Donnerstag, 19. April 2007
Armeezeit, Teil 3
Dass es Geschrei und Gebrüll gab in den nächsten Tagen, versteht sich von selbst. Jeder von uns hatte schon Schauermärchen über die „Grundausbildung" gehört und war bemüht, sie glimpflich zu überstehen. Nachher sollte es ja besser werden. Auch ich verschloss mich, so gut es ging. Ich schwieg, wo möglich, schlief zur vorgeschriebenen Stunde sofort ein und kam allen Anweisungen mechanisch nach. In den Wartezeiten, die einen großen Teil des Tages einnahmen, träumte ich mich davon, über den Zaun, in den Himmel, bis zu den Spitzen der Kiefern, die überall herumstanden. Es gab Leute - meist Männer, die ein paar Jahre älter waren als ich - die über das Essen schimpften oder von zu Hause erzählten. Mir ging es wie Michael, der am ersten Sonntag, dem ersten Tag mit einigen Stunden offiziell zugeteilter Freizeit, ewig am Fenster stand und mit dummem, unbewegtem Gesicht ins Freie starrte, während die anderen an den Tischen saßen und Briefe schrieben. Zwei Tage später, am achten Tag meines Hierseins, durfte ich mich wegen Verstopfung ärztlich untersuchen lassen. Das war keine große Sache, das verabreichte Abführmittel tat sehr bald seine Wirkung und weitere Probleme blieben aus - aber es war mein erste Entfernung von der Truppe, nur eine Stunde, nur einmal über den Hof bis zum Arzt und auch mit dienstlicher Erlaubnis - und doch ein unbestreitbar individueller Gang.

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