Montag, 6. Oktober 2008
Griechenland, Teil 2
Am nächsten Morgen ging es wieder per Auto weiter auf die Chalkidiki, zum Wochenendgrundstück ihrer Eltern. Im Auto erzählte F. von griechischer Geschichte. Endlich begriff man mal, wie Griechen sich fühlen. Das klassische Griechenland Winckelmanns spielte dabei weniger eine Rolle, eher Alexander, der Große, (und sein Vater) als Einiger der Griechen – und natürlich Byzanz, das tausendjährige Reich, in dem Griechisch gesprochen wurde.
Das Auto sauste durch die Hitze, und F. erzählte davon, wie neuen Datums das jetzige Griechenland ist: eine Monarchie seit 1916, entstanden im Zuge des Ersten Weltkriegs, und von der allerneuesten Nationenerfindung in der Gegend, nämlich Mazedonien, ein Name, der von Alexander her eigentlich eher zu Griechenland gehört. „Was spricht man eigentlich in Mazedonien?“ versuchte ich mit typisch deutscher Logik (Nation = Sprache) das balkanesische Kuddelmuddel zu ordnen. „Teils albanisch, teils serbokroatisch.“ Also doch ein idiotisch abgesplittertes Überbleibsel des gewesenen Ganzen, das jetzt die Nähe zu Griechenland als Strohhalm ergreift. Ich verstand das griechische Unbehagen, das nicht nur der Religion wegen mit den Serben sympathisiert. Auch weil man als Luftkorridor für die amerikanischen Militärflugzeuge in den Nahen und Mittleren Osten herhalten muss – „Eine der am meisten befahrenen Luftschleusen Europas!“ – auch wegen der amerikanischen Unterstützung der griechischen Militärdiktatur der Siebziger, wegen der F. überhaupt in Deutschland geboren wurde. Ich verstand das, wie ich Peter Handke verstehe, den F. als Zeugen ihre Skepsis aufrief: mit Sympathie und Respekt und einer Art klebrigen Widerwillen.

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