Mittwoch, 6. November 2019
Meine merkwürdigen Sozialkontakte, Teil 2
Bei meinen männlichen Freunden siehts etwas desaströser aus, und das ist (weil ja Nörgeln und Dampfablassen in meinem Blog die eigentliche Schreibmotivation ist), mein eigentliches Thema.

Mein Freund T., ich hab ihn hier öfter erwähnt, er war mein bester Freund, seit Ende der 90er Jahre, und seit ich ihn kenne (schon seit 1990), war er biografisch auf Schlingerkurs: Er hatte die riskante Karriere eines Punk-Gitarristen angesteuert und – als nur halbwegs erfolgreich – abrupt abgebrochen. Und in der sich anbahnenden zweiten Laufbahn als Filmvorführer, da wurde er nicht so recht sesshaft. Ich erinnere mich sogar an den Punkt, an dem er karrieremäßig den falschen Abzweig nahm: Nach Jahren als Vorführer in großstädtischen Multiplex-Kinos (da war das Arbeitsklima natürlich ätzend – ich erinnere mich an den Konflikt zwischen einem Kollegen, einem saufenden Ossi mit DDR-Knast-Erfahrung, und seinem Chef, einem stasibelasteten Typen aus der DDR-Kinowelt, der nun Geschäftsführer hier im Westen war), da erhielt er ein Angebot, in der Provinz ein Programmkino zu übernehmen, als Verantwortlicher für alles Technische und mit nur einem Kollegen für das Organisatorische. Er wagte es nicht, wegzugehen, obwohl ihn damals schon der Großstadtverkehr gehörig stresste.

Nun stört sowas ja eine Freundschaft nicht, wenn jemand beruflich schlingert – ich bewegte mich selbst grad nicht in den solidesten beruflichen Bahnen damals. Aber irgendwie wurde alles immer schlimmer. Die Sonnenbrille und die Ohrenstöpsel wurden seine immerwährenden Begleiter, am Ende auch in der kalten Jahreszeit, auch in der Wohnung, weil ihm die Reize der wirklichen Welt immer stärker auf die Nerven gingen. Manchmal fand ich das ja sogar noch lustig, z. B. wenn er – der immer getreulich die besten Filme der Woche aufnahm und zu mir zum Gucken mitbrachte, wenn er dann sagte: „Dein Beamer ist herrlich: so lichtschwach.“ Das entsprach ja auch meiner minimalistischen Anschauung.

Aber irgendwann wurde es verrückt, gab es einen fließenden Übergang ins Psychotische: Er hatte eine Verletzung am Daumen, die nicht verheilen wollte, weil er sie mit Besessenheit von morgens bis abends beobachtete. Einmal entfuhr mir ein Satz (T. hatte Angst, unsere Katze könnte ihn kratzen) „Jetzt müsste sie mal zuschlagen, da hätten wir eine Vergleichsverletzung.“, da war er tagelang beleidigt.

Den wirklichen Bruch, innerlich, brachte aber etwas Geistiges. T. war ein Fan von Sebastian Schipper, „Absolute Giganten“ war einer seiner Lieblingsfilme. Und dann kam „Victoria“ in die Kinos und ich fragte ihn, ob er nicht mitkommen wolle. „Nein“, meinte er, „ ins Kino, so zwischen den vielen Leuten, und dann auch noch ein Film mit Handkamera - nein, das ist mir zu anstrengend.“

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