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Dienstag, 23. Februar 2010
Mein Beitrag zum Fall Hegemann
damals, 18:24h
Na, da kommt man dieser Tage wohl nicht drumrum, auch einmal über Helene Hegemann zu schreiben. Ich stelle im Folgenden einen Leserbrief an Iris Radisch ein, die doch in der "Zeit" allem Ernstes den Eindruck vermitteln wollte, Helene Hegemann sei eine unabhängige junge Wilde, die vom patriarchalischen Feuilleton gehetzt wird, und sie entstamme einer Kultur, die "so herschaftsfrei, so gestzlos" sei. So naiv kann man doch nicht sein!
Sehr geehrte Frau Radisch,
ich antworte auf Ihren Kommentar „Die Alten Männer und das junge Mädchen“, weil er meines Erachtens zwar in der Sache richtig ist, aber dennoch die völlig falschen Signale aussendet.
Es ist sicher richtig, dass die aktuelle Debatte um Helene Hegemann sexistische Züge trägt und dass die geschmacklosen Angriffe auf ihre Person auch mit ihrem Geschlecht zu tun haben. Dass man (wie vorher bei der Ludhudelei) auch in der notwendig folgenden Niedermachung weniger das Werk als die Person im Blick hat und sich als moralischer Richter über eine Autorenpersönlichkeit aufspielt. So etwas wird in der Tat häufiger und heftiger an Autorinnen als an Autoren praktiziert. Erinnern Sie sich noch an die Debatte um Christa Wolf nach der Wende? Auch da wurde eine Autorin über Gebühr (und aus außerliterarischen Gründen) hochgelobt und, als der Zeitgeist umschlug, umso heftiger als Person niedergemacht, wobei ihr eigentliches Werk immer mehr aus dem Blick geriet. Oder Judith Hermann vor einigen Jahren – erst wie verrückt hochgelobt, und zwar vor allem für ihre Szenenähe, ihren Zigarettenkonsum und den modischen Ton ihrer Erzählungen - aber ihren zweiten, meines Erachtens deutlich besseren Erzählungsband hat man dann schon kaum noch wahrgenommen. Denn verkaufsträchtig war das Phänomen Judith Hermann, nicht ihre Literatur. Handelt es sich dagegen um einen männlichen Autor, dann argumentiert das Marketing mehr mit dem Begriff der literarischen Qualität als mit dem Verweis auf den Autor. Und entsprechend ist Uwe Tellkamp, als er entthront wurde, als Person recht glimpflich davon gekommen.
Aber wenn ein autoritäres Feuilleton Helene Hegemann angreift, dann kann man doch ihrem Buch nicht einfach im Umkehrschluss attestieren, dass es „so herrschaftsfrei, so gesetzlos“ sei. Ein Buch, das nach allen Regeln der Marktgesetze auf jede Ladentheke jeder Buchhandelskette gebracht wurde! Das ist doch einfach nicht glaubhaft. Seit wann bekommt eine junge, wilde Debütantin einen Vertrag mit Ullstein? Und warum unterschreibt sie so einen Vertrag? Aus reiner „Postpostauthentizität“?
Ich habe neulich in einem Kommentar gelesen, dass auf dem deutschen Buchmarkt derzeit mit 5% der Titel 90% des Umsatzes gemacht werden. Da fragt man sich doch, wie eine solche Gleichschaltung möglich ist. Und der Gedanke liegt nahe, dass das Hochloben von Hegemann ebenso zur Marketingstrategie gehört wie das Niedermachen, wenn es mit dem Hochloben aus irgendeinem Grund nicht mehr funktioniert: Hauptsache Aufmerksamkeit. Ich finde, da dürfen Sie als ZEIT-Autorin nicht mitmachen.
Frau Radisch, ich bitte Sie inständig, die in der Tat unappetitlichen, lächerlichen Meta-Debatten des Feuilletons einfach zu ignorieren, und lieber weiter Ihrer Arbeit als Kritikerin nachzugehen: uns Lesern die qualitätvollen Bücher vorzustellen, die von den 5% Blockbustern verdrängt werden und von denen wir ohne Ihre Mithilfe nicht erfahren würden. Helene Hegemann kommt schon ohne Sie klar.
... aus naheliegenden Gründen lege ich den Beitrag unter "Politk" ab ...
Sehr geehrte Frau Radisch,
ich antworte auf Ihren Kommentar „Die Alten Männer und das junge Mädchen“, weil er meines Erachtens zwar in der Sache richtig ist, aber dennoch die völlig falschen Signale aussendet.
Es ist sicher richtig, dass die aktuelle Debatte um Helene Hegemann sexistische Züge trägt und dass die geschmacklosen Angriffe auf ihre Person auch mit ihrem Geschlecht zu tun haben. Dass man (wie vorher bei der Ludhudelei) auch in der notwendig folgenden Niedermachung weniger das Werk als die Person im Blick hat und sich als moralischer Richter über eine Autorenpersönlichkeit aufspielt. So etwas wird in der Tat häufiger und heftiger an Autorinnen als an Autoren praktiziert. Erinnern Sie sich noch an die Debatte um Christa Wolf nach der Wende? Auch da wurde eine Autorin über Gebühr (und aus außerliterarischen Gründen) hochgelobt und, als der Zeitgeist umschlug, umso heftiger als Person niedergemacht, wobei ihr eigentliches Werk immer mehr aus dem Blick geriet. Oder Judith Hermann vor einigen Jahren – erst wie verrückt hochgelobt, und zwar vor allem für ihre Szenenähe, ihren Zigarettenkonsum und den modischen Ton ihrer Erzählungen - aber ihren zweiten, meines Erachtens deutlich besseren Erzählungsband hat man dann schon kaum noch wahrgenommen. Denn verkaufsträchtig war das Phänomen Judith Hermann, nicht ihre Literatur. Handelt es sich dagegen um einen männlichen Autor, dann argumentiert das Marketing mehr mit dem Begriff der literarischen Qualität als mit dem Verweis auf den Autor. Und entsprechend ist Uwe Tellkamp, als er entthront wurde, als Person recht glimpflich davon gekommen.
Aber wenn ein autoritäres Feuilleton Helene Hegemann angreift, dann kann man doch ihrem Buch nicht einfach im Umkehrschluss attestieren, dass es „so herrschaftsfrei, so gesetzlos“ sei. Ein Buch, das nach allen Regeln der Marktgesetze auf jede Ladentheke jeder Buchhandelskette gebracht wurde! Das ist doch einfach nicht glaubhaft. Seit wann bekommt eine junge, wilde Debütantin einen Vertrag mit Ullstein? Und warum unterschreibt sie so einen Vertrag? Aus reiner „Postpostauthentizität“?
Ich habe neulich in einem Kommentar gelesen, dass auf dem deutschen Buchmarkt derzeit mit 5% der Titel 90% des Umsatzes gemacht werden. Da fragt man sich doch, wie eine solche Gleichschaltung möglich ist. Und der Gedanke liegt nahe, dass das Hochloben von Hegemann ebenso zur Marketingstrategie gehört wie das Niedermachen, wenn es mit dem Hochloben aus irgendeinem Grund nicht mehr funktioniert: Hauptsache Aufmerksamkeit. Ich finde, da dürfen Sie als ZEIT-Autorin nicht mitmachen.
Frau Radisch, ich bitte Sie inständig, die in der Tat unappetitlichen, lächerlichen Meta-Debatten des Feuilletons einfach zu ignorieren, und lieber weiter Ihrer Arbeit als Kritikerin nachzugehen: uns Lesern die qualitätvollen Bücher vorzustellen, die von den 5% Blockbustern verdrängt werden und von denen wir ohne Ihre Mithilfe nicht erfahren würden. Helene Hegemann kommt schon ohne Sie klar.
... aus naheliegenden Gründen lege ich den Beitrag unter "Politk" ab ...
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