Montag, 14. September 2009
Brandenburgische Häuser: Skaby
Jetzt bleibt nur noch von einem Haus zu berichten, und das liegt weit in der Vergangenheit: in Skaby. In Skaby waren wir manchmal als Kinder. Mein Vater musste fernab jeder Abfahrt die Autobahn verlassen und auf einen mit Betonplatten befestigten Waldweg einbiegen – das übliche Erkennungszeichen für die militärische Nutzung des Wäldchens – oder doch in der Nähe befindlicher Objekte von bewaffneten Organen. Tatsächlich residierte im Gutshaus von Skaby die Armee. Das war ummauert und umzäunt, da sah man nichts von. An den Längsseiten zwei leer stehende Stallgebäude, durch die wir Kinder gerne stromerten. Gegenüber dem Gutshaus das Verwalterhaus. Hier wohnte Robert, ein riesiger stämmiger Mann mit schwarzem Vollbart und einem Hinkebein. Und mit ihm wohnten Hunde, Katzen und allerlei Getier. Im Garten hinterm Haus, dessen Form noch an einen normalen Garten hinterm Haus erinnerte, wucherte das Gras und standen unförmige weiße Gebilde aus Gips, die von den Erwachsenen begutachtet wurden. Robert war Bildhauer. Für uns Kinder war der Kamin interessanter, die unerklärliche Freundschaft von Hund und Katze, die verrosteten landwirtschaftlichen Maschinen mit den riesigen Hebeln und Stahlsitzen. Skaby war das Paradies.
Als ich meine Eltern neulich darauf ansprach, stieg in meiner Mutter das schlechte Gewissen auf. Ja, sie wisse, wie gern wir auf Roberts Angebot eingegangen wären, dort ein paar Tage Urlaub zu verleben. Aber sie hätte es doch nicht erlauben dürfen, Inge habe sie gewarnt: dass Robert säuft und sich mitunter auch tagelang nicht um seine Tiere kümmert. Ich dagegen erinnerte gar nicht, dass das Angebot ernst gemeint war. Ein Aufenthalt außerhalb der Familie, und gar noch in einer solchen Wunderwelt, bei einem solchen lieben Wunderriesen – dass das nicht möglich ist, das war mir schon als kleinem Kind klar.
Und so habe ich Robert nicht wieder gesehen. Ich erfuhr später, dass sich sein Hinkefuß einem Verkehrsunfall mit Russen verdankte und dass dieser Verkehrsunfall ihm eine satte Rente und damit das Aussteigerleben in Skaby ermöglicht hatte. Und noch später erfuhr ich, dass gar nicht die Armee, sondern die Stasi im Herrenhaus residiert hatte.
Freiheit in Brandenburg, das gibt es wohl nicht. Und auch Skaby, das Idyll, war ein Idyll von Gnaden der Stasi und der Russen und Roberts Existenz eine Nischenexistenz im Windschatten der Mächtigen. Mit bürgerlichem Namen hieß er übrigens Robert Riehl. Seine Plastiken, regional durchaus noch geschätzt, finde ich aus heutiger Sicht, ehrlich gesagt, überwiegend gar nicht so gut. Mit einer Ausnahme: Er hat traumhaft schöne Kinderportraits gemacht.

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Es ist schon erstaunlich, nach so vielen Jahren, erzähle ich heute meiner Frau von Robert Riehl und wie oft ich in Skaby war und welche Erinnerungen mich damit verbinden. Mein Vater war ein guter Freund von Ihm, nehme ich an, jedenfalls kannten die beiden sich aus der Kriegszeit in Frankreich, wie heute mitbekommen habe. Auch an die Kinderbilder erinnere ich mich!...und ich erinnere mich an eine Szene, wo ein Pferdefuhrwerk mit einem Klavier aus Friedersdorf geholt wurde und dabei auf dem Klavier gespielt wurde...
oh ist das lang her!

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Was für ein schönes Zusammentreffen! Ich freue mich, dass jemand meine Erinnerungen teilt und Robert Riehl auch andernorts nicht vergessen ist. So soll es bleiben.

... und zur Bekräftigung hier ein Schnappschuss einer solchen Kinder-Portrait-Skizze, die den Weg von Skaby bis in mein Hamburger Wohnzimmer gefunden hat.

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ja das ist wirklich eine witzige Geschichte, aber halt eine Geschichte, die das Leben schreibt, ja solche Skizzen stehen bei meiner Schwester, mehrere
Leider gibt es in Skaby nicht mehr viel zu sehen, alles wurde ausgelöscht, aber ich werde dennoch nochmal hinfahren um Fotos zu machen. In dem alten Herrenhaus werden jetzt wohl Partys gefeiert, aber das scheint auch nicht von Erfolg gekrönt zu sein und in der Geschichte zu dem Herrenhaus steht, das es ein Erholungsheim für Stasi war, ich bin aber der Meinung das es ein Heim für Sowjetische Offiziere war, na egal

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Schicken Sie mir doch mal ein aktuelles Skaby-Foto, wenn Sie dort sind - oder posten Sie es hier, sofern technisch möglich.

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das kann ich gern machen!

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Skaby
Hallo, ich bin das erste Mal in einem Blog und weiß nicht recht, ob ich hier einfach Fragen stellen kann... aber ich probiere es einfach mal.
Also, ich schreibe gerade die Briefe meiner Großeltern ab, die nach ihrer Flucht ab 1947 einige Jahre in Skaby gearbeitet haben. Ich bin seit einigen Wochen auf der Suche nach Fotos oder anderem Material über das alte Kinderheim, kann aber außer kleineren Hinweisen nichts finden. Meine Frage also: gib es in Friedersdorf oder in Skaby ein Museum über die Geschichte des Kinderheims oder hat jemand ein Foto, dass ich ihm abkaufen kann, oder anderweitige Informationen? Ich würde gern mehr wissen. (In einem englischen Buch über die Zwangsarbeit der Juden war auch von einem Camp in Skaby die Rede, hat jemand schon davon gehört?)
Ich danke schon vorab für Antworten. LG

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Oje, praktische Fragen unter einem Erinnerungstext! Ich bin doch seit meiner Kindheit nicht mehr in Skaby gewesen! Tut mir Leid, ich kann Ihnen nicht helfen. Aber vielleicht guckt ja macwaetke irgndwann mal wieder hier rein und kann Ihnen etwas dazu sagen.

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Hallo Leute,

bin zufällig über diese Seite gestoßen, da ich Informationen über das Objekt Skaby und die Skabyberge suche (speziell vor 1950).
Ich komme ursprünglich aus Storkow, wohne aber zur Zeit in Berlin, bin aber so ziemlich jedes Wochenende bei meinen Eltern in Storkow. Auf dem Gelände rund um Skaby war ich schon einmal. So weiss ich noch nicht viel Skaby, außer mal Gutshaus, dann NVA, seit irgendwann Partyhaus mit Discos am Wochenende.

Ich laß hier was von aktuellen Fotos die jemand möchte.

Könntet ihr mal genauer beschreiben was fotografiert werden soll, nur das Grundstück + Haus, oder auch Umgebung? evtl. mal über google-maps auf satellitenansicht gehen und dann mal versuchen zu beschreiben was so interessiert. Ich würde mich dann mal die nächsten Wochenenden da hin begeben und was knippsen. Wie das mit dem Zutritt dort ist weiss ich nicht (bzgl. Fotos von drinnen).

Meldet euch mal.

Gruß Rico

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Skaby
Hallo, ich war gestern mal in Skaby, um mir das Gutshaus und die Umgebung anzusehen. Eigentlich war ich ja auf den Spuren meiner Großeltern, die dort in Landwirtschaft und Garten gearbeitet haben. Nun stand ich da... und außer dem mauerumrandeten Grundstück, Feldern und Wald war nichts zu sehen. Sie haben in Ihren Erinnerungen von Ställen an den Längsseiten geschrieben. Können Sie das vielleicht genauer beschreiben? Und gab es auch noch die Gärtnerei oder die Gemüsefelder? Es wäre so schön, wenn sie mir mehr darüber berichten könnten (vielleicht auch Fotos?!), denn ich würde gern ein Stück Familiengeschichte damit aufarbeiten.

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Leider kann ich nicht mit Fotos dienen, nur mit meinen verschwommenen Erinnerungen aus der Kindheit. Jedenfalls waren die beiden Stallgebäude zweistöckig (unten jeweils Stall und oben Heu- oder Lageboden). Diese beiden Gebäude wurden in den 70er Jahren abgerissen. Meine Eltern besitzen noch einen Schweinetrog, den sie anlässlich den Abrisses mitgenommen haben - er steht jetzt unterm Wasserhahn in ihrem Garten.
Von Gärtnerei und Landwirtschaft erinnere ich aus dieser Zeit nichts - es standen wie gesagt verrostete landwirtchaftliche Geräte herum, Felder gab es natürlich auch, die aber von anderswoher bewirtschaftet wurden.

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Danke für die Informationen über die Gebäude in Skaby, jedes Puzzleteil hilft.

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Skaby
Ich hätte ein Photo meines Urgroßvaters, der in Skaby die Gärtnerei geleitet hat. Im Hintergrund ist ein Gebäude zu sehen. Könnte jemand bestätigen, dass es die Wirtschaftsgebäude der Gärtnerei sind?
Und jetzt die technische Frage: wie poste ich hier ein Bild?

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Skaby 2013
Hallo zusammen,
ich war heute in den Waeldern in Skaby unterwegs und hab einen Zwischenstopp am Gut Skaby gemacht. Leider ist (wie schon oben berichtet), alles komplett ummauert.
Hier mal 2 aktuelle Bilder:
Bilder-Upload.eu - share DEINE Bilder

Bilder-Upload.eu - share DEINE Bilder

Wenige Meter entfernt -Richtung Suedost- stehen noch 2 weitere Gebaude, die zwischenzeitlich rekonstruiert und bewohnt sind. Weiss jemand, fuer welche Nutzung diese damals bestimmt waren ?
Hat jemand vlt. auch Infos , wo sich das Gut Winkel befindet ? Muss in der naeheren Umgebung sein, allerdings habe ich noch nichts weiter herausfinden koennen.

Viele Gruesse :)

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Danke für die Fotos. Gerne mehr, da sich das hier zu einem eigenen Skaby-Forum zu entwickeln scheint (jedenfalls ist es meine mit Abstand am meisten angeklickte Seite.)

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Skaby hat ja auch (finde ich) eine sehr interessante Geschichte ;)

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Gestern beim Pilze suchen in der Umgebung dort, sind mir auch wieder Erinnerungen und die Neugier hochgekommen, was aus dem Gut geworden ist. Vor vielen Jahren war ich dort mal mit weitläufigen Verwandten dort.. Sie wurde auf dem Gut geboren und die Eltern waren dort angestellt bei den Gutsherren. In ihrem Ausweis steht auch Geburtsort Skaby drin. Ich habe auch noch irgendwas an Unterlagen von. Sie lebt heute in Norddeutschland und müsste so um die 86 sein, also so um 1928 geboren. Ich muss sie mal befragen. Wenn ich mehr weiss, werd ich gern mehr erzählen hier.

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skaby
kurze Info zu Skaby, hab gerade wenig Zeit, Fragen - scheibt mich an:
-meine Oma war köchin in skaby zu zeiten des kinderheims,
meine mutter ist deshalb mit den kindern zusammen aufgewachsen,
der partner meiner oma war in skaby chauffeur
robert war ein freund der familie..
er hat seinen eigenen grabstein (skulptur) gemacht, das grab auf dem friedhof von friedersdorf ist zwar eingeebnet aber die skulptur von robert steht jetzt auf der annonymen wiese des friedhofs...

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Wieder zurück!
Ja es ist schon erstaunlich, wie sehr man in der Jugend geprägt wird. Wir waren heute bei einem Freund, der eine alte Apotheke wieder bewohnbar macht und ich musste sofort wieder an Robert denken, dabei war ich damals noch klein, aber ich war immer begeistert bei ihm zu sein! Ich muss auch immer an seine Salate denken, mit saurer Sahne und Kräutern aus dem Garten und Fleisch aus Hartmannsdorf. Auch wenn ich es bisher noch nicht geschafft habe, aber jetzt ist ein neues Jahr und diesmal schaffen wir es. Habe auf einer anderen Seite noch viel über Skaby und Robert gelesen http://hovawart-baubkus.de/Skabyer%20Moor/Robert%20Riehl.html hab noch was gefunden Forum.hidden-places.de
Ich habe erst jetzt die Beiträge zum Schloss Skaby entdeckt und möchte kurz meine Erlebnisse schildern.
Während meines Grundwehrdienstes bei den NVA-Grenztruppen von 1970-72 wurden wir (alles gelernte Bauarbeiter) für etwa 4-6 Wochen nach Skaby abgeordnet. Es muss so im Herbst 1971 gewesen sein. In Skaby wurden wir im Schlosspark in Mannschaftszelten untergebracht. Es gab in jedem Zelt einen Ofen.
Unsere Aufgabe bestand darin, die Wege im Park zu betonieren. Dazu wurde lediglich eine dünne Erdschicht abgetragen und danach Beton in einer Stärke von etwa 8 cm aufgetragen. Auf den Beton kam danach Splitt o.ä.
Bereits am nächsten Tag kamen die Maulwürfe durch den Beton. Also, alles sinnlose Materialvergeutung. Der Grund für die Betonierung der Parkwege war eine Feier der NVA-Führung um Armeegeneral Heinz-Hoffmann u.a. Dies haben wir aber erst nachher erfahren. Während der Feier wurden wir nach Schulzendorf verlegt. Am nächsten Tag sahen wir, wie der Hausmeister (vermutlich Angeh. des MfS) Massen an Lebens-und Genussmittel vernichtete.
Trotzdem war es für uns Soldaten eine schöne Zeit, da wir nach der Arbeit nahezu täglich zu einem Bildhauer im Nebengebäude gingen. Dies war seitens der Führung unerwünscht, aber wir taten es trotzdem. Der Bildhauer Robert Riehl war, wie wir erfuhren, Regimekritiker und bei der Staatsführung in Ungnade gefallen. Zu seinem Freundeskreis, den wir auch teilweise kennenlernten, gehörten die Schauspieler Wolf Kaiser und Marianne Wünscher sowie Lutz Jahoda. Des weiteren Wolf Biermann, Robert Havemann u.a. Regimekritiker.
In den 90er Jahren habe ich den Ort noch einmal aufgesucht. Es war aber alles zugewachsen und verfallen.

Ich hoffe, Euch einen kurzen Überblick über das Schloss Skaby zu DDR-Zeiten gegeben zu haben.
Viel Spaß und bis bald

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Vielen Dank für die Informationen, auch für den verlinkten biografischen Text über Robert Riehl. Ich glaube, der dort erwähnte Grabredner von Robert war mein Vater.

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