Donnerstag, 3. Mai 2007
Armeezeit, Teil 11
Am Ort der Übung angekommen, wurden große Zelte errichtet, eine Gulaschkanone aufgestellt und ein großes Loch für die Latrine gebuddelt. Vor der Kälte schützte wiederum ein kleiner Ofen, der die Nacht über von einem Soldaten in Betrieb gehalten wurde. Am Tage waren wir mit den Kanonen beschäftigt, aber da scharf geschossen wurde, musste alles absolut sicher vor sich gehen, d.h. vorsichtig, langsam, ohne Hektik - und mit ewigen Wartezeiten in der zaghaften Märzsonne, bis ein verantwortlicher Offizier alles ordnungsgemäß kontrolliert hatte.

Abends wurde gesoffen. Es dauerte Tage, bis mir klar wurde, wo der Schnaps herkam und das Bier, das kanisterweise in den Zelten auftauchte. Offenbar gab es in dem nur einen Kilometer entfernten Dorf eine Kneipe, die an der Hintertür gute Geschäfte machte. Gerade eben sei Hasi losgegangen, um Nachschub zu holen, verriet man mir. Die Nachricht kränkte mich etwas, denn sie bewies mir, dass ich geträumt hatte - und einen üblichen Ausschlupf in die Freiheit übersehen. Ich ging sofort los, um meinem Kumpel zu folgen. Der Weg war nicht zu verfehlen, die Nacht sternklar und kalt. Einmal zwang ein entgegenkommender Geländewagen mich kurzzeitig zum Verstecken; aber davon abgesehen verlief mein Gang ganz ungestört. Natürlich war Hasi längst nicht mehr an der Kneipe. Ich traf nur einen angetrunkenen fremden Offizier, der sich hier ebenfalls versorgte - und zurück im Zeltlager einen aufgeregten Leutnant, der mein Verschwinden bemerkt hatte. Ich erzählte ihm etwas von seelischen Nöten und einer einsamen halben Stunde am nahen Elbufer. Zum Glück befriedigte ihn die Antwort. Ich wurde mit der Mahnung entlassen, mich künftig ordnungsgemäß abzumelden - und natürlich mich im Falle neuer seelischer Krisen vertrauensvoll an meine Vorgesetzten zu wenden. Zurück im Zelt, schlug mir Fröhlichkeit entgegen. Man hatte zugehört und gelacht. „Nimm erst mal`n Schluck Tee!" rief mir Hasi zu und streckte mir die schnapsgefüllte Feldflasche entgegen.

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