Sonntag, 31. Januar 2010
Besserwessi und Stasityp
damals, 21:51h
Ich bin kürzlich beim Rumdaddeln im Netz auf eine Seite gestoßen, auf der man sich als Online-Rezensent für wissenschaftliche Literatur melden kann, gegen Erhalt des Rezensionsexemplars. Das erschien mir, als Reminiszenz an alte Doktorandenzeiten, reizvoll und ich hab es ausprobiert und eine Aufsatzsammlung über ostdeutsche Befindlichkeiten rezensiert. Ich hatte auch geplant, sie auch hier einzustellen, mich dann aber doch dagegen entschieden, damit ich hier in Ruhe ablästern kann (ohne Namen zu offenbaren).
Denn es war schon interessant, wer so einen Sammelband herausgibt – und damit auch die öffentliche Meinung zum Thema Ostdeutschland mitbestimmt. Offenbar wächst da zusammen, was zusammen gehört – ein Besserwessi und eine rote Socke fungieren in trauter Harmonie als Editoren.
Der Wessi ein Hans Dampf in allen Gassen: Er hat ein erstes Fach studiert, in einem zweiten promoviert und sich in einem dritten habilitiert. Mitglied in diversen Forschungsprojekten und -gremien. Publikationsliste bis zum Abwinken, die einzelnen Publikationen meist zusammen mit jeweils mehreren Mitautoren. Aber die ordentliche Professur, die fette Stelle, die gabs erst 1991 im Beitrittsgebiet – der typische Besserwessi.
Und nun der Ossi: Berufsausbildung mit Abitur in der ostdeutschen Provinz und dann ab in die Hauptstadt. Diverse ungelernte Jobs, daneben freier Autor (was immer das bedeuten mag im publikationstechnisch totalüberwachten Ostberlin). Ab 1986 (dem Jahr, ab dem auch die Stasi ihre V-Leute, OibEs genannt, verstärkt unter die Künstler schickte) auch eine eigene Galerie, ausgerechnet in Berlin-Lichtenberg (also wer das noch für Underground und Opposition hält, muss ganz doof sein). 1989 natürlich politisch äußerst aktiv und Autor für die „Junge Welt“. Danach in den Neunzigern die zweite Karriere: Politik-Studium mit Promotion und schneller Aufstieg in kulturpolitischen Gremien der neuen Bundeshauptstadt, natürlich immer auf festen Angestellten-Posten, man ist ja sicherheitsorientiert als Ostdeutscher – jedenfalls wenn man eine rote Socke ist und die entsprechenden Kontakte hat.
Ich kann sie einfach nicht leiden, diese Netzwerker und Bescheidwisser. Aber ich frag mich auch, weshalb ich immer wieder ihr Milieu aufsuche und mich dann ärgere.
Denn es war schon interessant, wer so einen Sammelband herausgibt – und damit auch die öffentliche Meinung zum Thema Ostdeutschland mitbestimmt. Offenbar wächst da zusammen, was zusammen gehört – ein Besserwessi und eine rote Socke fungieren in trauter Harmonie als Editoren.
Der Wessi ein Hans Dampf in allen Gassen: Er hat ein erstes Fach studiert, in einem zweiten promoviert und sich in einem dritten habilitiert. Mitglied in diversen Forschungsprojekten und -gremien. Publikationsliste bis zum Abwinken, die einzelnen Publikationen meist zusammen mit jeweils mehreren Mitautoren. Aber die ordentliche Professur, die fette Stelle, die gabs erst 1991 im Beitrittsgebiet – der typische Besserwessi.
Und nun der Ossi: Berufsausbildung mit Abitur in der ostdeutschen Provinz und dann ab in die Hauptstadt. Diverse ungelernte Jobs, daneben freier Autor (was immer das bedeuten mag im publikationstechnisch totalüberwachten Ostberlin). Ab 1986 (dem Jahr, ab dem auch die Stasi ihre V-Leute, OibEs genannt, verstärkt unter die Künstler schickte) auch eine eigene Galerie, ausgerechnet in Berlin-Lichtenberg (also wer das noch für Underground und Opposition hält, muss ganz doof sein). 1989 natürlich politisch äußerst aktiv und Autor für die „Junge Welt“. Danach in den Neunzigern die zweite Karriere: Politik-Studium mit Promotion und schneller Aufstieg in kulturpolitischen Gremien der neuen Bundeshauptstadt, natürlich immer auf festen Angestellten-Posten, man ist ja sicherheitsorientiert als Ostdeutscher – jedenfalls wenn man eine rote Socke ist und die entsprechenden Kontakte hat.
Ich kann sie einfach nicht leiden, diese Netzwerker und Bescheidwisser. Aber ich frag mich auch, weshalb ich immer wieder ihr Milieu aufsuche und mich dann ärgere.
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Sonntag, 25. Oktober 2009
Familiäre Belastungen
damals, 13:15h
Da wollte ich doch mal nur schnell im Internet nachgucken, wer neuer Innenminister (und damit mein neuer Auftraggeber) wird: Da heißt der Mann Thomas de Maizière, sein Vater war Wehrmachtsgeneral und nach dem Krieg Generalinspekteur der Bundeswehr, sein Onkel Rechtsanwalt und hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter, und dessen Sohn, Lothar de Maizière, kommt also auch nicht aus dem Nirgendwo.
Wenn man das so liest, kann man ja wirklich froh sein, dass man selbst aus einer halbswegs anständigen Familie stammt.
Wenn man das so liest, kann man ja wirklich froh sein, dass man selbst aus einer halbswegs anständigen Familie stammt.
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Sonntag, 18. Oktober 2009
Sarrazin hat Recht: Wir haben ein Problem mit integrationsunwilligen Bevölkerungsschichten!
damals, 23:56h
Also, ich hab das jetzt, wie immer, wenn ich die medialen Banalitäten konsumiere, nur flüchtig wahrgenommen, aber hat Sarrazin nicht gesagt, dass Teile der Oberschichten in Deutschland regelrecht integrationsunwillig sind? Dass sie nicht oder nur kontraproduktiv am Wirtschaftskreislauf teilnehmen? Und dass man diesen Leuten, da sie nicht mit Geld umgehen können, auch möglichst keins mehr in die Hand geben sollte, sondern nur Sachleistungen?
Recht hat er! Diese Leute, die sich am Steuern-Zahlen nicht beteiligen; die ihre Kinder der Schulpflicht entziehen, indem sie sie auf ominöse Privatschulen oder Internate schicken – kurz, die nicht am Leben unserer Gesellschaft teilnehmen, es sei denn, indem sie es durch ihr Unvermögen, mit Geld umzugehen, gefährden. Die sind gefährlich!
Ich finde auch, dass Manager-Boni nicht mehr als Geldleistung ausgezahlt werden dürften! Allenfalls als Sachleistung: Kita-Gutscheine, S-Bahn-Monatskarten, ein Deutsche-Bahn-Gutschein für die 2. Klasse, ein Jahresabo der Öffentlichen Bücherhallen – da gäbe es schon einiges, diese Verirrten wieder in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Recht hat er! Diese Leute, die sich am Steuern-Zahlen nicht beteiligen; die ihre Kinder der Schulpflicht entziehen, indem sie sie auf ominöse Privatschulen oder Internate schicken – kurz, die nicht am Leben unserer Gesellschaft teilnehmen, es sei denn, indem sie es durch ihr Unvermögen, mit Geld umzugehen, gefährden. Die sind gefährlich!
Ich finde auch, dass Manager-Boni nicht mehr als Geldleistung ausgezahlt werden dürften! Allenfalls als Sachleistung: Kita-Gutscheine, S-Bahn-Monatskarten, ein Deutsche-Bahn-Gutschein für die 2. Klasse, ein Jahresabo der Öffentlichen Bücherhallen – da gäbe es schon einiges, diese Verirrten wieder in unsere Gesellschaft zu integrieren.
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Sonntag, 4. Oktober 2009
Zum Tag der deutschen Einheit: Ein Zitat zur Wiedervereinigung
damals, 22:26h
„Immer wenn das Neue in die alternde Vorstellungswelt der Menschen bricht, glauben sie, oder doch ihre Dichter, eine Art Himmel habe sich der Erde zugeneigt und umfange sie lebend – gewillt, ein endlich glückliches Geschlecht zu zeugen. Durch die ganze Geschichte der Menschheit gehen diese hohen Zeiten, bei denen die meisten Menschen jedoch nur als Zufallsgäste mit an der Hochzeitstafel saßen, ganz unten, zumeist an den für Arme, Bettler und Landstreicher bereitgestellten Sondertischen auf der Tenne. Doch auch sie sprachen nachher stets gern von den köstlichen Gerichten in den kostbaren Gefäßen auf den festlichen Tafeln, obwohl sie weder davon gekostet noch sie auch nur gesehen hatten.“
An dieser Stelle unterbreche ich das Ehm-Welk-Zitat aus dem Jahr 1952, denn was nun folgt, ist aufklärerisch-sozialistischer Kitsch: „Sie erlagen der Kraft der Legende. Welche Kraft weiterzeugend dort am stärksten wirksam wird, wo von anderen Menschen die Kraft der Vernunft zur Zerstörung einer Legende entfaltet wird.“ Als wäre die Legende das Schlimme! Das ist sie nicht. Sie ist sicher nicht die Wahrheit. Aber ihre Zerstörung bringt ebenso wenig Wahrheit hervor, sondern nur eine neue Legende, und eine erbärmliche noch dazu. Wer glaubt, die „Zerstörung der Legende“ verhelfe zu Wahrheit und Vernunft, der lese ruhig weiter den SPIEGEL. Was wir brauchen, ist nicht Legendenlosigkeit, sondern Teilhabe an der Legendenbildung. Deshalb gibt es Blogs, und deshalb schreib ich. Und deshalb hab ich auch die Geschichte meines Jahrs 1989 an den NDR verschenkt, der sie demnächst hier (http://www.ndr.de/grenzenlos/) in Internet und Buch erzählen will.
Meine Frau fragte übrigens dieser Tage, wieso bei der Erinnerung an die Wiedervereinigung grundsätzlich über den Osten erzählt wird. Zu einer Vereinigung gehören doch eigentlich zwei.
An dieser Stelle unterbreche ich das Ehm-Welk-Zitat aus dem Jahr 1952, denn was nun folgt, ist aufklärerisch-sozialistischer Kitsch: „Sie erlagen der Kraft der Legende. Welche Kraft weiterzeugend dort am stärksten wirksam wird, wo von anderen Menschen die Kraft der Vernunft zur Zerstörung einer Legende entfaltet wird.“ Als wäre die Legende das Schlimme! Das ist sie nicht. Sie ist sicher nicht die Wahrheit. Aber ihre Zerstörung bringt ebenso wenig Wahrheit hervor, sondern nur eine neue Legende, und eine erbärmliche noch dazu. Wer glaubt, die „Zerstörung der Legende“ verhelfe zu Wahrheit und Vernunft, der lese ruhig weiter den SPIEGEL. Was wir brauchen, ist nicht Legendenlosigkeit, sondern Teilhabe an der Legendenbildung. Deshalb gibt es Blogs, und deshalb schreib ich. Und deshalb hab ich auch die Geschichte meines Jahrs 1989 an den NDR verschenkt, der sie demnächst hier (http://www.ndr.de/grenzenlos/) in Internet und Buch erzählen will.
Meine Frau fragte übrigens dieser Tage, wieso bei der Erinnerung an die Wiedervereinigung grundsätzlich über den Osten erzählt wird. Zu einer Vereinigung gehören doch eigentlich zwei.
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Montag, 14. September 2009
Probanden gesucht!
damals, 22:20h
Hier ist mein Beitrag zur aktuellen Debatte über den Wahlkampf: Ich habe einfach das Titelbild der dieswöchigen kostenlosen Werbezeitung mit Fernsehprogramm "Einkauf aktuell" kopiert:

Noch Fragen?

Noch Fragen?
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Montag, 25. Mai 2009
Heute mal eine Verschwörungstheorie
damals, 14:10h
Wie dieser Tage in den Medien zu lesen ist, ist der Polizist Karl-Heinz Kurras, der damals 1967 Benno Ohnesorg erschossen hat, ein Stasi-Spitzel gewesen. So verlautet ein aktueller Aktenfund von Mitarbeitern der Birhtler-Behörde.
Der erste Reflex, wenn man von dieser Tatsache hört, ist ja logisch: Aha, die Stasi wars! Nach Aktenlage, wie sie in den Medien nun ausgebreitet wird, ist die Sache aber komplizierter: Kurras arbeitete zum Tatzeitpunkt als Angehöriger einer Spezialtruppe, die in der Westberliner Polizei nach Stasispitzeln suchen sollte. Gleichzeitig arbeitete er selbst als Stasi-Spitzel. Am besagten Tag hatte er den Auftrag, als Zivilfahnder auffällige Studenten aus der Menge zu isolieren und zu verhaften. Nach der Tat zeigte sich die Stasi entsetzt und beendete die Zusammenarbeit. Gleichzeitig setzten seine anderen Dienstherren alles in Bewegung, um eine Verurteilung wegen Mordes zu verhindern: Zeugen wurden nicht zugelassen, Beweismittel verschwanden. Kurras wurde freigesprochen. Und auch seine jetzt aufgefundene Akte bei der Stasi erweist sich, zumindest für die Zeit nach dem 2. Juni 1967, als „ausgedünnt“.
Die Frage ist nun, welcher Geheimdienst diese Akte denn nun ausgedünnt hat und in wessen Auftrag Kurras geschossen hat: in ostdeutschem, in westdeutschem oder vielleicht doch in seinem eigenen. Die Wahrscheinlichkeit spricht meines Erachtens ja doch für den westdeutschen Geheimdienst. Aber es ist auch egal. Denn so oder so ist das Fazit eindeutig: Die größten Feinde der Demokratie sind die Spitzel – egal, ob sie nun Karl-Heinz Kurras, Peter Urbach, Erich Mielke oder Markus Wolf heißen, egal, ob sie im Auftrag handeln oder selber denken - eins ist so schlimm wie das andere.
(... und schöne Grüße an die Kollegen vom BMI, falls ich ihre Suchmaschinen aktiviert haben sollte ...)
Der erste Reflex, wenn man von dieser Tatsache hört, ist ja logisch: Aha, die Stasi wars! Nach Aktenlage, wie sie in den Medien nun ausgebreitet wird, ist die Sache aber komplizierter: Kurras arbeitete zum Tatzeitpunkt als Angehöriger einer Spezialtruppe, die in der Westberliner Polizei nach Stasispitzeln suchen sollte. Gleichzeitig arbeitete er selbst als Stasi-Spitzel. Am besagten Tag hatte er den Auftrag, als Zivilfahnder auffällige Studenten aus der Menge zu isolieren und zu verhaften. Nach der Tat zeigte sich die Stasi entsetzt und beendete die Zusammenarbeit. Gleichzeitig setzten seine anderen Dienstherren alles in Bewegung, um eine Verurteilung wegen Mordes zu verhindern: Zeugen wurden nicht zugelassen, Beweismittel verschwanden. Kurras wurde freigesprochen. Und auch seine jetzt aufgefundene Akte bei der Stasi erweist sich, zumindest für die Zeit nach dem 2. Juni 1967, als „ausgedünnt“.
Die Frage ist nun, welcher Geheimdienst diese Akte denn nun ausgedünnt hat und in wessen Auftrag Kurras geschossen hat: in ostdeutschem, in westdeutschem oder vielleicht doch in seinem eigenen. Die Wahrscheinlichkeit spricht meines Erachtens ja doch für den westdeutschen Geheimdienst. Aber es ist auch egal. Denn so oder so ist das Fazit eindeutig: Die größten Feinde der Demokratie sind die Spitzel – egal, ob sie nun Karl-Heinz Kurras, Peter Urbach, Erich Mielke oder Markus Wolf heißen, egal, ob sie im Auftrag handeln oder selber denken - eins ist so schlimm wie das andere.
(... und schöne Grüße an die Kollegen vom BMI, falls ich ihre Suchmaschinen aktiviert haben sollte ...)
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Sonntag, 26. April 2009
Ich wage es und schreibe über die Finanzkrise
damals, 01:24h
Nennt mich naiv und kurzsichtig, aber ich sehe noch nicht, dass es uns in diesem Land irgendwie schlechter geht bisher. Aus meinem Bekanntenkreis jedenfalls haben nur Leute Geld verloren, die auch welches übrig hatten - und in irgendwelche Sachen geparkt, von denen sie keine Ahnung haben. Nun gut.
Interessant fand ich die Beobachtung eines Freundes, der meinte: Wirklich Angst haben die Leute, die in großen Firmen arbeiten, quasi die kleinen Leute aus großen Firmen.
Könnte es nicht sein, dass die Finanzkrise (jedenfalls für uns hier in Deutchland) nichts anderes ist als die nächste Stufe der Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich? Ich meine: so wie bei Hartz IV. Da war ja die allgemeine Entrüstung auch nicht der Tatsache geschuldet, dass man mit Hartzt IV nun schlechter leben würde als vorher mit Sozialhilfe - sondern der Tatsache, dass nun Menschen in den Genuss der Sozialleistungen kamen, die sich meilenweit darüber erhaben dünkten.
Und jetzt: Was befürchten die Verängstigten? Doch nichts anderes als einen Status, in dem wir anderen (sich mit mehreren Jobs, freiberuflich, befristet usw. Durchhangelnden) selbstverständlich schon zehn Jahre leben. Oder?
Interessant fand ich die Beobachtung eines Freundes, der meinte: Wirklich Angst haben die Leute, die in großen Firmen arbeiten, quasi die kleinen Leute aus großen Firmen.
Könnte es nicht sein, dass die Finanzkrise (jedenfalls für uns hier in Deutchland) nichts anderes ist als die nächste Stufe der Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich? Ich meine: so wie bei Hartz IV. Da war ja die allgemeine Entrüstung auch nicht der Tatsache geschuldet, dass man mit Hartzt IV nun schlechter leben würde als vorher mit Sozialhilfe - sondern der Tatsache, dass nun Menschen in den Genuss der Sozialleistungen kamen, die sich meilenweit darüber erhaben dünkten.
Und jetzt: Was befürchten die Verängstigten? Doch nichts anderes als einen Status, in dem wir anderen (sich mit mehreren Jobs, freiberuflich, befristet usw. Durchhangelnden) selbstverständlich schon zehn Jahre leben. Oder?
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Sonntag, 19. April 2009
Mal wieder die NZZ
damals, 19:17h
(VORSICHT: METATEXT - ERST VERSTÄNDLICH NACH LEKTÜRE DES ANGEGEBENEN LINKS)
Wenn ich diesen Text hier einstelle, ohne meinen Obertitel „Damals bei den Analphabeten“ zu ändern, ist das natürlich meiner Hoffnung zu verdanken, dass ich die titelgebende Serie in absehbarer Zeit fortführe. Aber vielleicht ist auch ein bisschen Spott dabei.
Denn ich möchte über die Zeitungen schreiben, die dieser Tage alle eine Biografie über Fritz Bauer, den Initiator des Auschwitz-Prozesses, ankündigen. Und doch ist meine Zeitung, die Neue Zürcher Zeitung, mal wieder die, die die schönste Rezension geliefert hat:
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/buchrezensionen/pflicht_zum_ungehorsam_1.2380698.html
Mit welcher Noblesse, welcher Klarheit und Zurückhaltung hier den üblichen Geschichtsklischees entgegen gearbeitet wird: Es beginnt schon gleich mit der Feststellung, dass Fritz Bauer ein guter Ankläger war, weil er kein typischer Ankläger war – ihm ging’s um Aufklärung, nicht um die Jagd an sich.
Besonders gefallen hat mir der vorsichtige Hinweis darauf, wie gefährlich es ist, Fritz Bauer als Helden zu stilisieren, der an einem irgendwie konservativen oder antisemitischen Umfeld oder Zeitgeist gescheitert sei. Natürlich ist da was Wahres dran. Aber die Ungenauigkeit solcher Vorstellungen deckt die Täter und macht tatsächliche Strukturen unsichtbar. „Die Mörder haben Namen und Adresse!“ sagte einst Brecht. Und der Wahrheit näher kommt nur, wer fair und konkret ist - wie dieser wunderschöne Text.
...
Sehr wohltuend so etwas - in einer Gesellschaft, in der sich – um mal zwei populäre Beispiele zu nennen - ein Albert Speer (dank Joachim Fest) bis in den „Untergang“ als irrender Idealist verkaufen kann, während Gustav Gründgens ganz selbstverständlich als Mephisto gilt (dank Klaus Mann, der nun wirklich irrender Idealist war) ... oder in einer Gesellschaft, in der zur Zeit gerne davon gefaselt wird, dass die 1968 an allem Schuld ist; 1968, das ja wohl mit Fritz Bauer und Willy Brandt anfängt (und nicht mit der RAF); 1968, das ja wohl nicht auf den Haaren von Rainer Langhans und Brüsten von Uschi Obermeier basiert, sondern auf den Ideen von Rudi Dutschke ... aber ich komme vom Thema ab und mache daher lieber Schluss für heute.
Wenn ich diesen Text hier einstelle, ohne meinen Obertitel „Damals bei den Analphabeten“ zu ändern, ist das natürlich meiner Hoffnung zu verdanken, dass ich die titelgebende Serie in absehbarer Zeit fortführe. Aber vielleicht ist auch ein bisschen Spott dabei.
Denn ich möchte über die Zeitungen schreiben, die dieser Tage alle eine Biografie über Fritz Bauer, den Initiator des Auschwitz-Prozesses, ankündigen. Und doch ist meine Zeitung, die Neue Zürcher Zeitung, mal wieder die, die die schönste Rezension geliefert hat:
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/buchrezensionen/pflicht_zum_ungehorsam_1.2380698.html
Mit welcher Noblesse, welcher Klarheit und Zurückhaltung hier den üblichen Geschichtsklischees entgegen gearbeitet wird: Es beginnt schon gleich mit der Feststellung, dass Fritz Bauer ein guter Ankläger war, weil er kein typischer Ankläger war – ihm ging’s um Aufklärung, nicht um die Jagd an sich.
Besonders gefallen hat mir der vorsichtige Hinweis darauf, wie gefährlich es ist, Fritz Bauer als Helden zu stilisieren, der an einem irgendwie konservativen oder antisemitischen Umfeld oder Zeitgeist gescheitert sei. Natürlich ist da was Wahres dran. Aber die Ungenauigkeit solcher Vorstellungen deckt die Täter und macht tatsächliche Strukturen unsichtbar. „Die Mörder haben Namen und Adresse!“ sagte einst Brecht. Und der Wahrheit näher kommt nur, wer fair und konkret ist - wie dieser wunderschöne Text.
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Sehr wohltuend so etwas - in einer Gesellschaft, in der sich – um mal zwei populäre Beispiele zu nennen - ein Albert Speer (dank Joachim Fest) bis in den „Untergang“ als irrender Idealist verkaufen kann, während Gustav Gründgens ganz selbstverständlich als Mephisto gilt (dank Klaus Mann, der nun wirklich irrender Idealist war) ... oder in einer Gesellschaft, in der zur Zeit gerne davon gefaselt wird, dass die 1968 an allem Schuld ist; 1968, das ja wohl mit Fritz Bauer und Willy Brandt anfängt (und nicht mit der RAF); 1968, das ja wohl nicht auf den Haaren von Rainer Langhans und Brüsten von Uschi Obermeier basiert, sondern auf den Ideen von Rudi Dutschke ... aber ich komme vom Thema ab und mache daher lieber Schluss für heute.
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Dienstag, 10. März 2009
Wie besiegt man die Religion?
damals, 20:53h
Eine Kollegin schickte mir einen Link (inzwischen schon nicht mehr auf der Startseite bei „Aktuelles“: http://www.bmi.bund.de/cln_104/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2009/03/islamischer_Religionsunterricht.html?nn=303936): Es ging darum, wie Schäuble staatlichen Islamunterricht befürwortet. Ich blieb aber erst mal bei den Bildern der Startseite hängen: diesem grässlichen schwarzen Bundespolizeihubschrauber und darunter Schäubles verkniffenes Gesicht. Ja, klar, dachte ich mir – so denken die sicher:
Religion – das ist was für Weicheier, ebenso wie die grünen Uniformen für die Polizei. Schwarz müssen sie sein! Schwarz wie Batman oder unsere amerikanischen Kollegen. Und schwarz muss auch die Religionspädagogik sein. Denn Religiosität darfs nicht geben in der Religion. Das hat lange genug gedauert in Deutschland, bis wirs endlich geschafft haben: über hundert Jahre staatlicher Religionsunterricht, verbeamtete Religionslehrer, verbeamtete Pfarrer und Militärgeistliche. Aber jetzt ist es so weit: Kein Schwein geht mehr in die Kirche. Und das wäre doch gelacht, wenn wir das mit den Moslems nicht auch hinkriegen: Sie sollen ihn kriegen, ihren staatlichen Religionsunterricht, bis sie das Wort „Mohammed“ nicht mehr hören können!
Religion – das ist was für Weicheier, ebenso wie die grünen Uniformen für die Polizei. Schwarz müssen sie sein! Schwarz wie Batman oder unsere amerikanischen Kollegen. Und schwarz muss auch die Religionspädagogik sein. Denn Religiosität darfs nicht geben in der Religion. Das hat lange genug gedauert in Deutschland, bis wirs endlich geschafft haben: über hundert Jahre staatlicher Religionsunterricht, verbeamtete Religionslehrer, verbeamtete Pfarrer und Militärgeistliche. Aber jetzt ist es so weit: Kein Schwein geht mehr in die Kirche. Und das wäre doch gelacht, wenn wir das mit den Moslems nicht auch hinkriegen: Sie sollen ihn kriegen, ihren staatlichen Religionsunterricht, bis sie das Wort „Mohammed“ nicht mehr hören können!
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Dienstag, 25. November 2008
Aus dem Nähkästchen geplaudert ...
damals, 01:05h
In der Politik sind immer die Details interessant. Ich hatte dienstlich einen Text zu lesen über die Ökonomisierung des sozialen Bereichs. War inhaltlich aber mau: Als Fazit kam nur heraus, dass jetzt im sozialen Bereich gespart wird, was zu Einbußen bei der Qualität der geleisteten Arbeit führt. Wer hätte das gedacht?!
Aber es gab ein interessantes Detail: Irgendwo am Rande wurde bemerkt, dass Sozialarbeiter ja zu allem Überdruss auch noch zusätzlichen Stress dadurch hätten, dass ihre Klienten einen „Karrieresprung“ gemacht hätten – „von Bedürftigen zu Kunden“ – wobei zu bedenken sei, dass diese aufgrund psychischer Einschränkungen ja auch nicht immer souverän reagierten.
Das kann man wohl sagen! Letzte Woche haben sich zwei erwachsene Frauen vor der Tür unserer Schule geprügelt; heute hatte ich eine Aussprache mit Herrn L., der nicht mehr zum Kurs kommen will, weil Frau M. sagt, dass er stinkt. Der reinste Kindergarten!
Aber wie dem auch sei: Das sind meine Kunden und ich bin kein Erzieher. Muss nur mit dafür sorgen, dass alles so weit möglich reibungslos läuft. Wenn mir jetzt jemand kommt und will das alte patriarchale System zurück, wo er schön von oben behütet und beschützt wird (z. B. mit ausreichend Gehalt), auf dass er auch nach unten schön behüten und beschützen kann und dabei ungeheuer wichtig sein – das macht mich aggressiv.
Ich finde die Entwicklung gut, bei der Bedürftige endlich auch als Erwachsene akzeptiert werden, so gestresst und neurotisch sie auch immer sein mögen. Ich hab auch keinen erzieherischen Impetus, meine Teilnehmer zu besseren Menschen machen zu wollen. Ich verkaufe eine Dienstleistung und fertig.
Diese Idee ist das Erfischende und Schöne an dem System, das allgemein mit dem Namen „Agenda 2010“ assoziiert wird. Es herrscht wirklich ein anderer Geist in den Einwanderer-Sprachkursen („Integrationssprachkurse“), die 2005 erfunden wurden - vergleicht man sie mit den herkömmlichen Arbeitslosen-Sprachkursen für Migranten („Maßnahmen“, wie sie entlarvenderweise heißen): Interesse, Orientierung an der Sache bei den Sprachkursen – Kontrolle, Dumpfheit bei den Maßnahmen.
Dass der Staat für die neuen, frischen Kurse lächerlich geringe Summen zahlt und dass deshalb jede Sprachschule möglichst viele der alten, tendenziell sinnlosen, aber besser bezahlten Arbeitsamts- und Arge-Maßnahmen an Land ziehen muss, das ist eine andere Sache.
Das ist wohl normal, dass bei Reformen immer gleich mit versucht wird, gewohnheitsmäßige Privilegien der jeweils Wehrlosesten abzuschaffen. Wer aber jetzt „Weg von der Agenda 2010 und zurück zu den guten, alten patriarchalen Strukturen!“ fordert, der vergisst, dass er vielleicht diese Strukturen, nie aber die Privilegien zurück bekommen wird.
Zum Papa-Kohl-Sozialstaat führt kein Weg zurück, Gott sei Dank! Was wir dadurch an Freiheit gewinnen, sollten wir festhalten; was wir dadurch an Lebensstandard verlieren, müssen wir wieder einklagen. Wenn mir bloß einer sagen könnte, wie!
Aber es gab ein interessantes Detail: Irgendwo am Rande wurde bemerkt, dass Sozialarbeiter ja zu allem Überdruss auch noch zusätzlichen Stress dadurch hätten, dass ihre Klienten einen „Karrieresprung“ gemacht hätten – „von Bedürftigen zu Kunden“ – wobei zu bedenken sei, dass diese aufgrund psychischer Einschränkungen ja auch nicht immer souverän reagierten.
Das kann man wohl sagen! Letzte Woche haben sich zwei erwachsene Frauen vor der Tür unserer Schule geprügelt; heute hatte ich eine Aussprache mit Herrn L., der nicht mehr zum Kurs kommen will, weil Frau M. sagt, dass er stinkt. Der reinste Kindergarten!
Aber wie dem auch sei: Das sind meine Kunden und ich bin kein Erzieher. Muss nur mit dafür sorgen, dass alles so weit möglich reibungslos läuft. Wenn mir jetzt jemand kommt und will das alte patriarchale System zurück, wo er schön von oben behütet und beschützt wird (z. B. mit ausreichend Gehalt), auf dass er auch nach unten schön behüten und beschützen kann und dabei ungeheuer wichtig sein – das macht mich aggressiv.
Ich finde die Entwicklung gut, bei der Bedürftige endlich auch als Erwachsene akzeptiert werden, so gestresst und neurotisch sie auch immer sein mögen. Ich hab auch keinen erzieherischen Impetus, meine Teilnehmer zu besseren Menschen machen zu wollen. Ich verkaufe eine Dienstleistung und fertig.
Diese Idee ist das Erfischende und Schöne an dem System, das allgemein mit dem Namen „Agenda 2010“ assoziiert wird. Es herrscht wirklich ein anderer Geist in den Einwanderer-Sprachkursen („Integrationssprachkurse“), die 2005 erfunden wurden - vergleicht man sie mit den herkömmlichen Arbeitslosen-Sprachkursen für Migranten („Maßnahmen“, wie sie entlarvenderweise heißen): Interesse, Orientierung an der Sache bei den Sprachkursen – Kontrolle, Dumpfheit bei den Maßnahmen.
Dass der Staat für die neuen, frischen Kurse lächerlich geringe Summen zahlt und dass deshalb jede Sprachschule möglichst viele der alten, tendenziell sinnlosen, aber besser bezahlten Arbeitsamts- und Arge-Maßnahmen an Land ziehen muss, das ist eine andere Sache.
Das ist wohl normal, dass bei Reformen immer gleich mit versucht wird, gewohnheitsmäßige Privilegien der jeweils Wehrlosesten abzuschaffen. Wer aber jetzt „Weg von der Agenda 2010 und zurück zu den guten, alten patriarchalen Strukturen!“ fordert, der vergisst, dass er vielleicht diese Strukturen, nie aber die Privilegien zurück bekommen wird.
Zum Papa-Kohl-Sozialstaat führt kein Weg zurück, Gott sei Dank! Was wir dadurch an Freiheit gewinnen, sollten wir festhalten; was wir dadurch an Lebensstandard verlieren, müssen wir wieder einklagen. Wenn mir bloß einer sagen könnte, wie!
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