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Donnerstag, 4. Juni 2009
Illustration 2 zu "Mein Lieblingsfilm"
damals, 23:55h
Und davon war ich gebannt: Egoyans Ehefrau Arsinee Khanjian balanciert auf den Ruinen ihrer Vergangenheit
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Illustration 1 zu "Mein Lieblingsfilm"
damals, 23:50h
So ungefähr saß ich damals vorm Fernseher:
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Kulturkritische Anmerkung zu "Mein Lieblingsfilm"
damals, 23:32h
Es gilt zu bedenken, dass nach den Juden die Armenier das zweite grundsätzlich heimatlose Volk sind - jedenfalls zum überwiegenden Teil - (dann gibt es natürlich noch die Palästinenser, die Kurden usw.): Sie sind notgedrungen schon längst in der Globalisierung angekommen. Von ihnen gilt es zu lernen.
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Mein Lieblingsfilm: "Calendar"
damals, 23:22h
„Simons Geheimnis“ von Atom Egoyan kam im Kino und enttäuschte mich etwas. In der ersten Viertelstunde hatte ich gar sogar den Eindruck, in eine blöde Politposse in der Preislage von „Die Welle“ geraten zu sein. Dann wurde es besser: ein kluger, sympathischer Film und auch wieder herrlich abstrus – aber eben doch nicht der große Wurf.
Ich erinnerte mich aus diesem Anlass an meinen ersten Egoyan-Film – und sah ihn auch nochmal. Es war 1993 und ich war als Student in einem SouterrainZimmer in Westdeutschland gelandet, wo ich die Nächte hindurch die Cineasten-Programme der Öffentlich-Rechtlichen verfolgte und jeden Dienstagabend vor dem „Kleinen Fernsehspiel“ saß. Da kam er, dieser eigentlich unmögliche Film: der ohne eigentliche Handlung auskommt, in dem 14 Sprachen gesprochen werden (und nur das Englische ist untertitelt) und den zwölf wunderschöne Kalenderblätter als so genannte Stills strukturieren – Kalenderblätter mit Aufnahmen armenischer Kirchen, dazwischen erzählen wackelige Videoaufnahmen, in denen jemand willkürlich vor- und zurückspult, wie die Fotos entstanden, und zwölfmal sieht man als Kontrast den Fotografen ein Jahr später in seinem kalt und künstlich ausgeleuchtetem Wohnzimmer in Kanada vor dem Kalender sitzen und leiden.
Ich begriff vor diesem Film alles: Dass alles verloren hat, wer sein inneres Armenien verloren hat. Dass es aber keinen Zweck hat dorthin zurückzugehen. Denn es sieht zwar wunderschön aus, aber es ist so arm und autoritär wie eh und je. Und dennoch: Wer es verleugnet, der wird in der Eiseskälte der westlichen Welt erfrieren.
Die Helden des Films sind die Frauen. Zwölf Frauen. Sie sprechen armenisch, deutsch, türkisch, serbokroatisch usw. Sie tragen die Erinnerung an die Heimat mit einem Stolz durch den anglophonen Westen, der sie zu den eigentlichen Westlerinnen macht. „Was heißt, du betrachtest dich als Ägypterin?“ fragt der Fotograf eine der Frauen, die gar nicht in Ägypten geboren ist, nur einen Großvater von dort hat. Es heißt Stolz, Erinnerung. Nicht Regression. Nicht Ostalgie.
Ich erinnerte mich aus diesem Anlass an meinen ersten Egoyan-Film – und sah ihn auch nochmal. Es war 1993 und ich war als Student in einem SouterrainZimmer in Westdeutschland gelandet, wo ich die Nächte hindurch die Cineasten-Programme der Öffentlich-Rechtlichen verfolgte und jeden Dienstagabend vor dem „Kleinen Fernsehspiel“ saß. Da kam er, dieser eigentlich unmögliche Film: der ohne eigentliche Handlung auskommt, in dem 14 Sprachen gesprochen werden (und nur das Englische ist untertitelt) und den zwölf wunderschöne Kalenderblätter als so genannte Stills strukturieren – Kalenderblätter mit Aufnahmen armenischer Kirchen, dazwischen erzählen wackelige Videoaufnahmen, in denen jemand willkürlich vor- und zurückspult, wie die Fotos entstanden, und zwölfmal sieht man als Kontrast den Fotografen ein Jahr später in seinem kalt und künstlich ausgeleuchtetem Wohnzimmer in Kanada vor dem Kalender sitzen und leiden.
Ich begriff vor diesem Film alles: Dass alles verloren hat, wer sein inneres Armenien verloren hat. Dass es aber keinen Zweck hat dorthin zurückzugehen. Denn es sieht zwar wunderschön aus, aber es ist so arm und autoritär wie eh und je. Und dennoch: Wer es verleugnet, der wird in der Eiseskälte der westlichen Welt erfrieren.
Die Helden des Films sind die Frauen. Zwölf Frauen. Sie sprechen armenisch, deutsch, türkisch, serbokroatisch usw. Sie tragen die Erinnerung an die Heimat mit einem Stolz durch den anglophonen Westen, der sie zu den eigentlichen Westlerinnen macht. „Was heißt, du betrachtest dich als Ägypterin?“ fragt der Fotograf eine der Frauen, die gar nicht in Ägypten geboren ist, nur einen Großvater von dort hat. Es heißt Stolz, Erinnerung. Nicht Regression. Nicht Ostalgie.
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Meine Lieblingsfilme (eine kleine Auswahl)
damals, 22:42h
Lieblingsfilme hatte ich schon viele – da könnte ich zurückgehen bis zu „Pan Tau“, dem Beschützer aller Kinder, der aber schon bald von „Saxana“, dem „Mädchen auf dem Besenstiel“ abgelöst wurde, als mit den ersten Schulerfahrungen die Existenz des weiblichen Geschlechts als solchem in mein Bewusstsein trat.
Und so ging es weiter: Als ich mit 17 die Politik für mich entdeckte, war es dann „Vermisst“ von Costa-Gavras – und Sissy Spacek als blasser Hippie die schönste Frau der Welt. Die realen Begegnungen mit Frauen dann eher desaströs – aber es gab ja Gott sei Dank Michel Serrault, der sich von Lino Ventura einfach nicht unterkriegen lässt, und ich erklärte „Das Verhör“ zum Filmkunstwerk Nr. 1.
Gut zehn Jahre später, immer noch zappelnd in postpubertären Verstrickungen, rettete mich „Lost Highway“ aus der beamtenmiefigen Tristesse eines Staatlichen Studienseminars in der niedersächsischen Provinz, wo ich mich schon fast aufgegeben hatte: Wenn diese – Lynchs – Art der Weltsicht sogar hollywoodkompatibel ist, sagte ich mir, dann bin ich vielleicht doch nicht so verkehrt in dieser Welt.
So retten einen Filme, und so verwechselt man Qualität manchmal auch mit der persönlichen Gefühlslage. Ich hab sogar mal (unter dem akuten Eindruck einer Psychotherapie) zwei Jahre lang geglaubt, „Mulholland Drive“ wäre noch besser als „Lost Highway“. Natürlich ein Irrtum. Und seit „Brokeback Mountain“ ist ja auch „Das Hochzeitsbankett“ nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ein Film aber, und das erstaunt mich fast, der bleibt: „Calendar“ von und mit Atom Egoyan aus dem Jahr 93. Ich hab ihn aus aktuellem Anlass wieder gesehen letzte Woche, von derselben schraddeligen alten Videokassette – und er ist noch immer großartig.
Und so ging es weiter: Als ich mit 17 die Politik für mich entdeckte, war es dann „Vermisst“ von Costa-Gavras – und Sissy Spacek als blasser Hippie die schönste Frau der Welt. Die realen Begegnungen mit Frauen dann eher desaströs – aber es gab ja Gott sei Dank Michel Serrault, der sich von Lino Ventura einfach nicht unterkriegen lässt, und ich erklärte „Das Verhör“ zum Filmkunstwerk Nr. 1.
Gut zehn Jahre später, immer noch zappelnd in postpubertären Verstrickungen, rettete mich „Lost Highway“ aus der beamtenmiefigen Tristesse eines Staatlichen Studienseminars in der niedersächsischen Provinz, wo ich mich schon fast aufgegeben hatte: Wenn diese – Lynchs – Art der Weltsicht sogar hollywoodkompatibel ist, sagte ich mir, dann bin ich vielleicht doch nicht so verkehrt in dieser Welt.
So retten einen Filme, und so verwechselt man Qualität manchmal auch mit der persönlichen Gefühlslage. Ich hab sogar mal (unter dem akuten Eindruck einer Psychotherapie) zwei Jahre lang geglaubt, „Mulholland Drive“ wäre noch besser als „Lost Highway“. Natürlich ein Irrtum. Und seit „Brokeback Mountain“ ist ja auch „Das Hochzeitsbankett“ nicht der Weisheit letzter Schluss.
Ein Film aber, und das erstaunt mich fast, der bleibt: „Calendar“ von und mit Atom Egoyan aus dem Jahr 93. Ich hab ihn aus aktuellem Anlass wieder gesehen letzte Woche, von derselben schraddeligen alten Videokassette – und er ist noch immer großartig.
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