Dienstag, 26. November 2019
Alltagsnotiz: Katzenkämm-Tag
"Ich hab da noch verschiedene Katzen zu kämmen." pflegt meine Schwester zu sagen, wenn sie noch Dinge vorhat, die ihr unangenehm sind oder über die sie nicht sprechen will. Bei mir heute Ersteres.

Als ich beschloss, Lehrer zu werden, dachte ich, ich werde morgens in die Schule gehen und unterrichten, nachmittags ein paar Klausuren korrigieren, und das wars. Mitnichten. Heute muss ich gar nicht in die Schule. Ich bin morgens aufgestanden, obwohl übermüdet vom gestrigen (Morgen- und) Abendunterricht. Dienst nach Vorschrift fällt mir leicht und mach ich gerne, im Gegensatz zu Frau und Sohn, die ich mühsam aus den Betten holte und denen ich auch was zu frühstücken hinstellte. Danach wollte ich eigentlich wieder ins Bett, konnte aber nicht schlafen - es rumorte im Kopf.

Denn es sind verschiedene Katzen zu kämmen: zunächst mal die eigene, die seit gestern früh nicht mehr aufgetaucht ist (man muss das ein bisschen im Blick haben, da wir mit Mietwohnung im ersten Stock natürlich keine Katzenklappe haben und sie einfach reinlassen müssen). Dann die Nachbarskatze, die zu sitten ist und die jetzt eingeschlossen in der Wohnung auf mich wartet.

Na, und dann die Schüler, die ich im Praktikum besuchen muss zwecks Abschlussgespräch. Nr.1 ist perfekt: Er hat selbstständig mit mir und der Chefin einen Termin vereinbart, den ich nur einhalten muss.

Nr. 2 mailt mir gestern spät abends, dass der Anleiter heute nicht da ist und ob ich ihn wirklich besuchen will und ob er wirklich sein Berichtsheft mitnehmen soll, da kein Gespräch stattfinden kann. Ja, was denn sonst?! So kommt mir der Schluri nicht davon! Ich könnte jetzt ablästern über die unzuverlässigen Ausländerparallelgesellschaften, über die er seinen Praktikumsplatz gekriegt hat und wo nie ein Anleiter oder Chef zu sprechen ist und guckt man einmal weg, hat mein Schüler schon wieder frei gekriegt und muss nicht arbeiten. Andererseits: Es sind genau diese Leute, die in der Hamburger Innenstadt die schicken neuen Passagen errichten.

Nr. 3, einst ein eifriger Schüler, ist nach dem Asylablehnungsbescheid in die Depression gerutscht und entzieht sich, ich weiß nicht, wohin. Vor einer Woche war er das letzte Mal in der Schule, letzten Mittwoch ist er das letzte Mal ans Handy gegangen und hat mir mit leiser Stimme eine vage Ausrede genannt. Und ich erreiche weder seinen neuen Betreuer (der hat schon wieder gewechselt und ich hab seine Nummer noch gar nicht) noch seine WG noch die Geschäftstelle seines Betreuers! (... jetzt kann ich nur hoffen, dass er weder untergetaucht ist noch sich umgebracht hat, sondern nur depressiv in seinem Bett liegt ...)

Und dann noch Mails im Postkasten wegen der Schulmöbel! Ich soll die Bestellung fertigstellen, nachdem die Chefin erkrankt ist. Aber ich steig nicht durch durch die bürokratischen Angebotslisten. Jetzt muss ich wohl doch den Vertreter anrufen. Aber ich hasse es, wildfremde Leute anzurufen.

Also werd ich erstmal die eingeschlossene Katze besuchen und dann den Vertreter anrufen und dann nochmal die Geschäftstelle und dann ...

Ich hasse diese "freien" Tage. Gott sei Dank ist morgen wieder ganz normal Schule.

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