Diktator, dann gehts uns wieder gut.
Übrigens fahren die Getreideschiffe wieder, weil verhandelt wurde, und sie fahren auch, wenn Russland, unzuverlässig wie eh und je, einen Rückzieher macht. Natürlich spielt die Kriegssituation eine Rolle, ohne den Widerstand der Ukrainer hätte es auch die Verhandlungen um die Getreidetransporte nicht gegeben. Aber eins ist ohne das andere nichts wert: Die Ukraine muss sich verteidigen (können), und sie muss eine Weg finden, diplomatisch wieder aus dem Schlamassel rauszukommen (auch wenn sie ihn nicht angerichtet hat). Und wenn Putin nicht verhandeln will, dann muss er dazu gebracht werden. Vor allem natürlich militärisch. Aber nicht nur.
Aber vor allem: Lasst uns hier nicht das Klima vergiften! Schlimm genug die Hetze gegen Demokratie und Vernunft in den sozialen Medien (bei der Putin sicher kräftig mitwirkt). Das Niveau müssen wir nicht auch noch in der FAZ haben!
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Dienstag, 20. September 2022
Wie Christian Lindner die Korruption im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekämpfen will
damals, 11:09h
Eben höre ich in den Nachrichten, dass Christian Lindner den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren will, indem der Rundfunkbeitrag "gedeckelt", also (in den heutigen Zeiten des Wertverlusts von Geld) allmählich reduziert wird. Er nennt Beispiele von Verschwendung, um dies zu begründen.
Das ist der alte neoliberale Denkfehler: Man glaubt, dass Kostendruck einen Anreiz schafft, die Dinge vernünftiger zu organiseren. Das funktioniert aber nur in den seltenen Fällen, in denen größere Effizienz auch zu sinnvolleren Ergebnissen führt.
Meines Erachtens sind die von Lindner genannten Beispiele für Verschwendung (mehrfache Berichterstattung über dasselbe Ereignis durch verschiedene Sendeanstalten, zu hohe Intendantengehälter) nur ein Nebenprodukt von Pfründesicherung und Korruption. Erhöht man den finanziellen Druck, werden Sendeanstalten oder einzelnen Personen ihre Privilegien nur umso verbissener verteidigen, die Korruption wird zu-, nicht abnehmen.
Ein sinnvoller Reformvorschlag ist das nicht.
Das ist der alte neoliberale Denkfehler: Man glaubt, dass Kostendruck einen Anreiz schafft, die Dinge vernünftiger zu organiseren. Das funktioniert aber nur in den seltenen Fällen, in denen größere Effizienz auch zu sinnvolleren Ergebnissen führt.
Meines Erachtens sind die von Lindner genannten Beispiele für Verschwendung (mehrfache Berichterstattung über dasselbe Ereignis durch verschiedene Sendeanstalten, zu hohe Intendantengehälter) nur ein Nebenprodukt von Pfründesicherung und Korruption. Erhöht man den finanziellen Druck, werden Sendeanstalten oder einzelnen Personen ihre Privilegien nur umso verbissener verteidigen, die Korruption wird zu-, nicht abnehmen.
Ein sinnvoller Reformvorschlag ist das nicht.
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Mittwoch, 31. August 2022
Letzte Woche in den Nachrichten
damals, 18:08h
Letzte Woche habe ich mal wieder Tagesschau geguckt. Da war zu hören, dass der Typ, der den Mord an Walter Lübcke organisiert und wahrscheinlich auch dessen Ausführung überwacht hat, wiederum und nun endgültig freigesprochen wird. In der nächsten Meldung erfuhr ich dann, was der Bundespräsident währenddessen gemacht hat: nämlich eine Blume niedergelegt in Rostock-Lichtenhagen. So sehen wir verschiedene Gewalten der Bundesrepublik vereint im effektiven Kampf gegen den Rechtsradikalismus.
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Montag, 15. August 2022
Zurück aus dem Urlaub
damals, 19:01h
Alle paar Monate guck ich mal nach, ob der groß angekündigte Prozess gegen die übrigen NSU-Mitglieder (mit welchem Hinweis man diese Verdächtigen aus dem ersten Prozess herausgehalten hatte) nun endlich begonnen hat, aber die Suchmaschinen zeigen wie immer und seit Jahren fast wörtlich gleichlautende Meldungen:

Ansonsten kann man nicht sagen, dass sich nichts verändert: vor zehn Jahren war ich im Urlaub in Griechenland und schwor, nie wieder in ein Land zu fahren, in dem es im Sommer so heiß ist. Aber diesmal war ich in Sachsen, und es war nicht besser, die Hubschrauber flogen den ganzen Tag

Immerhin komme ich mit dem Wortschatz ostdeutscher Kreuzworträtsel gut klar - ich kenne noch das "Nicki"

und nach langem Nachdenken fällt mir auch ein, dass mit "nicht ausführbarer Plan" die "Utopie" gemeint sein könnte.

Und letzteres veranlasst mich zu diesem Post: Wer glaubt, eine Utopie sei ein konkreter Plan, der 1 zu 1 in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann und soll, der kann natürlich sämtliche politischen Richtungen, die ihr Handeln mit politischen Vorstellungen von der Gesellschaft begründen, für gefährlich halten.

Ansonsten kann man nicht sagen, dass sich nichts verändert: vor zehn Jahren war ich im Urlaub in Griechenland und schwor, nie wieder in ein Land zu fahren, in dem es im Sommer so heiß ist. Aber diesmal war ich in Sachsen, und es war nicht besser, die Hubschrauber flogen den ganzen Tag

Immerhin komme ich mit dem Wortschatz ostdeutscher Kreuzworträtsel gut klar - ich kenne noch das "Nicki"

und nach langem Nachdenken fällt mir auch ein, dass mit "nicht ausführbarer Plan" die "Utopie" gemeint sein könnte.

Und letzteres veranlasst mich zu diesem Post: Wer glaubt, eine Utopie sei ein konkreter Plan, der 1 zu 1 in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann und soll, der kann natürlich sämtliche politischen Richtungen, die ihr Handeln mit politischen Vorstellungen von der Gesellschaft begründen, für gefährlich halten.
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Sonntag, 24. Juli 2022
Von der Fehlbarkeit des Papstes
damals, 19:46h
Als der Papst Franziskus sein Amt antrat, war ich wie viele begeistert von dessen sympathischer Ausstrahlung und der offenkundigen Reformwilligkeit. Ich bin zwar kein Christ, aber als Europäer ist mir doch die christliche Kultur nahe, und wenn es da positive Entwicklungen gibt, freut mich das. Natürlich gab es ein wütendes Aufheulen unter den konservativen Katholiken, und der Ratzinger wollte auch nicht raus aus seinem Gehäuse da im Vatikan, als wollte er trotz Rücktritt lieber mal noch kontrollieren, ob der der Neue da keinen Unfug macht. Ich dachte aber: Das macht er schon, der Franziskus, der stößt jetzt Veränderungen an.
In letzter Zeit jedoch werden die Proteste der Papst-Gegner leiser und vor allem: Von Franziskus selbst kommen deutliche Zeichen sturer Reformunwilligkeit. Zuletzt vor kurzem, als der Vatikan verlauten ließ, dass dem Synodalen Weg in Deutschland untersagt ist, irgendwelche strukturell relevanten Vorschläge zu machen. (Das kam jetzt zwar nicht vom Papst persönlich, aber von der Behörde, der er vorsteht, die seine Position vertritt.) Von jemandem, der außerhalb der katholischen Kirche steht, ist das kaum fassbar: Die Verlautbarungen des Synodalen Wegs kommen so ängstlich, so devot daher, immer bemüht, keinen Bischof in seiner Macht auch nur ansatzweise in Frage zu stellen, vom Papst ganz zu schweigen. Schwer zu glauben, dass schon diese leisen Regungen demokratischer Willensbildung eine Abmahnung des obersten Dienstherren hervorrufen.
Habe ich mich also in Franziskus getäuscht? Dazu muss man natürlich den Menschen selber hören: Ich las dieses Interview des Papstes zum Thema, und mir wurde klar: Nein, der Mann ist nett, er ist auch grundsätzlich offen für Neuerungen, nur hat er im Moment gänzlich andere Probleme - die er auch deutlich ansprach: Ein nennenswerter, offensichtlich einflussreicher Teil des katholischen Establishments will zurück ins 19. Jahrhundert, erkennt die Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht an. Und der Papst ist nicht in der Lage, die zu stoppen! Er kann nichtmal den seit 70 Jahren bestehenden Status Quo sichern (übrigens auch dank der Zersetzungsarbeit seiner Vorgänger Wojtyla und Ratzinger), da ist an Neuerungen natürlich gar nicht zu denken.
Und hier ist der Punkt, wo Franziskus meiner Meinung nach falsch handelt: Er will den Laden zusammenhalten, das Schlimmste verhindern. Sehr ehrenhaft, aber meines Erachtens vergebliche Liebesmüh. Er erinnert mich an Intellektuelle im Realsozialismus, wie zum Beispiel Christa Wolf. Auch die wusste irgendwann genau, dass das Projekt nicht zu retten ist, dem sie sich verschrieben hatte und dem sie ihren Status verdankte. In einem ZEIT-Interview von 2005 sagte sie, dass in ihrer Kritik einen Schritt weiterzugehen bedeutet hätte, dass sie das Land verlassen muss, und das wollte sie nicht. In dieser Situation sehe ich auch Franziskus. Und wenn ich mal träumen darf: Was wäre das für ein Zeichen, wenn der Mann sich mal ehrlich machen würde und sagen: Ich schaffe es nicht, ich verlasse diese Kirche!
In letzter Zeit jedoch werden die Proteste der Papst-Gegner leiser und vor allem: Von Franziskus selbst kommen deutliche Zeichen sturer Reformunwilligkeit. Zuletzt vor kurzem, als der Vatikan verlauten ließ, dass dem Synodalen Weg in Deutschland untersagt ist, irgendwelche strukturell relevanten Vorschläge zu machen. (Das kam jetzt zwar nicht vom Papst persönlich, aber von der Behörde, der er vorsteht, die seine Position vertritt.) Von jemandem, der außerhalb der katholischen Kirche steht, ist das kaum fassbar: Die Verlautbarungen des Synodalen Wegs kommen so ängstlich, so devot daher, immer bemüht, keinen Bischof in seiner Macht auch nur ansatzweise in Frage zu stellen, vom Papst ganz zu schweigen. Schwer zu glauben, dass schon diese leisen Regungen demokratischer Willensbildung eine Abmahnung des obersten Dienstherren hervorrufen.
Habe ich mich also in Franziskus getäuscht? Dazu muss man natürlich den Menschen selber hören: Ich las dieses Interview des Papstes zum Thema, und mir wurde klar: Nein, der Mann ist nett, er ist auch grundsätzlich offen für Neuerungen, nur hat er im Moment gänzlich andere Probleme - die er auch deutlich ansprach: Ein nennenswerter, offensichtlich einflussreicher Teil des katholischen Establishments will zurück ins 19. Jahrhundert, erkennt die Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht an. Und der Papst ist nicht in der Lage, die zu stoppen! Er kann nichtmal den seit 70 Jahren bestehenden Status Quo sichern (übrigens auch dank der Zersetzungsarbeit seiner Vorgänger Wojtyla und Ratzinger), da ist an Neuerungen natürlich gar nicht zu denken.
Und hier ist der Punkt, wo Franziskus meiner Meinung nach falsch handelt: Er will den Laden zusammenhalten, das Schlimmste verhindern. Sehr ehrenhaft, aber meines Erachtens vergebliche Liebesmüh. Er erinnert mich an Intellektuelle im Realsozialismus, wie zum Beispiel Christa Wolf. Auch die wusste irgendwann genau, dass das Projekt nicht zu retten ist, dem sie sich verschrieben hatte und dem sie ihren Status verdankte. In einem ZEIT-Interview von 2005 sagte sie, dass in ihrer Kritik einen Schritt weiterzugehen bedeutet hätte, dass sie das Land verlassen muss, und das wollte sie nicht. In dieser Situation sehe ich auch Franziskus. Und wenn ich mal träumen darf: Was wäre das für ein Zeichen, wenn der Mann sich mal ehrlich machen würde und sagen: Ich schaffe es nicht, ich verlasse diese Kirche!
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