Dienstag, 15. September 2009
Dessert, Dissertation - oder doch lieber Flucht?

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Probanden gesucht!
Hier ist mein Beitrag zur aktuellen Debatte über den Wahlkampf: Ich habe einfach das Titelbild der dieswöchigen kostenlosen Werbezeitung mit Fernsehprogramm "Einkauf aktuell" kopiert:


Noch Fragen?

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Brandenburgische Häuser: Skaby
Jetzt bleibt nur noch von einem Haus zu berichten, und das liegt weit in der Vergangenheit: in Skaby. In Skaby waren wir manchmal als Kinder. Mein Vater musste fernab jeder Abfahrt die Autobahn verlassen und auf einen mit Betonplatten befestigten Waldweg einbiegen – das übliche Erkennungszeichen für die militärische Nutzung des Wäldchens – oder doch in der Nähe befindlicher Objekte von bewaffneten Organen. Tatsächlich residierte im Gutshaus von Skaby die Armee. Das war ummauert und umzäunt, da sah man nichts von. An den Längsseiten zwei leer stehende Stallgebäude, durch die wir Kinder gerne stromerten. Gegenüber dem Gutshaus das Verwalterhaus. Hier wohnte Robert, ein riesiger stämmiger Mann mit schwarzem Vollbart und einem Hinkebein. Und mit ihm wohnten Hunde, Katzen und allerlei Getier. Im Garten hinterm Haus, dessen Form noch an einen normalen Garten hinterm Haus erinnerte, wucherte das Gras und standen unförmige weiße Gebilde aus Gips, die von den Erwachsenen begutachtet wurden. Robert war Bildhauer. Für uns Kinder war der Kamin interessanter, die unerklärliche Freundschaft von Hund und Katze, die verrosteten landwirtschaftlichen Maschinen mit den riesigen Hebeln und Stahlsitzen. Skaby war das Paradies.
Als ich meine Eltern neulich darauf ansprach, stieg in meiner Mutter das schlechte Gewissen auf. Ja, sie wisse, wie gern wir auf Roberts Angebot eingegangen wären, dort ein paar Tage Urlaub zu verleben. Aber sie hätte es doch nicht erlauben dürfen, Inge habe sie gewarnt: dass Robert säuft und sich mitunter auch tagelang nicht um seine Tiere kümmert. Ich dagegen erinnerte gar nicht, dass das Angebot ernst gemeint war. Ein Aufenthalt außerhalb der Familie, und gar noch in einer solchen Wunderwelt, bei einem solchen lieben Wunderriesen – dass das nicht möglich ist, das war mir schon als kleinem Kind klar.
Und so habe ich Robert nicht wieder gesehen. Ich erfuhr später, dass sich sein Hinkefuß einem Verkehrsunfall mit Russen verdankte und dass dieser Verkehrsunfall ihm eine satte Rente und damit das Aussteigerleben in Skaby ermöglicht hatte. Und noch später erfuhr ich, dass gar nicht die Armee, sondern die Stasi im Herrenhaus residiert hatte.
Freiheit in Brandenburg, das gibt es wohl nicht. Und auch Skaby, das Idyll, war ein Idyll von Gnaden der Stasi und der Russen und Roberts Existenz eine Nischenexistenz im Windschatten der Mächtigen. Mit bürgerlichem Namen hieß er übrigens Robert Riehl. Seine Plastiken, regional durchaus noch geschätzt, finde ich aus heutiger Sicht, ehrlich gesagt, überwiegend gar nicht so gut. Mit einer Ausnahme: Er hat traumhaft schöne Kinderportraits gemacht.

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Donnerstag, 3. September 2009
Brandenburgische Häuser: Günstig gekauft
Nun könnte man meinen, dass in unserer schnelllebigen Zeit halt Flexibilität gefragt ist: Leb mit den Realitäten und du wirst von ihnen profitieren. Aber auch das stimmt nicht.
Mein Schulfreund Y., auch ihn hab ich diesen Sommer besucht, hat das nämlich so gemacht. Als die Wende kam, war er Assistent an einer universitätsnahen Einrichtung in Berlin, und es war klar: Alle Berliner Unis mussten abspecken, besonders die östliche. Er nahm die Kündigung fraglos hin, heiratete seine damals noch recht frische Freundin und gründete mit ihr zusammen eine kleine Firma in der brandenburgischen Provinz, um der Berliner Konkurrenz auszuweichen. Die beiden ackerten wie blöd. Sie wohnten in den ersten Jahren in zwei Zimmerchen hinter den Firmenräumen, obwohl schon ein Kind da war. Als sich der wirtschaftliche Erfolg einstellte, bauten sie ein Haus für die Firma – und ein winziges Reihenhäuschen für sich selbst. Als das zweite Kind kam und sie noch mehr Geld hatten, erwarben sie aus der Konkursmasse eines westlichen Jungunternehmers, der sich im Goldgräberland Brandenburg völlig verkalkuliert hatte, für einen Spottpreis eine ebenso riesige wie hässliche Neubau-Villa. Dann hatten sie es erreicht und sahen sich an und bemerkten endlich, dass sie die innere Kündigung längst eingereicht hatten. Jedenfalls in ihrer Ehe. Nun wohnt sie in einer Mietwohnung (denn das Reihenhäuschen ist inzwischen dauerhaft vermietet) und er mutterseelenallein in diesem riesigen Haus. Die Kinder – auch schon nicht mehr ganz klein – wechseln hin und her – und ebenso Anwaltsbriefe. Geld macht eben nicht glücklich. Und wenn sie erstmal ihre Firma auseinanderdividiert haben, wird vermutlich auch das nicht mehr da sein.

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Donnerstag, 27. August 2009
Brandenburgische Häuser: Omas Häuschen
Ja, die Häuschen. Mein Schulfreund X. – auch ihn habe ich in diesem Urlaub besucht - hat eins davon: frisch verputzt, davor die Terrasse und im aufgeräumten Wohnzimmer überall die Hand der treusorgenden Hausfrau spürbar. Es sieht so langweilig aus, dass man glauben könnte, er wäre Gymnasiallehrer und seine Frau stundenweise im örtlichen Heimatmuseum oder bei der Regionalzeitung beschäftigt. Hinter der Fassade sieht natürlich alles anders aus: Beide Ehepartner arbeiten in Vollzeit, sonst würde das Geld gar nicht reichen. (Und auch das Haus hätten sie sich natürlich nicht leisten können, wäre es nicht von der Oma ererbt.) Das heißt, die treu sorgende Hausfrau wirbelt nach Feierabend, und X. hat seit Jahren in Eigenarbeit und mit Hilfe des arbeitslosen Maurers von nebenan gerackert und geschuftet, um das Häuschen der Oma auf den bundesrepublikanischen Standard zu bringen.
Und wofür die ganze Schufterei? Die halbwüchsigen Töchter werden bald ihrer Wege gehen. Die Frau verliert ihre Arbeit bei der Deutschen Bank und hat die Wahl zwischen Arbeitslosigkeit oder Weiterbeschäftigung in einer ausgelagerten GmbH für Rechenknechte irgendwo im Westen. X. selber hat seine Arbeit schon verloren und eine neue in Leipzig gefunden, wo er sich in seinem Wochenendpendlerzimmerchen ganz wohl fühlt, weil er abends wenigstens seinen Hobbys nachgehen kann und auch nicht aufräumen muss. Und das Haus, traumhaft gelegen am Havelstrand nahe Werder, man hat den Eindruck, keinem nutzt es. Bei unserem Besuch fuhren etliche Yachten draußen vorbei und Paddler und Schlauchboootjugend die Menge. Aber wenn ich nicht mit meinem Sohn und dem mitgebrachten Schlauchboot eine Runde gedreht hätte ... für die Familie scheint die Havel vor ihrer Terrasse nur als schöner Blickfang zu dienen.

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Dienstag, 25. August 2009
Brandenburgische Häuser: Die Villa
Ein paar Kilometer weiter haben meine Großeltern und meine Tante viele Jahre gelebt. Meine Tante hatte dort die Villa eines einstigen UFA-Regisseurs gemietet und darin ihre kunsthandwerkliche Werkstatt eingerichtet, anfangs noch mit mehreren Angestellten, dann allein. Später starben meine Großeltern und in den neunziger Jahren ist sie selbst auch ausgezogen, aus Altersgründen, da sie das riesige Haus allein nicht halten konnte. Seitdem steht es leer. Und jetzt habe ich es wiedergesehen.
In meiner Kindheit war das das schönste und märchenhafteste Haus, das ich kannte: der damals schon leere und zugewucherte Swimming Pool, die Holzveranda im Obergeschoss, die großen, vornehmen Räume und der Alkoven, in dem mein Opa schlief. Ich bin jetzt nach sicher zwanzig Jahren das erste Mal wieder da gewesen, habe auch prompt den Einschlupf gefunden, den die Jugendlichen des Ortes sich aufgerissen haben (ein Kellerfenster) und mir nochmal alles angesehen und Abschied genommen.

Ich versteh nicht, warum es keinen Berliner Millionär gibt, der da wohnt. Ja, ich weiß: die ungeklärten Besitzverhältnisse. Aber es ist nicht richtig, dass so ein Traumhaus leer steht. Und ein (Besitz-)Recht, das das Bewohnen eines solchen Hauses verbietet, kann nicht Recht sein.
Neben dem riesigen Grundstück reihen sich die Einfamilienhäuschen den Berg hinauf, geschäftiges Kleinbürgerglück im Grünen. Das sieht hübsch aus und man kann auch nicht sagen, dass es dem Osten rings um Berlin direkt schlecht geht. Prosperität gibt es – Großzügigkeit nicht: die Häuschen entstehen, die Villen verfallen. Jedenfalls in Brandenburg.

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Sonntag, 23. August 2009
Brandenburgische Häuser: Die Fleischerei
Urlaub in der Heimat, in der südbrandenburgischen Provinz. Aufenthalt in verschiedenen Häusern, die da in der Landschaft herumstehen. Das ist das Thema meiner Nach-Urlaubs-Gedanken. Denn was die Landschaft selber betrifft, da gibt es ja wohl keine Frage. Für mich gibt es nichts Schöneres als die kargen Baumgruppen und verunkrauteten Feldraine, die kleinen Landstraßen und stillen Ufer rings um Berlin (nicht mal im geschichtsträchtigeren, märchenhafteren Sachsen meiner Vorfahren). Und nichts Paradiesischeres als das Schwimmen im farb- und wellenlosen Wasser der Seen. „Leuchtender und wärmer, als Hirn und Herz es vermögen, bewahren Landschaften und Gegenstände die Erinnerung an Erlebnisse und Eindrücke, die wir einstmals durch sie beglückt erfuhren oder klagend durchlitten.“ (Ehm Welk, Autor meiner diesjährigen Urlaubslektüre)

Natürlich verfliegt der Eindruck des Paradiesischen, wenn man sich die Gegend genauer und vollständiger betrachtet: mit den Menschen darin. Oder zumindest mit ihren Häusern. Davon soll hier die Rede sein.
Die meiste Zeit lebten wir in einem Ackerbürgerstädtchen südlich von Berlin, direkt am Markt, in einem kleinen Gründerzeit-Mietshaus, das sich dreistöckig aus der Reihe der umliegenden zweistöckigen Ackerbürgerhäuser des 18./19.Jahrhunderts erhebt und sich stolz mit industriell vorgefertigten Stuckelementen (sogar zwei Karyatiden) schmückt, auch der Name des Erbauers am Giebel fehlt nicht.
Dieser Erbauer war Fleischer und betrieb eine kleine Gaststätte, für die er 1891 das Haus umbauen und aufstocken ließ. Auch Fontane hat in der neu eingerichteten Gaststätte gespeist – wie ja nichts in Brandenburg sich historisch nennen darf, wenn es nicht in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ erwähnt ist – aber es soll ihm nicht geschmeckt haben. Heute ist von der Gaststätte kaum noch etwas zu erahnen, die Hinweise auf die Schlachterei aber spürt man deutlich. Es gibt ein riesiges Tor zur Einfahrt der Wagen und mehrere Keller mit Gewölben und großen Waschbecken; von den dunkelrot backsteinernen Nebengebäuden auf dem gepflasterten Hof fällt eins durch die Vielzahl kleiner Kammern und enger, überwölbter Türen auf. Hier wurde das Fleisch verarbeitet, und hier schlief das Personal. Das andere Nebengebäude ist die Scheune – denn wie auch in den Nachbarhäusern betrieb man neben dem städtischen Gewerbe auch Landwirtschaft, wofür es ein handtuchartiges Stück Land direkt hinter dem Hof gibt: so breit wie das Haus, aber unendlich lang.

Die Tochter des Fleischers und Erbin des Hauses heiratete einen Kunden: einen Pfarrerssohn und Lehrer, national gesinnt. Seinen Namen auf der Familiengrabstätte zieren in kerniger Frakturschrift die Zusätze „Hauptmann d. R.“ und „Lehrer“. Schon er hatte eigentlich keine Verwendung für das große Anwesen. Sein erster Sohn fiel gleich zu Kriegsbeginn 1940 als „Leutnant“ im Osten, wie das Familiengrab vermerkt. Den zweiten Sohn rettete die Mutter, die Fleischerstochter. Sie engagierte sich, wie sich das für eine Reservehauptmannsfrau gehört, für das DRK, und es gelang ihr, den Zweitgeborenen als lungenkrank in die Etappe zu bugsieren. So überlebte er den Krieg, wurde „Neulehrer“, wie man sie in der SBZ ja dringend suchte, heiratete eine Kollegin und übernahm das Haus. Die überflüssige Wohnfläche wurde vermietet, der Garten war als Lieferant von Obst und Gemüse willkommen – wenn auch zu groß für das eine Ehepaar. Die Nebengebäude standen leer und füllten sich über die Jahrzehnte der DDR-Zeit mit Möbeln, Hausrat, Gartengeräten, Holzvorräten usw., da man ja immer glaubte, die Dinge noch einmal zu brauchen. Der einstige Neulehrer richtete sich eine kleine Werkstatt ein, in der sämtliche verfügbaren Schrauben nach Art und Gewindegröße geordnet in sorgfältig beschrifteten Gläschen verwahrt wurden, daneben die Feilen wie die Orgelpfeifen an der Wand hingen und ein kleines Hängeschränkchen mit einer Flasche Korn und zwei Gläschen.

Vor ein paar Jahren ist er seiner Frau nachgestorben, und die Erben verwendeten in den Neunzigern ihr Vermögen dazu, die riesigen Dachflächen zu sanieren. Sogar die Wohnungen haben sie vermietet gekriegt. Nur selber von Berlin aufs Land zurückzuziehen, bringen sie nicht übers Herz. Lieber jedes Wochenende rausfahren und sich im Garten um den Verstand ackern.
Die Nachbarhäuser zu beiden Seiten stehen übrigens leer, wie so viele in der Stadt. Gähnende Leere auch am früher viel frequentierten Badesee: Das auffälligste Geschäft am Markt verkauft „Schwimmbadtechnik“. Und tatsächlich hat jeder, der wirklich noch hier wohnt, einen riesigen Pool in seinem zu großen Garten. Meist auch ein riesiges Auto und einen zu großen Hund. Eine Ansichtskarte vom Ort zu erstehen, ist mir dagegen nicht gelungen: „Nur auf Bestellung“, „Fragen Sie doch mal bei ..“ usw. hieß es. Und so machten wir Urlaub in einer herrlichen Gegend, die offenbar nichts mit sich anzufangen weiß und einfach nur so da herumsteht und nicht weiß, wie schön sie ist.

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Erziehungsratgeber
Heute Morgen fiel mir ein Buch in die Hände: „Ängste machen Kinder stark“. Meine Frau meinte, ich soll ruhig mal reingucken und dann sagen, ob das weg kann. Natürlich kann das weg!
Und ich überlegte beim Durchblättern, warum diese ganzen Erziehungsratgeber so blöd sind. Denn im Grunde waren die Tipps, die da gegeben wurden, nicht schlecht. Man braucht sie nur nicht. Diese simplen Verhaltensregeln im Alltag: Entweder man kommt von selber drauf oder es hilft einem auch kein solches Buch.
Der Autor arbeitet als Familienberater, und als individuelle Beratung haben solche praktischen Regeln ja auch ihren Sinn: Eltern kommen nicht klar und suchen einen Berater auf, der ihnen die in ihrem Fall sinnvollen Tipps gibt, sie aus der Panik (oder Achtlosigkeit) wieder in die Selbstverständlichkeit normalen Handelns zurück führt. Aber als Buch aufgeschrieben ist das Ganze so banal und dumm wie das ganze Wenn-dann-Zeugs von Watzlawik bis zur Super-Nanny. Denn ein Erziehungsratgeber ist ein Beziehungsratgeber. Und wie soll man Beziehungen begreifen, ohne in Beziehung zu gehen.

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Donnerstag, 23. Juli 2009
"Alle anderen"
Das ist schon gemein: Nachdem alle anderen den Film gesehen, rezensiert und diskutiert haben und selbst die taz ihm eine Seite gewidmet (in der allerdings nicht viel drin stand), bin ich nun auch ins Kino getrottelt und musste (wie tausende vor mir) feststellen, dass das „mein Film“ ist.
Was Wunder! Vor zwei Jahren hatte mir mein Freund Tomas, der trotz behauptetem Desinteresse immer noch den besten Kino-Durchblick hat, den „Wald vor lauter Bäumen“, Maren Ades Debutfilm, empfohlen, ich sah ihn im Fernsehen – und fand mich das erste Mal seit „Winterschläfer“ wieder von einem deutschen Film im Herzen berührt.
Und jetzt gefällt mir „Alle anderen“ noch besser! Auch wenn das Thema – Übergang von der Liebesbeziehung zur Lebenspartnerschaft, aus der Studenten-, Projekt- und Praktikumszeit ins alltägliche Berufsleben – in meinem Leben schon vor fünf-sechs Jahren abgehandelt wurde. Am Beginn des Films trainieren die beiden Protagonisten (gar nicht mal schlecht) mit Kindern aus der Verwandtschaft Familie sein, am Ende hassen sie sich und schlafen doch ohne Kondom miteinander. Und dazwischen versuchen beide vergeblich, so wie alle anderen zu sein. Denn natürlich – wir inzwischen erwachsen Gewordenen wissen es – wird es einem nie gelingen, in die Konventionalität des beruflichen und privaten Erfolgs einzutreten, einfach indem man die Ratschläge von Eltern oder väterlichen Freunden blind befolgt. Dann wird man nur ein lächerlicher (und also erfolgloser) Spießer. Man muss schon – und das gilt für Männer wie für Frauen – die Absurdität des eigenen Ichs ganz annehmen, um irgendwie normal konventionell werden zu können.
Wie hässlich und uncool die beiden Hauptdarsteller waren! Wie daneben sie, wie lächerlich er! Und wie sehr sie sich liebten! Es war zum Heulen schön ... und auch lebenswahr: Jedenfalls bin ich damals genau so mit meiner Frau zusammen gekommen.
Guckt euch diesen Film an! Und keine Angst, dass das nun ein ätzend komplizierter Beziehungskistenfilm ist – das ist er nur auch. Er ist auch witzig (noch nie hab ich z. B. die Peinlichkeit des Grönemeyerschen Liedguts so herrlich Bild werden sehen), die “Welt“ hielt den Film sogar für eine flirrende Sommerkomödie (während ich Melancholiker da nichts flirren sehen konnte außer der Sonne über Sardinien) ...
Wie dem auch sei – Maren Ade: danke, danke, danke! Noch ein – zwei solcher Filme wie „Der Wald vor lauter Bäumen“ und „Alle anderen“ – und Sie rangieren für mich noch über Ang Lee. Und über den weiteren von mir Verehrten wie M.Night Shyamalan, David Lynch, Jaques Tati usw. sowieso.

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Freitag, 10. Juli 2009
Kalauer zwischendurch
Natürlich freut es einen, wenn die unfreiwilligen Kalauer Leute lächerlich machen, die ich nicht leiden kann. Hier zwei Beispiele aus meinen Korrekturarbeiten:
• Benjamin von Stuckrad-Baare schaffte mit seinem Roman Soloalbum ein Referenzwerk der neuen deutschen Popliteratur.
• Der Bundeskanzler Schröder bestätigte das Oberhand der Unverzeichlichkeit der Gräueltat über die Kriegsächtung.

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Donnerstag, 25. Juni 2009
Endlich Sommer!

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Dienstag, 23. Juni 2009
Spruch des Tages
Heute im ABC-Kurs Fragen und Antworten geübt, es ging darum, dass man auf "Haben Sie ...?" mit "Ich habe ..." antwortet. Da frage ich A.: "Wie viele Kinder haben Sie?" und er antwortet doch glatt: "Ich habe vier Kinder und eine Tochter."
...
(Man muss dazu wissen, dass der Mann unter dem Pantoffel seiner Frau steht, die in jeder Pause und am Unterrichtsende prompt in der Tür steht. Ob er das dann an seiner armen Tochter auslässt?)

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Montag, 22. Juni 2009
Bewerten Sie!
Die Geschichte "Halt auf freier Strecke" ist
schön
schön kitschig
realitätsnah
zu lang
Damals sollte lieber über Literatur schreiben anstatt selber welche zu fabrizieren.

  Ergebnis anzeigen

Erstellt von damals am 22. Juni, 22:41.

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Halt auf freier Strecke, Teil 9
Kaum zu glauben, dachte Ada, wie schwer es fällt, eine Wohnung zu verlassen, in der man sich so unwohl fühlt. Zwei Tage die Uni geschwänzt, nicht Einkaufen gewesen, keine Freunde eingelassen. Abweisende Sprüche in der Wohnungstür und vor der Mutter am Telefon die Coole gespielt. Diesmal saß der Schmerz tief. Aber es war nicht mehr derselbe Schmerz wie am Anfang. Nicht mehr die Wut über seine frechen Worte, mit der er ihr, Adas, Wohnzimmer für immer entweiht hatte. Es war die Wut, dass er sie mit diesem Schlamassel allein ließ. Warum kam er nicht zurück und kämpfte um sie? Oder entschuldigte sich wenigstens? Es war so entwürdigend zu warten. Vielleicht hatte er sie schon verlassen. Obwohl sie das eigentlich für unmöglich hielt. Jedenfalls konnte sie nicht Tag um Tag auf ihrem Sofa sitzen bleiben. Sie musste raus. Und zwar sofort.
Heute würde sie es schaffen. Sie würde das Haus verlassen. Eine halbe Treppe war sie schon hinabgestiegen, als es klingelte. ‚Es ruft mich zurück!’ dachte sie. ‚Ich muss zurück, ich muss den Türöffner betätigen.’ Aber dann beruhigte sie sich: ‚Gar nichts musst du. Du musst zum Seminar gehen. Wer immer bei dir geklingelt hat, er wird unten vor der Tür stehen. Und du wirst ihn eiskalt abfertigen. Selbst wenn es Johannes ist.’ Sie ging durch den Hausflur. An dessen Ende, durch das Glasfenster der Haustür, sah sie zwei Personen stehen, unbekannte, jugendliche Menschen. Auf einmal erkannte sie in einer von den beiden Johannes’ Schwester. Ada erstarrte. Es war vorbei, sie hatte es geahnt. Alles Blut wich ihr aus den Gliedern, wie in Trance machte sie einen Schritt nach vorn und öffnete die Tür. Und jetzt endlich, unbemerkt von allen Anwesenden, erschienen die ersten Tränen in ihren Augenwinkeln.

ENDE

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