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Mittwoch, 1. August 2007
Briefe 15 und 16 - Westreaktionen auf den 9.11.
damals, 23:51h
* von Andreas
14.11.1989 Lieber Martin!
War das schön. Telefonisch einfach kein Durchkommen. Hätte ich dich überhaupt erreicht? So ein Glücksgefühl habe ich noch nie erfahren, ich kann es brieflich auch nicht weitergeben - einfach zu viele Facetten. Nur so viel- Als die Meldung in den heute-Nachrichten des ZDF um 19 Uhr gebracht wurde, war ich die Ruhe selbst. Die Reisefreiheit war ja angekündigt. Da mußte der nächste logische Schritt einfach die Öffnung der Mauer sein. Als dann von der ARD-Tagesschau um 20 h die Bilder aus dem Bundestag gezeigt wurden, das spontane Absingen der 3. Strophe des Deutschlandliedes, blieb ich auch noch ruhig. Ist das die Hymne derer, die sich am Sonntag zuvor auf dem Alex versammelt haben? Wohl nicht, aber kann man es wissen? ...
Gerührt wurde ich durch das Bild von Willy Brandt. Daß der dies erleben durfte! Ich hatte einen Kloß im Hals. Nachts um l h, 10.11.1989. Allein vor dem Kasten, die ersten Bilder der "Besucher vom ändern Stern". Stille Tränen. Warum hat diese blöde ARD dann abgeblendet? Ich legte mich hin. Dicht neben mir das Kofferradio, RIAS auf Kurzwelle, ständig Interviews und Reportagen. Ich blieb wach bis in den frühen Morgen; dachte an dich, an Mechthild und die Deinen, an unser Volk. Deutsche Geschichte im Schnelldurchlauf, persönliche Betrachtungen. Martin, ich weinte stundenlang. Ich fühlte mich zum ersten Mal in der Bundesrepublik als Deutscher ...
* von Peter
Nürnberg, 15.11.89 Lieber Martin, kurz nach Mitternacht ein schneller Brief - die nächsten Tage komme ich nicht zum Schreiben, aber die Zeit verlangt einen Brief an dich.
Du erinnerst dich sicher, wie wir drei uns in Potsdam jener Brücke näherten, so weit wir eben konnten, einer jener abweisend-undurchdringlichen Grenzpunkte. Daran und auch an die wirklich physische Undurchdringlichkeit von Drewitz mußte ich in den letzten Tagen oft denken, wenn ich Zeitung las, mit DDR-Besuchern sprach, selbst schaute, und zwar an einem Grenzübergang nordwestlich von Coburg. Ich hatte Freunde dort besucht, und am Sonntagnachmittag fuhren wir auf Schleichwegen zum "Eisfelder Blick". Ich erwartete Schlimmes und war sehr skeptisch, weil ich mit nationalistischem Getöse, Fahnenschwingen etc. rechnete. Aber die Flachserei über die mit Handtüchern den hunderten und tausenden Trabis zuwinkenden Grenzdörfler wich bald Staunen. Ein paar hundert "Westler" standen zu beiden Seiten der StraBe im blauen Autodunst und winkten der endlos scheinenden Autokarawane zu, die in beiden Richtungen an ihnen vorbeikroch. Gelöste DDR-Grenzposten plauderten mit bayerischen Polizisten und Umstehenden, ich traute meinen Augen nicht. Und das für mich Überraschende war die freundlich-friedfertige Stimmung, die über allem lag. Zudem sah ich erstmals in meinem Leben vor Freude weinende Erwachsene persönlich.
Das Chaos in Coburg will ich nicht näher beschreiben, es wäre nur ein weiterer Bericht ...
14.11.1989 Lieber Martin!
War das schön. Telefonisch einfach kein Durchkommen. Hätte ich dich überhaupt erreicht? So ein Glücksgefühl habe ich noch nie erfahren, ich kann es brieflich auch nicht weitergeben - einfach zu viele Facetten. Nur so viel- Als die Meldung in den heute-Nachrichten des ZDF um 19 Uhr gebracht wurde, war ich die Ruhe selbst. Die Reisefreiheit war ja angekündigt. Da mußte der nächste logische Schritt einfach die Öffnung der Mauer sein. Als dann von der ARD-Tagesschau um 20 h die Bilder aus dem Bundestag gezeigt wurden, das spontane Absingen der 3. Strophe des Deutschlandliedes, blieb ich auch noch ruhig. Ist das die Hymne derer, die sich am Sonntag zuvor auf dem Alex versammelt haben? Wohl nicht, aber kann man es wissen? ...
Gerührt wurde ich durch das Bild von Willy Brandt. Daß der dies erleben durfte! Ich hatte einen Kloß im Hals. Nachts um l h, 10.11.1989. Allein vor dem Kasten, die ersten Bilder der "Besucher vom ändern Stern". Stille Tränen. Warum hat diese blöde ARD dann abgeblendet? Ich legte mich hin. Dicht neben mir das Kofferradio, RIAS auf Kurzwelle, ständig Interviews und Reportagen. Ich blieb wach bis in den frühen Morgen; dachte an dich, an Mechthild und die Deinen, an unser Volk. Deutsche Geschichte im Schnelldurchlauf, persönliche Betrachtungen. Martin, ich weinte stundenlang. Ich fühlte mich zum ersten Mal in der Bundesrepublik als Deutscher ...
* von Peter
Nürnberg, 15.11.89 Lieber Martin, kurz nach Mitternacht ein schneller Brief - die nächsten Tage komme ich nicht zum Schreiben, aber die Zeit verlangt einen Brief an dich.
Du erinnerst dich sicher, wie wir drei uns in Potsdam jener Brücke näherten, so weit wir eben konnten, einer jener abweisend-undurchdringlichen Grenzpunkte. Daran und auch an die wirklich physische Undurchdringlichkeit von Drewitz mußte ich in den letzten Tagen oft denken, wenn ich Zeitung las, mit DDR-Besuchern sprach, selbst schaute, und zwar an einem Grenzübergang nordwestlich von Coburg. Ich hatte Freunde dort besucht, und am Sonntagnachmittag fuhren wir auf Schleichwegen zum "Eisfelder Blick". Ich erwartete Schlimmes und war sehr skeptisch, weil ich mit nationalistischem Getöse, Fahnenschwingen etc. rechnete. Aber die Flachserei über die mit Handtüchern den hunderten und tausenden Trabis zuwinkenden Grenzdörfler wich bald Staunen. Ein paar hundert "Westler" standen zu beiden Seiten der StraBe im blauen Autodunst und winkten der endlos scheinenden Autokarawane zu, die in beiden Richtungen an ihnen vorbeikroch. Gelöste DDR-Grenzposten plauderten mit bayerischen Polizisten und Umstehenden, ich traute meinen Augen nicht. Und das für mich Überraschende war die freundlich-friedfertige Stimmung, die über allem lag. Zudem sah ich erstmals in meinem Leben vor Freude weinende Erwachsene persönlich.
Das Chaos in Coburg will ich nicht näher beschreiben, es wäre nur ein weiterer Bericht ...
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Mittwoch, 1. August 2007
Briefe 13 und 14
damals, 00:33h
* 25.10., von Monika
... Im Fernsehen kam gerade Egon Krenz, dessen Antrittsrede wir uns anhören wollten. Sie war mühsam und nicht lange auszuhalten. Und eigentlich war es sehr traurig. Ein Mensch redet zu Menschen in seinem Land und er redet, ohne daß man sein Herz spürt; er betont seine Stimme - es klingt blechern und scheint unaufhörlich zu scheppern ...
* 1.11., von Andreas
Lieber Martin!
Jetzt bricht mein Skeptizismus voll durch. Ich glaube nicht, daß die SED die Reisefreiheit gewähren wird. Die Devisenfrage wird als Schutzbehauptung vorgeschoben. Für mich als Historiker sind Opportunismus und Verstellung absolut nichts Neues. Aber erstaunlich ist es doch, zu sehen und zu hören, wie viele in der DDR jetzt plötzlich ganz anders reden als zuvor. Kurzum - was nutzt der Reisepaß ohne Aus- und Einreisevisum. Und dabei bleibt's doch nicht! Ich vermute, daß in Zukunft jeder Antragsteller für Westreisen noch eine Vermögensoffenbarung über Devisenbesitz beilegen muß. Das ergänzt dann die dem Antragsteller nicht unmittelbar einsichtig gemachte politische Wohlverhaltensklausel.
ALSO: wenn Du eine Einladung zur Vorlage bei der Visaabteilung brauchst, laß es mich schnell wissen. An die "Wende" in der DDR kann ich nicht glauben. Wer wen -die Frage beantwortet ein Herr Schabowski und ein Herr Modrow, ein Herr Krenz wie ein Herr Honecker letztlich gleich
Wachen Sinnes und illusionslos
Dein Andreas
... Im Fernsehen kam gerade Egon Krenz, dessen Antrittsrede wir uns anhören wollten. Sie war mühsam und nicht lange auszuhalten. Und eigentlich war es sehr traurig. Ein Mensch redet zu Menschen in seinem Land und er redet, ohne daß man sein Herz spürt; er betont seine Stimme - es klingt blechern und scheint unaufhörlich zu scheppern ...
* 1.11., von Andreas
Lieber Martin!
Jetzt bricht mein Skeptizismus voll durch. Ich glaube nicht, daß die SED die Reisefreiheit gewähren wird. Die Devisenfrage wird als Schutzbehauptung vorgeschoben. Für mich als Historiker sind Opportunismus und Verstellung absolut nichts Neues. Aber erstaunlich ist es doch, zu sehen und zu hören, wie viele in der DDR jetzt plötzlich ganz anders reden als zuvor. Kurzum - was nutzt der Reisepaß ohne Aus- und Einreisevisum. Und dabei bleibt's doch nicht! Ich vermute, daß in Zukunft jeder Antragsteller für Westreisen noch eine Vermögensoffenbarung über Devisenbesitz beilegen muß. Das ergänzt dann die dem Antragsteller nicht unmittelbar einsichtig gemachte politische Wohlverhaltensklausel.
ALSO: wenn Du eine Einladung zur Vorlage bei der Visaabteilung brauchst, laß es mich schnell wissen. An die "Wende" in der DDR kann ich nicht glauben. Wer wen -die Frage beantwortet ein Herr Schabowski und ein Herr Modrow, ein Herr Krenz wie ein Herr Honecker letztlich gleich
Wachen Sinnes und illusionslos
Dein Andreas
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Montag, 30. Juli 2007
Briefe 11 und 12
damals, 22:03h
* Postkarte mit Fotomontage: Selbstbildnis als Napoleon
Berlin, 14.Sept.*89 Hallo, Hallo!
Bin und bleibe noch hier. Besser ein Raum ohne Volk als ein Volk ohne Raum! Viele Grüße nach dirty old town. Meine Schulden bei Martin brennen immer noch heiß in der Seele, doch denke ich, wir sehen uns mal in diesem bald leeren Land. Wißt Ihr noch, wer und wo ich bin? Always M.P. ...(Adr.) diese Karte berechtigt zum Eintritt! Könnt ja auch mal Hallo sagen unter ...(Tel.) Alles Liebe an euch beide Marc
* Oktober, von Maria
... Ich hab schon das Schlimmste vermutet: Du und Budapest, Prag etc. Ich war sicher, du bleibst, aber in dieser i r r e n Zeit! und angesichts Deiner persönlichen Lage. Ach, wenn das Private und die ganze Politik so gar nicht stimmen, ist eins zu viel. Aber ich bin geistig lustvoll und produktiv. Auch habe ich ganz hinten oder unten oder wer weiß wo eine heitere Hoffnung auf Besserung von beidem ...
Berlin, 14.Sept.*89 Hallo, Hallo!
Bin und bleibe noch hier. Besser ein Raum ohne Volk als ein Volk ohne Raum! Viele Grüße nach dirty old town. Meine Schulden bei Martin brennen immer noch heiß in der Seele, doch denke ich, wir sehen uns mal in diesem bald leeren Land. Wißt Ihr noch, wer und wo ich bin? Always M.P. ...(Adr.) diese Karte berechtigt zum Eintritt! Könnt ja auch mal Hallo sagen unter ...(Tel.) Alles Liebe an euch beide Marc
* Oktober, von Maria
... Ich hab schon das Schlimmste vermutet: Du und Budapest, Prag etc. Ich war sicher, du bleibst, aber in dieser i r r e n Zeit! und angesichts Deiner persönlichen Lage. Ach, wenn das Private und die ganze Politik so gar nicht stimmen, ist eins zu viel. Aber ich bin geistig lustvoll und produktiv. Auch habe ich ganz hinten oder unten oder wer weiß wo eine heitere Hoffnung auf Besserung von beidem ...
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Freitag, 27. Juli 2007
Zwischendurch - hier ist mein Anliegen nachzulesen
damals, 23:54h
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Mittwoch, 25. Juli 2007
Briefe 9 und 10
damals, 21:43h
* von Maria
28.8.
Lieber Martin,
ich sitze hier in der Zentrale des Studentensommers, im wesentlichen rumgammelnd und mich über die grauenhafte Bürokratie aufregend. Da ich "Sekretärin" bin, von heute an 3 Wochen, bis 18.9., schreibe ich Dir auch mit der zutiefst klapprigen Maschine. Die Leute rennen hier rum, als gälte es das Leben, dabei gilt es nur der Organisation dieses grauenhaften und verlogenen Unsinns ... Mir geht es ganz gut, ich bin irritiert vom Weltgeschehen, oft voller Wut und ansonsten sehr angreifbar und dünnhäutig (wie fast immer). Meine Zukunft ist ungewiß, aber ich bin gelassen und genieße wieder die Stadt und meine Wohnung, die Einsamkeit und weniger den Trubel, der mich irgendwie nervt ...
* August, Postkarte nach Litauen (da war ich im Studentensommer) von Monika
Martin, lieber! Ich sitze bei Uschi im Sessel unter der Lampe und lausche den gleichmäßigen Atemzügen der Schlafenden im Kinderzimmer. Die Genehmigung [für die Ausreise] habe ich bekommen. Jetzt habe ich viele Laufereien. Es wird bestimmt noch einen Monat oder länger dauern. Bevor ich die Papiere bekomme, brauche ich von britischer Seite ein Einreisevisum. Das kann ich aber noch nicht beantragen, sondern muß warten, bis hier alle Formalitäten genehmigt sind. Wir können also noch einen Urlaub machen. Willst Du? Ich möchte Dich bedrängen es zu wollen ... - Kriegst du von der Politik was mit? Thema 1: Ausreise. Viele über Ungarn -> Wien. Ständige Vertretung in Bln. Ost wegen Überfüllung geschlossen. Seit Tagen - und alle sind gespannt, ob was getan wird oder nicht
28.8.
Lieber Martin,
ich sitze hier in der Zentrale des Studentensommers, im wesentlichen rumgammelnd und mich über die grauenhafte Bürokratie aufregend. Da ich "Sekretärin" bin, von heute an 3 Wochen, bis 18.9., schreibe ich Dir auch mit der zutiefst klapprigen Maschine. Die Leute rennen hier rum, als gälte es das Leben, dabei gilt es nur der Organisation dieses grauenhaften und verlogenen Unsinns ... Mir geht es ganz gut, ich bin irritiert vom Weltgeschehen, oft voller Wut und ansonsten sehr angreifbar und dünnhäutig (wie fast immer). Meine Zukunft ist ungewiß, aber ich bin gelassen und genieße wieder die Stadt und meine Wohnung, die Einsamkeit und weniger den Trubel, der mich irgendwie nervt ...
* August, Postkarte nach Litauen (da war ich im Studentensommer) von Monika
Martin, lieber! Ich sitze bei Uschi im Sessel unter der Lampe und lausche den gleichmäßigen Atemzügen der Schlafenden im Kinderzimmer. Die Genehmigung [für die Ausreise] habe ich bekommen. Jetzt habe ich viele Laufereien. Es wird bestimmt noch einen Monat oder länger dauern. Bevor ich die Papiere bekomme, brauche ich von britischer Seite ein Einreisevisum. Das kann ich aber noch nicht beantragen, sondern muß warten, bis hier alle Formalitäten genehmigt sind. Wir können also noch einen Urlaub machen. Willst Du? Ich möchte Dich bedrängen es zu wollen ... - Kriegst du von der Politik was mit? Thema 1: Ausreise. Viele über Ungarn -> Wien. Ständige Vertretung in Bln. Ost wegen Überfüllung geschlossen. Seit Tagen - und alle sind gespannt, ob was getan wird oder nicht
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Montag, 23. Juli 2007
Briefe 7 und 8
damals, 23:37h
* 10.8., von Antje
Es bedarf eines moralischen Aufschwungs, um solcher Verzagtheit Herr zu werden.
(Chr. Wolf)
Lieber Martin!
Ich muß Dich leider enttäuschen und kann Deine Anfrage nur negativ beantworten. Meine Eltern kehrten von ihrer Reise in den Westen des Landes nicht wieder in "die Heimat" zurück. Mein Freund der sich auch auf Tour durch den Wilden Westen befindet, wird sich dort entscheiden. Meine Entscheidung steht noch aus. Entschuldige, jetzt hat der Stift versagt. Die Hauptentscheidung fällt natürlich mit J.'s Ausbleiben. Denn auch bei mir macht sich Hoffnungslosigkeit breit, obwohl man mir betrieblicherseits ab Sept. '9o ein Studium angeboten hat und die Arbeit in der Galerie eigentlich auch Spaß macht ... Die ständig-neuen Meldungen entmutigen zusehends. Wer bleibt denn eigentlich noch hier. Urlaub fällt im gröBeren Sinne erst mal flach, obwohl er so nötig wäre. Die Post bitte an die Hausburgstr. senden. Bei Dir sieht es also auch nicht so rosig aus. Ist Dein Mädel schon auf und davon? Furchtbar, überall nur noch dies eine Thema, bliblublablabla, wer hätte das alles gedacht, je erwartet. Was soll werden?
Meine Schwester bekommt zu alledem auch noch ein Kind, der Vater wird auch fahren. Unsere Reise zur Nichte wurde abgelehnt, weil sie einen Treff mit Personen erwarten, die das Land unberechtigt verlassen haben. Was haben wir mit der Entscheidung der Eltern zu tun. Natürlich werden wir eine Eingabe loslassen. Sonst auf einem anderen Weg Versuche starten. Warten, warten, warten auf Godot
Liebe Grüße
von Antje
* 24.8., von Jana
Mein lieber Martin!
Dein Brief aus dem fernen Litauen kam soeben an, und ich will gleich antworten, da ich momentan untätig rumsitze und schwitze, traue mich nicht, unter die Dusche zu gehen, weil es dann klingeln könnte - ich warte auf Antje R., die vielleicht doch nicht erscheint ..., habe sie in der vergangenen Woche in Bln. besucht; nach ihrem verworrenen Brief mußte ich nach dem Rechten schauen und fand eine supernervöse, überreizte Antje, kein Wunder bei ihrer Situation - der Geliebte kommt nun auch nicht wieder! Ich weiß, Ausreisethematik ist ein Thema und damit keins für Dich. Doch du fragst nach meinem Befinden. Und hier liegt der Hund begraben! Es geht mir miserabel; ich verkrafte bald diese vielen Abschiede nicht mehr. Beim gestrigen Telefonat mit R. machte mir ihre Stimme großen Mut. Nach einwöchigem Aufenthalt in Westberlin weilt sie wieder im provinziellen P., und mir fiel ein Stein vom Herzen, ein Stein der Erleichterung, denn Man weiß ja heutzutage nie ...
Es bedarf eines moralischen Aufschwungs, um solcher Verzagtheit Herr zu werden.
(Chr. Wolf)
Lieber Martin!
Ich muß Dich leider enttäuschen und kann Deine Anfrage nur negativ beantworten. Meine Eltern kehrten von ihrer Reise in den Westen des Landes nicht wieder in "die Heimat" zurück. Mein Freund der sich auch auf Tour durch den Wilden Westen befindet, wird sich dort entscheiden. Meine Entscheidung steht noch aus. Entschuldige, jetzt hat der Stift versagt. Die Hauptentscheidung fällt natürlich mit J.'s Ausbleiben. Denn auch bei mir macht sich Hoffnungslosigkeit breit, obwohl man mir betrieblicherseits ab Sept. '9o ein Studium angeboten hat und die Arbeit in der Galerie eigentlich auch Spaß macht ... Die ständig-neuen Meldungen entmutigen zusehends. Wer bleibt denn eigentlich noch hier. Urlaub fällt im gröBeren Sinne erst mal flach, obwohl er so nötig wäre. Die Post bitte an die Hausburgstr. senden. Bei Dir sieht es also auch nicht so rosig aus. Ist Dein Mädel schon auf und davon? Furchtbar, überall nur noch dies eine Thema, bliblublablabla, wer hätte das alles gedacht, je erwartet. Was soll werden?
Meine Schwester bekommt zu alledem auch noch ein Kind, der Vater wird auch fahren. Unsere Reise zur Nichte wurde abgelehnt, weil sie einen Treff mit Personen erwarten, die das Land unberechtigt verlassen haben. Was haben wir mit der Entscheidung der Eltern zu tun. Natürlich werden wir eine Eingabe loslassen. Sonst auf einem anderen Weg Versuche starten. Warten, warten, warten auf Godot
Liebe Grüße
von Antje
* 24.8., von Jana
Mein lieber Martin!
Dein Brief aus dem fernen Litauen kam soeben an, und ich will gleich antworten, da ich momentan untätig rumsitze und schwitze, traue mich nicht, unter die Dusche zu gehen, weil es dann klingeln könnte - ich warte auf Antje R., die vielleicht doch nicht erscheint ..., habe sie in der vergangenen Woche in Bln. besucht; nach ihrem verworrenen Brief mußte ich nach dem Rechten schauen und fand eine supernervöse, überreizte Antje, kein Wunder bei ihrer Situation - der Geliebte kommt nun auch nicht wieder! Ich weiß, Ausreisethematik ist ein Thema und damit keins für Dich. Doch du fragst nach meinem Befinden. Und hier liegt der Hund begraben! Es geht mir miserabel; ich verkrafte bald diese vielen Abschiede nicht mehr. Beim gestrigen Telefonat mit R. machte mir ihre Stimme großen Mut. Nach einwöchigem Aufenthalt in Westberlin weilt sie wieder im provinziellen P., und mir fiel ein Stein vom Herzen, ein Stein der Erleichterung, denn Man weiß ja heutzutage nie ...
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Freitag, 13. Juli 2007
Nr. 5 und 6 sind Tagebucheinträge
damals, 20:50h
* Tagebuch vom 6. Juni
... Also, ich habe bei der Wahl (obwohl es meine dritte schon war) diesmal alle Namen durchgestrichen. Groß was Besondres ist das eigentlich nicht - ich bin bestimmt nicht der einzige, der gerade diesmal zum ersten Mal dagegen gewählt hat, so wie die Stimmung im Lande steht, und ich könnte mir vorhalten, mich hierin mit Kleingeistern im Verein zu finden, die sich jetzt auch trauen (<- wenn das offizielle Wahlergebnis stimmt, ist das allerdings Quatsch). Mitgespielt hat sicher; daß mir Maren beistand, auch daß die Unfähigkeit der G.er Stadtverwaltung (selbst auf der kurzen Strecke von zu Hause zum Sonderwahllokal) schlicht unübersehbar ist, und was jetzt um den Dom herum geschieht, das spottet jeder Beschreibung, aber die Hauptsache war wohl wirklich das Ablegen einer unsicheren elterlichen Position (<- auch die schämen sich sicher für ihr Ja-Wort), ein Stück mehr Ehrlichkeit ...
* Tagebuch vom 29. Juni
Ja, Tramperlebnisse: wir hatten da noch einen Volkskammersekretär für Landwirtschaft, der sich als "Bauer" bezeichnete und auf die "Gleichmacherei" schimpfte - beim Thema "Sanssouci" fielen ihm nur die viel zu niedrigen Museumspreise ein (die seiner Meinung nach die viel zu vielen Besucher erklären), dann demonstrierte er uns noch den herzlichen Kontakt zur Bevölkerung an seiner Stammtankstelle. Im Amt übrigens seit 1974 - ein Mann der doch so tollen Öffnung von "Weite und Vielfalt" der Ära Honecker ...
... Also, ich habe bei der Wahl (obwohl es meine dritte schon war) diesmal alle Namen durchgestrichen. Groß was Besondres ist das eigentlich nicht - ich bin bestimmt nicht der einzige, der gerade diesmal zum ersten Mal dagegen gewählt hat, so wie die Stimmung im Lande steht, und ich könnte mir vorhalten, mich hierin mit Kleingeistern im Verein zu finden, die sich jetzt auch trauen (<- wenn das offizielle Wahlergebnis stimmt, ist das allerdings Quatsch). Mitgespielt hat sicher; daß mir Maren beistand, auch daß die Unfähigkeit der G.er Stadtverwaltung (selbst auf der kurzen Strecke von zu Hause zum Sonderwahllokal) schlicht unübersehbar ist, und was jetzt um den Dom herum geschieht, das spottet jeder Beschreibung, aber die Hauptsache war wohl wirklich das Ablegen einer unsicheren elterlichen Position (<- auch die schämen sich sicher für ihr Ja-Wort), ein Stück mehr Ehrlichkeit ...
* Tagebuch vom 29. Juni
Ja, Tramperlebnisse: wir hatten da noch einen Volkskammersekretär für Landwirtschaft, der sich als "Bauer" bezeichnete und auf die "Gleichmacherei" schimpfte - beim Thema "Sanssouci" fielen ihm nur die viel zu niedrigen Museumspreise ein (die seiner Meinung nach die viel zu vielen Besucher erklären), dann demonstrierte er uns noch den herzlichen Kontakt zur Bevölkerung an seiner Stammtankstelle. Im Amt übrigens seit 1974 - ein Mann der doch so tollen Öffnung von "Weite und Vielfalt" der Ära Honecker ...
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Dienstag, 10. Juli 2007
Nr. 3 ist ein Urlaubsbericht aus der Provinz und Brief 4 aus Berlin
damals, 21:04h
* Tagebuch vom 23.Mai
... geschlafen haben wir im HdW, das früher "Deutscher Hof" hieß und Bismarck und dem Kaiser Unterkunft gewährte - jetzt hängt die Tapete von den Wänden und nur noch ein paar bulgarische Kellner und die Reinemachefrau Rosie bewohnen das Gebäude. Es war nicht allzu schwer, die Nachtwächter Vater und Sohn und beide Suffis - zu überreden: Als uns der Vater die Schlüssel übergab, war er so voll, daß er uns für Bulgaren hielt: "Können Sie deutsch schreiben?" und jeden Dank unter Tränen ablehnte: "Wir Deutschen haben alle was gutzumachen." ...
* 2.6., von Dörte
... Man hatte mich zum sogenannten "Mandatsträger" verdonnert und so war ich am Freitag schon in Berlin, um mich mit meiner Person an der Massenballung beteiligen zu können. Schließlich kam es wohl darauf an, daß möglichst viele Leute zu sehen waren. Ich habe wirklich mal versucht, mich in der Stadt umzutun, aber es war dermaßen voll, daß ich hinterher problemlos beim Flossenschwimmen hätte mitmachen können, weil mir, ich weiß nicht wie viele Leute, auf den Füßen rumgetreten sind. Allerdings habe ich mit Erstaunen festgestellt, zu welchen Leistungen der sozialistische Handel fähig ist. Berlin schwamm in einer Flut von Bananen, und jeder Südländer ist jetzt der festen Meinung, wir könnten uns auch sonst nicht davor retten. An jeder nur möglichen Stelle häuften sich Berge von weggeschmissenen Verpflegungsbeuteln, Pappbechern und Bockwurstresten. Feine Sache. Ich will mal nicht nur schimpfen, denn ein paar gute Sachen gab es ja wohl auch, hinsichtlich der Veranstaltungen. Dafür haben wir nur keine Karten bekommen.
Ich hoffe, Dein Pfingsten war etwas ereignisreicher als das meinige und vor allem weniger nervend ...
Übrigens sitze ich seit einer guten Stunde in einer WISO-Vorlesung (die zweite in diesem Semester) und langweile mir die Haare vom Kopf. Der Herr dort vorn berichtet gerade mit Hingabe von den "Geburtswehen des Sozialismus". Poetisch!! Das wird wohl wieder mal für lange Zeit die letzte Veranstaltung dieser Art sein, zu der ich mich
freiwillig begebe ...
So auch wenn noch bannig viel Platz ist, werde ich jetzt wohl langsam Schluß machen, denn demnächst wird diese Wahnsinns-Vorlesung zu Ende sein und ich will den Brief noch einstecken.
Laß es dir gut gehen, vergiß mich nicht und grüße alle, die du barfuß triffst!
Tschüß Deine olle Dörte
... geschlafen haben wir im HdW, das früher "Deutscher Hof" hieß und Bismarck und dem Kaiser Unterkunft gewährte - jetzt hängt die Tapete von den Wänden und nur noch ein paar bulgarische Kellner und die Reinemachefrau Rosie bewohnen das Gebäude. Es war nicht allzu schwer, die Nachtwächter Vater und Sohn und beide Suffis - zu überreden: Als uns der Vater die Schlüssel übergab, war er so voll, daß er uns für Bulgaren hielt: "Können Sie deutsch schreiben?" und jeden Dank unter Tränen ablehnte: "Wir Deutschen haben alle was gutzumachen." ...
* 2.6., von Dörte
... Man hatte mich zum sogenannten "Mandatsträger" verdonnert und so war ich am Freitag schon in Berlin, um mich mit meiner Person an der Massenballung beteiligen zu können. Schließlich kam es wohl darauf an, daß möglichst viele Leute zu sehen waren. Ich habe wirklich mal versucht, mich in der Stadt umzutun, aber es war dermaßen voll, daß ich hinterher problemlos beim Flossenschwimmen hätte mitmachen können, weil mir, ich weiß nicht wie viele Leute, auf den Füßen rumgetreten sind. Allerdings habe ich mit Erstaunen festgestellt, zu welchen Leistungen der sozialistische Handel fähig ist. Berlin schwamm in einer Flut von Bananen, und jeder Südländer ist jetzt der festen Meinung, wir könnten uns auch sonst nicht davor retten. An jeder nur möglichen Stelle häuften sich Berge von weggeschmissenen Verpflegungsbeuteln, Pappbechern und Bockwurstresten. Feine Sache. Ich will mal nicht nur schimpfen, denn ein paar gute Sachen gab es ja wohl auch, hinsichtlich der Veranstaltungen. Dafür haben wir nur keine Karten bekommen.
Ich hoffe, Dein Pfingsten war etwas ereignisreicher als das meinige und vor allem weniger nervend ...
Übrigens sitze ich seit einer guten Stunde in einer WISO-Vorlesung (die zweite in diesem Semester) und langweile mir die Haare vom Kopf. Der Herr dort vorn berichtet gerade mit Hingabe von den "Geburtswehen des Sozialismus". Poetisch!! Das wird wohl wieder mal für lange Zeit die letzte Veranstaltung dieser Art sein, zu der ich mich
freiwillig begebe ...
So auch wenn noch bannig viel Platz ist, werde ich jetzt wohl langsam Schluß machen, denn demnächst wird diese Wahnsinns-Vorlesung zu Ende sein und ich will den Brief noch einstecken.
Laß es dir gut gehen, vergiß mich nicht und grüße alle, die du barfuß triffst!
Tschüß Deine olle Dörte
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Dienstag, 10. Juli 2007
Briefe 1 und 2
damals, 00:11h
* 10.2., von Antje
... Aber, ich verstehe es ja schon, doch glaube nicht, daß das dort drüben meine Welt wäre. Worum ginge es denn dabei? Um die Freiheit, um die große Welt samt ihren Raffinessen. Gut,gut, schau dich in den Straßen um und sehe die blassen Gesichter, kaputt vom Herumlungern in Grünpflanzenbüros - von Sinnlosigkeit - Stumpfsinn; aber denke doch nur was für eine Aufgabe, natürlich nicht für dich oder mich - oder irgendwie doch. Reden. Reden, offener werden, aber das sagt sich alles sehr einfach. Ich glaube, wer hier nicht durchkommt, na drüben erst recht nicht; schon gar nicht, wenn er fremd und unbeholfen ist, wie wir "Ostis". Aber vielleicht könnte man sich bei uns viel größere Freiheiten schaffen, viel freier, sogar offener denken als - sonstwo ...
* Zettel aus einem Andreas- Paket Hinweis für den Zoll der DDR
Sehr geehrte Damen und Herren!
Aufgrund der Lektüre des "Neuen Deutschland" (s. Artikel Stephan Hermlins zum 75. Geburtstag von Stefan Heym) geht der Absender des Pakets davon aus, daß der Titel "Ahasver" nicht länger in der Liste der verbotenen Gegenstände (Ziffer 2.1.6.1.) aufgeführt ist.
Mit freundlichen Grüßen A. P.
... Aber, ich verstehe es ja schon, doch glaube nicht, daß das dort drüben meine Welt wäre. Worum ginge es denn dabei? Um die Freiheit, um die große Welt samt ihren Raffinessen. Gut,gut, schau dich in den Straßen um und sehe die blassen Gesichter, kaputt vom Herumlungern in Grünpflanzenbüros - von Sinnlosigkeit - Stumpfsinn; aber denke doch nur was für eine Aufgabe, natürlich nicht für dich oder mich - oder irgendwie doch. Reden. Reden, offener werden, aber das sagt sich alles sehr einfach. Ich glaube, wer hier nicht durchkommt, na drüben erst recht nicht; schon gar nicht, wenn er fremd und unbeholfen ist, wie wir "Ostis". Aber vielleicht könnte man sich bei uns viel größere Freiheiten schaffen, viel freier, sogar offener denken als - sonstwo ...
* Zettel aus einem Andreas- Paket Hinweis für den Zoll der DDR
Sehr geehrte Damen und Herren!
Aufgrund der Lektüre des "Neuen Deutschland" (s. Artikel Stephan Hermlins zum 75. Geburtstag von Stefan Heym) geht der Absender des Pakets davon aus, daß der Titel "Ahasver" nicht länger in der Liste der verbotenen Gegenstände (Ziffer 2.1.6.1.) aufgeführt ist.
Mit freundlichen Grüßen A. P.
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Zum neuen Thema
damals, 00:07h
In jeder richtigen Talkshow zaubert der Gast am Ende immer einen Zettel mit Konzertterminen oder eine Ausgabe seines neuen Buches aus der Hosentasche, und so will auch ich’s halten, hier in der Privatrederunde, wo natürlich alles eine Nummer kleiner ist: Mein Buch hat nur eine Auflage von 30 Exemplaren, aber eine echte ISBN-Nummer (3-00-020299-4) und ist im Buchhandel oder bei mir bestellbar – und in der Buchhandlung Christiansen in HH-Ottensen sogar vorrätig. Aber wenn Sie mich fragen – der Armeetext ist schon das beste aus diesem Buch, das andere hat mehr Liebhaberwert. Dennoch hier der Werbehinweis:
Und jetzt habe ich, wie angekündigt, noch was aus der Schublade: meine kleine Briefsammlung aus dem Wendejahr 1989. Die lag wirklich bestimmt schon zehn Jahre in meinem Krimskrams rum. Erst die Lektüre von Kempowskis Echolot (dessen Idee mich faszinierte, dessen Tendenz mich nervte und dessen Erfolg mich mit Neid erfüllte) bewog mich, nun auch mein kleines Echolötchen ans Tageslicht zu befördern. Das zu tun, geht zwar an die Grauzone des Legalen – denn alle Texte sind echt, und ich habe die Urheber nicht nach ihren Rechten gefragt. Größerenteils wüsste ich aber nach so langer Zeit auch gar nicht mehr, wie ich sie kontaktieren sollte. Und die eine, die ich fragte (damals meine Freundin), fand’s gut – ich hoffe, die anderen auch, sollten sie davon erfahren. Außerdem handelt es sich ja um Textausschnitte, keine ganzen Briefe, und wenn ich mich richtig erinnere, darf man das auch ohne Autor-Autorisation zitieren. Und Kempowskis Trick, den ich hier auch angewendet habe, finde ich einfach richtig gut: meine persönliche Sicht der Dinge sagen und dabei ganz objektiv tun, da ich ja alles aus den Worten der anderen montiere.
Ich habe allerdings außer meinem alle Namen geändert – Persönlichkeitsrechte möchte ich schon achten, sie sind allemal wichtiger als Urheberrechte.
Nun muss ich ein bisschen die Personen vorstellen, damit man sich einen Reim auf alles machen kann. Also, Andreas und Peter waren Westdeutsche, genauer gesagt, Bayern (wie ich sie kennengelernt habe – eine Anekdote für sich), mit denen ich befreundet war und die mit Briefen und Paketen an meinem Leben Anteil nahmen (nochmals danke). Dann kannte ich eine Reihe von Studenten (ich war ja auch selbst einer) – und wie man aus deren (und meinen) Äußerungen leicht sehen kann, hatte das Studentsein doch etwas Angepasstes (ist heute, glaub ich, auch wieder so). Studenten also: Dörte, Maria, Thomas und Jana. Dann die Unangepassteren, die irgendwas jobbten (Marc, Isabelle, Antje) und unter diesen besonders zu erwähnen meine Freundin, die einen Ausreiseantrag hatte und somit ein echter Außenseiter war (Monika). Was übrigens aus unserer Beziehung werden sollte, falls der Antrag genehmigt wird, das war unser liebstes Streit- und Weinthema, deshalb hier nichts Nähres darüber ... Endlich noch ein ganz echter Außenseiter, der Viehzüchter und Naturbursche Andi, den ich noch aus meiner Armeezeit kannte.
So weit, so gut: Viel Spaß beim Lesen!
Und jetzt habe ich, wie angekündigt, noch was aus der Schublade: meine kleine Briefsammlung aus dem Wendejahr 1989. Die lag wirklich bestimmt schon zehn Jahre in meinem Krimskrams rum. Erst die Lektüre von Kempowskis Echolot (dessen Idee mich faszinierte, dessen Tendenz mich nervte und dessen Erfolg mich mit Neid erfüllte) bewog mich, nun auch mein kleines Echolötchen ans Tageslicht zu befördern. Das zu tun, geht zwar an die Grauzone des Legalen – denn alle Texte sind echt, und ich habe die Urheber nicht nach ihren Rechten gefragt. Größerenteils wüsste ich aber nach so langer Zeit auch gar nicht mehr, wie ich sie kontaktieren sollte. Und die eine, die ich fragte (damals meine Freundin), fand’s gut – ich hoffe, die anderen auch, sollten sie davon erfahren. Außerdem handelt es sich ja um Textausschnitte, keine ganzen Briefe, und wenn ich mich richtig erinnere, darf man das auch ohne Autor-Autorisation zitieren. Und Kempowskis Trick, den ich hier auch angewendet habe, finde ich einfach richtig gut: meine persönliche Sicht der Dinge sagen und dabei ganz objektiv tun, da ich ja alles aus den Worten der anderen montiere.
Ich habe allerdings außer meinem alle Namen geändert – Persönlichkeitsrechte möchte ich schon achten, sie sind allemal wichtiger als Urheberrechte.
Nun muss ich ein bisschen die Personen vorstellen, damit man sich einen Reim auf alles machen kann. Also, Andreas und Peter waren Westdeutsche, genauer gesagt, Bayern (wie ich sie kennengelernt habe – eine Anekdote für sich), mit denen ich befreundet war und die mit Briefen und Paketen an meinem Leben Anteil nahmen (nochmals danke). Dann kannte ich eine Reihe von Studenten (ich war ja auch selbst einer) – und wie man aus deren (und meinen) Äußerungen leicht sehen kann, hatte das Studentsein doch etwas Angepasstes (ist heute, glaub ich, auch wieder so). Studenten also: Dörte, Maria, Thomas und Jana. Dann die Unangepassteren, die irgendwas jobbten (Marc, Isabelle, Antje) und unter diesen besonders zu erwähnen meine Freundin, die einen Ausreiseantrag hatte und somit ein echter Außenseiter war (Monika). Was übrigens aus unserer Beziehung werden sollte, falls der Antrag genehmigt wird, das war unser liebstes Streit- und Weinthema, deshalb hier nichts Nähres darüber ... Endlich noch ein ganz echter Außenseiter, der Viehzüchter und Naturbursche Andi, den ich noch aus meiner Armeezeit kannte.
So weit, so gut: Viel Spaß beim Lesen!
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Sonntag, 24. Juni 2007
... auch, und übrigens ...
damals, 03:45h
... muss ich noch erwähnen, dass ich (der doch durch einen Nachbarn auf die Bloggerei gekommen bin) nun meinerseits einen angesteckt habe: Ein Bekannter, den ich bisher und seit Jahren eigentlich nur als Wissenschafltler kenne (ein gemeinsamer Bekannter meinte mal: "Wenn du historisch aus dem Anfang des [20.] Jahrhunderts irgendeine Sache nicht weißt, mach dir nicht den Stress, lange Lexika zu wühlen -frag ...") - der fängt jetzt plötzlich an, aus seinem Privatleben zu erzählen, aus der nordeutschen Provinz, um nicht zu sagen, dem Dorfleben - verspricht interessant zu werden! Also gucken Sie nach:
http://haruwa.blogger.de/
http://haruwa.blogger.de/
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Wie soll es denn nun weiter gehen?
damals, 03:33h
... tja, ich habe lange nicht geschrieben, und dem, der bisher mitgelesen hat, ist sicher auch klar, warum: den Bericht über die NVA-Zeit hatte ich schon fertig auf dem Computer (ein gutes Jahr hat es gedauert ihn zu schreiben). Jetzt komm ich nicht weiter, weil ich keine Zeit hab. Wirklich nicht! Wahrscheinlich muss ich dazu sagen, dass ich mich in beruflich „prekärer“ (wie die Medien so schön sagen) Situation befinde, d.h. dass meine Arbeit macht wohl Spaß macht, aber ich muss zwei (inhaltlich schöne) Jobs kombinieren, um finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen – Arbeitszeit täglich ca. 8,5 Stunden (die Anreise nicht gerechnet), Freizeitausbeute pro Tag ca. 1 Stunde (die natürlich meiner Frau und meinem Sohn zugute kommen) ... heute Nacht ist sie zur Party in Berlin, und er – nachdem er wach wurde, als ich mir ein neues Bier holte in der Küche - schläft mittlerweile stolz auf Mamas Kissen ...
Mein Ursprungsplan war folgender: als Nr. 2 der damals-Reihe das Jahr 1989 in Briefen darzustellen und danach über den Studien- und Berufsalltag im Westen zu berichten. D.h. es geht darum, sich sehr vorsichtig an die Misere meiner derzeitigen Gegenwart heranzutasten. Aber soll ich das wirklich tun?
Wenn ich die bisherigen Reaktionen auf mein Schreiben (und das ist ja, wofür man’s tut) betrachte, so seid Ihr vor allem an spritzigen Anekdoten interessiert. Bestes Beispiel „derherold“, mit dem ich mich zugegebenermaßen auch gekabbelt hatte und der dann kritisierte, dass meine Geschichte keinen Knalleffekt-Schluss hatte à la „doch braver Unteroffizier geworden“ oder „vorzeigbare Oppositionskarriere“. Aber so ist eben das Leben. Oder aber „gk“, der auf meine Andeutung mit den besetzten Wohnungen einging – die doch nur gemeint war als kleiner Hinweis, dass das Leben (auch in Diktaturen) eben doch komplizierter ist, als man normalerweise denkt.
Jetzt hab ich drei Möglichkeiten:
1.) noch ein bisschen fett „damals“: Ich habe grade ein paar Seiten aus meiner Stasi-Akte gescannt und digitalisiert (und bisher nur 4teachers.de als Unterrichtsmaterial angeboten) – das könnte ich schön ins Netz stellen und ein bisschen dazu erzählen (damit auch ein paar aktuelle Texte mit dabei sind)
2.) näher an das, was mein Leben ist und schmerzt: Berichte über Lehrer- und Wissenschaftler-Kollegen, das spielt natürlich alles in den neunziger Jahren, hat aber sehr wohl mit jetzt zu tun. Vor allem müsste ich diese Texte aktuell schreiben, ich weiß sehr wohl, was ich schreiben will, aber die Texte gibt es eben noch nicht.
3.) oder ganz so, wie ich es geplant habe: Informationen über 1989. Die Grundlage wären Briefe an mich, auch einige Tagebuch-Texte aus dem Jahr 1989. Ich hab damals in meinem Tagebuch fast nichts über Politik geschrieben und mich hinterher darüber geärgert. Aber eigentlich war es klar: Die Politik hat in diesem Jahr so stark mein Leben bestimmt und über es bestimmt, dass es eben nicht möglich war, locker, frei, emotional darüber zu berichten. Deshalb hab ich später, in den Neunzigern, noch in Vor-Computer-Zeiten, ein Potpourri über 1989 aus Briefen an mich zusammengestellt, das – wie ich finde – ein interessantes Bild der Vorgänge gibt.
Natürlich ist dieser Text ein „fishing-for-compliments“, und ich wünsche mir, dass der eine oder andere von Euch /Ihnen mir sagt, was er hören möchte. Ansonsten plappere ich einfach weiter, wie ich denke ... wird schon klappen, irgendwie.
Mein Ursprungsplan war folgender: als Nr. 2 der damals-Reihe das Jahr 1989 in Briefen darzustellen und danach über den Studien- und Berufsalltag im Westen zu berichten. D.h. es geht darum, sich sehr vorsichtig an die Misere meiner derzeitigen Gegenwart heranzutasten. Aber soll ich das wirklich tun?
Wenn ich die bisherigen Reaktionen auf mein Schreiben (und das ist ja, wofür man’s tut) betrachte, so seid Ihr vor allem an spritzigen Anekdoten interessiert. Bestes Beispiel „derherold“, mit dem ich mich zugegebenermaßen auch gekabbelt hatte und der dann kritisierte, dass meine Geschichte keinen Knalleffekt-Schluss hatte à la „doch braver Unteroffizier geworden“ oder „vorzeigbare Oppositionskarriere“. Aber so ist eben das Leben. Oder aber „gk“, der auf meine Andeutung mit den besetzten Wohnungen einging – die doch nur gemeint war als kleiner Hinweis, dass das Leben (auch in Diktaturen) eben doch komplizierter ist, als man normalerweise denkt.
Jetzt hab ich drei Möglichkeiten:
1.) noch ein bisschen fett „damals“: Ich habe grade ein paar Seiten aus meiner Stasi-Akte gescannt und digitalisiert (und bisher nur 4teachers.de als Unterrichtsmaterial angeboten) – das könnte ich schön ins Netz stellen und ein bisschen dazu erzählen (damit auch ein paar aktuelle Texte mit dabei sind)
2.) näher an das, was mein Leben ist und schmerzt: Berichte über Lehrer- und Wissenschaftler-Kollegen, das spielt natürlich alles in den neunziger Jahren, hat aber sehr wohl mit jetzt zu tun. Vor allem müsste ich diese Texte aktuell schreiben, ich weiß sehr wohl, was ich schreiben will, aber die Texte gibt es eben noch nicht.
3.) oder ganz so, wie ich es geplant habe: Informationen über 1989. Die Grundlage wären Briefe an mich, auch einige Tagebuch-Texte aus dem Jahr 1989. Ich hab damals in meinem Tagebuch fast nichts über Politik geschrieben und mich hinterher darüber geärgert. Aber eigentlich war es klar: Die Politik hat in diesem Jahr so stark mein Leben bestimmt und über es bestimmt, dass es eben nicht möglich war, locker, frei, emotional darüber zu berichten. Deshalb hab ich später, in den Neunzigern, noch in Vor-Computer-Zeiten, ein Potpourri über 1989 aus Briefen an mich zusammengestellt, das – wie ich finde – ein interessantes Bild der Vorgänge gibt.
Natürlich ist dieser Text ein „fishing-for-compliments“, und ich wünsche mir, dass der eine oder andere von Euch /Ihnen mir sagt, was er hören möchte. Ansonsten plappere ich einfach weiter, wie ich denke ... wird schon klappen, irgendwie.
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