Mittwoch, 16. Mai 2007
Armeezeit, Teil 18
Nach einem dieser Wachdienste kehrte ich in die Einheit zurück und fand meine Kameraden in großer Aufgeregtheit vor. Es hatte in der vergangenen Nacht ein so genanntes "Vorkommnis" gegeben. Genaugenommen eigentlich gar kein Vorkommnis, sondern nur mal wieder eine aufgebauschte Phantasie übereifriger Vorgesetzter, dokumentiert in pflichtschuldigst übertriebenen Berichten. In Wirklichkeit war nichts anderes passiert, als was immer passiert: Man hatte sich betrunken. Dummerweise aber hatte an diesem Abend ein einfacher Soldat namens Nover den Posten des UvD innegehabt. Nover war mit uns zusammen eingezogen worden, jetzt sah er seine Chance, von einem vertretungsweisen zu einem richtigen Unteroffizier zu werden in den Augen der Vorgesetzten. So wurden aus den übermütigen und besoffenen Worten der Soldaten staatsfeindliche Äußerungen, und Unteroffizier Fisch, der ich weiß nicht welche Dienstfunktion gerade innehatte, Fisch, der fiese, schleimige Unteroffizier bestätigte Novers Berichte und damit hatten wir den Skandal. Ich sah mich berufen, diese Witzfiguren der Lächerlichkeit preisgegeben, die sie verdient hatten. Ich ging zu Knaf und sagte die Wahrheit. Der hörte zu und schwieg. Ob er mir Glauben schenkte, war nicht zu erkennen.
Die Bestrafung der Angeklagten jedenfalls ließ auf sich warten, offenbar musste man erst mal überlegen „dort oben“. Erst später, sehr viel später, als Gras über die Sache gewachsen war, bekam jeder der Delinquenten unschöne, aber angemessene drei Tage Arrest. Ich fühlte mich in meiner Wichtigkeit bestätigt. Ich war nicht mehr bei Nover, Rolf-Hans Müller und den anderen Abiturienten, ich stand endlich auf der richtigen Seite, und ich glaubte erfolgreich zu sein.

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