Samstag, 5. Juni 2021
Naive Freude
damals, 17:50h
Es mag ja naiv sein, aber es erfüllt mich mit Freude, dass in Israel so viele verschiedene, ja gegensätzliche Parteien es geschafft haben, eine Koalition gegen den Irrsinn zu bilden. Und dass es niemandem gelungen ist, einen Bürgerkrieg herbeizubomben.
Überhaupt fand ich - als zugegeben weit Außenstehender - die Rede von der Zwei-Staaten-Lösung schon immer befremdlich: Wie sollen denn zwei (noch dazu seit vielen Jahrzehnten verfeindete) Völker auf einem so winzigen Landstrich zwei Staaten bilden? Das wissen wir doch spätestens seit dem Versuch in Bosnien, dass das nicht funktionieren kann. Ich kann mir eine Lösung des Nahostkonflikts nicht anders vorstellen, als dass alle Bewohner des betreffenden Landstrichs als gleichberechtigte Bürger eines gemeinsamen Staates irgendwie miteinander klarkommen.
Überhaupt fand ich - als zugegeben weit Außenstehender - die Rede von der Zwei-Staaten-Lösung schon immer befremdlich: Wie sollen denn zwei (noch dazu seit vielen Jahrzehnten verfeindete) Völker auf einem so winzigen Landstrich zwei Staaten bilden? Das wissen wir doch spätestens seit dem Versuch in Bosnien, dass das nicht funktionieren kann. Ich kann mir eine Lösung des Nahostkonflikts nicht anders vorstellen, als dass alle Bewohner des betreffenden Landstrichs als gleichberechtigte Bürger eines gemeinsamen Staates irgendwie miteinander klarkommen.
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fritz_,
Samstag, 5. Juni 2021, 18:42
Also Israel - äh - auflösen oder vergrößern? (Nein! - Doch! - Oh!) Übrigens sind ein Fünftel bis ein Viertel der Israelis von Haus aus Araber.
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damals,
Samstag, 5. Juni 2021, 20:32
Eben das meine ich. Warum nicht die restlichen Palästinenser auch noch mit ins Boot holen und dann eben alle rechtlich gleichstellen? Es scheint mir sinnvoller, wenn ein bereits bestehender demokratischer und wirtschaftlich funktionierender Staat halt auf ein paar Regelungen mit rassistischem Geschmäckle verzichtet und im Gegenzug noch ein paar Gebiete samt Bevölkerung dazukriegt, als noch so ein winziges zweigeteiltes und vermutlich nicht lebensfähiges Palästina zu schaffen.
(Als wiedervereinigter Deutscher würde ich bei einer solchen Lösung aber den Tipp geben, dass man dabei nicht unseren Fehler wiederholen sollte: nämlich zu versäumen, die Verfassung des wirtschaftlich dominierenden Teils auch für die Neubürger akzeptabel anzupassen.)
(Als wiedervereinigter Deutscher würde ich bei einer solchen Lösung aber den Tipp geben, dass man dabei nicht unseren Fehler wiederholen sollte: nämlich zu versäumen, die Verfassung des wirtschaftlich dominierenden Teils auch für die Neubürger akzeptabel anzupassen.)
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behrens,
Samstag, 26. Juni 2021, 17:47
Aber meinen Sie, dass dadurch wirklich Frieden herrschen würde? Dann würde doch auch die Hamas mit zu Israel gehören und deren Gründungscharta liest sich wie der Stürmer und strotzt nur so vor Hass gegen die Juden. Für Ihre Idee spricht allerdings wiederum, dass es nicht wenige Araber gibt, die tatsächlich offen zugeben, dass sie lieber unter einer jüdischen als unter einer arabischen Regierung leben. Und was das Zusammenleben der Araber und Juden in Israel betrifft, so war ich bei meinen Israelreisen erstaunt, wie gut dies teilweise funktioniert.
Aber trotzdem - ein Zusammenleben als gleichberechtigte Bürger würde meines Erachtens sowohl an den muslimischen Fundamentalisten als auch an den jüdischen Nationalisten scheitern, bzw. von beiden bekämpft werden.
Aber trotzdem - ein Zusammenleben als gleichberechtigte Bürger würde meines Erachtens sowohl an den muslimischen Fundamentalisten als auch an den jüdischen Nationalisten scheitern, bzw. von beiden bekämpft werden.
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damals,
Montag, 28. Juni 2021, 13:22
Natürlich werden die, die vom Hass leben, nicht erfreut sein, wenn man sie ihrer Existenzgrundlage beraubt. Aber wenn das alles ein Staat gleichberechtigter Bürger wäre, dann wäre das Abschießen von Raketen auf Wohngebiete, das Erschießen randalierender Jugendlicher durch Soldaten und manches andere erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Sicher würden fundamentalistische Gruppierungen nicht aufhören zu existieren, sie könnten aber weniger Unheil anrichten.
Ich bin sicher, dass man Frieden erreichen kann, wenn man nur will, ich bin auch sicher, dass die Bevölkerungsmehrheiten in Israel und Palästina das wollen.
Ich bin sicher, dass man Frieden erreichen kann, wenn man nur will, ich bin auch sicher, dass die Bevölkerungsmehrheiten in Israel und Palästina das wollen.
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fritz_,
Montag, 28. Juni 2021, 14:35
Nehmen Sie es nicht übel. Das sind typisch deutsche Blütenträume. Von Deutschen, die - sinnbildlich - eine zu lange Zeit ihres Lebens damit verbracht haben, Biozigaretten auf Lunge zu rauchen und im Lotussitz Bongos zu trommeln.
Für den Anfang könnte der deutsche Staat aufhören, die Hamas zu finanzieren, die als einziger beteiigter Player ohne Krieg nicht existieren kann.
Als Sahnehäubchen könnten deutsche Qualitäts-Hassbolzen wie ARD und Spiegel sich verkneifen, Standardüberschriften wie "Israel erschießt Jugendlichen" zu verlügen, wenn die korrekte Überschrift wäre "Anschlag auf israelischen Grenzposten, Terrorist konnte gestoppt werden".
Für den Anfang könnte der deutsche Staat aufhören, die Hamas zu finanzieren, die als einziger beteiigter Player ohne Krieg nicht existieren kann.
Als Sahnehäubchen könnten deutsche Qualitäts-Hassbolzen wie ARD und Spiegel sich verkneifen, Standardüberschriften wie "Israel erschießt Jugendlichen" zu verlügen, wenn die korrekte Überschrift wäre "Anschlag auf israelischen Grenzposten, Terrorist konnte gestoppt werden".
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damals,
Dienstag, 29. Juni 2021, 09:11
Um mal im Sinnbild zu bleiben: ohne Blütenträume keine Früchte. Sicherlich wird nicht aus jeder Blüte eine Frucht, nicht aus jeder Friedensbemühung ein Frieden - aber wenn es nichtmal Friedensbemühungen gibt, dann ist halt sicher, dass es keinen Frieden gibt ... na ja, so hat eben jeder seine Feindbilder: Ihre offenbar friedliebende Hippies, meine eher die sogenannten knallharten Realisten, denen es mit messerscharfer Logik und einer Fülle sogenannter Fakten immer gelingt nachzuweisen, dass friedliche Einigungen nicht möglich sind ...
Aber mal im Ernst: Dass die Hamas ein existenzielles Interesse am Krieg hat, darin stimmen wir offenbar überein. Aber da gibt es doch noch mehr. Nach den Ereignissen der letzten Jahre lässt es sich z.B. kaum leugnen, dass auch der vorige Präsident Israels ein ebensolches Interesse hatte. Und Itzak Rabin wurde auch nicht gerade von der Hamas erschossen.
Die erschossenen Jugendlichen meinte ich wirklich im Plural, und es ist wohl kaum glaubhaft, dass die alle Terroristen waren (also Leute, die organisiert Terrorakte vorbereitet oder durchgeführt haben). Und im Übrigen pflegen demokratische Staaten Terroristen durch Verhaftung und Verurteilung zu stoppen, nicht durch Erschießen. Dieses Vorgehen lässt sich nur legitimieren, indem man den Konflikt als Krieg imaginiert (was bei beiden Konfliktparteien leider viele tun, aber da sind wir eben wieder beim Punkt ...)
Was die von Ihnen erwähnte "Finanzierung der Hamas" betrifft, da frage ich mich, wo die Unterstützung einer notleidenden Bevölkerung in Gaza aufhört und wo die Finanzierung der Hamas anfängt (zumal ja nicht nur "der deutsche Staat", sondern auch "der israelische Staat" an dieser Finanzierung beteiligt war). Wenn man in solchen Grauzonen argumentiert, kann man auch behaupten, dass Elliott Abrams den Erfolg der Hamas organisiert hat. Aber da wären wir schon wieder in der gegenseitigen Schuldzuweisung, und tut mir leid: das ist das erste, was aufhören muss, damit nur irgendwas besser wird.
Ich bin nämlich ganz gern Deutscher, und ich finde nicht, dass es uns zu gut geht, nur weil wir die Folgen des vorigen Krieges grade mal überwunden haben (in meiner Familie hat er genug Leid angerichtet, in Ihrer sicher auch). Und wenn man historisch noch ein bisschen weiter zurückgeht, da gab es hierzulande einen noch schlimmeren, weil 30 Jahre langen Krieg, der ganze Landstriche entvölkerte. Beendet wurde der durch zehn Jahre lange zähe Verhandlungen. Die muss man wollen und die muss man durchstehen. Anders gehts nicht.
Aber mal im Ernst: Dass die Hamas ein existenzielles Interesse am Krieg hat, darin stimmen wir offenbar überein. Aber da gibt es doch noch mehr. Nach den Ereignissen der letzten Jahre lässt es sich z.B. kaum leugnen, dass auch der vorige Präsident Israels ein ebensolches Interesse hatte. Und Itzak Rabin wurde auch nicht gerade von der Hamas erschossen.
Die erschossenen Jugendlichen meinte ich wirklich im Plural, und es ist wohl kaum glaubhaft, dass die alle Terroristen waren (also Leute, die organisiert Terrorakte vorbereitet oder durchgeführt haben). Und im Übrigen pflegen demokratische Staaten Terroristen durch Verhaftung und Verurteilung zu stoppen, nicht durch Erschießen. Dieses Vorgehen lässt sich nur legitimieren, indem man den Konflikt als Krieg imaginiert (was bei beiden Konfliktparteien leider viele tun, aber da sind wir eben wieder beim Punkt ...)
Was die von Ihnen erwähnte "Finanzierung der Hamas" betrifft, da frage ich mich, wo die Unterstützung einer notleidenden Bevölkerung in Gaza aufhört und wo die Finanzierung der Hamas anfängt (zumal ja nicht nur "der deutsche Staat", sondern auch "der israelische Staat" an dieser Finanzierung beteiligt war). Wenn man in solchen Grauzonen argumentiert, kann man auch behaupten, dass Elliott Abrams den Erfolg der Hamas organisiert hat. Aber da wären wir schon wieder in der gegenseitigen Schuldzuweisung, und tut mir leid: das ist das erste, was aufhören muss, damit nur irgendwas besser wird.
Ich bin nämlich ganz gern Deutscher, und ich finde nicht, dass es uns zu gut geht, nur weil wir die Folgen des vorigen Krieges grade mal überwunden haben (in meiner Familie hat er genug Leid angerichtet, in Ihrer sicher auch). Und wenn man historisch noch ein bisschen weiter zurückgeht, da gab es hierzulande einen noch schlimmeren, weil 30 Jahre langen Krieg, der ganze Landstriche entvölkerte. Beendet wurde der durch zehn Jahre lange zähe Verhandlungen. Die muss man wollen und die muss man durchstehen. Anders gehts nicht.
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damals,
Sonntag, 5. Februar 2023, 14:19
Späte Genugtuung: Dass ich natürlich nicht der erste war, der diese naheliegende Idee hatte - der israelische Philosoph Omri Boehm hat sie 2020 in dem Buch "A future for Israel: beyond the two-state solution" dargelegt.
Siehe hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Omri_Boehm
Ich selbst bin in einem sehr lesenswerten Interview in der Online-Zeitung republik.ch drauf gestoßen:
https://www.republik.ch/2021/05/29/ein-gemeinsamer-binationaler-staat-ich-nenne-ihn-die-haifa-republik
Siehe hier
https://de.wikipedia.org/wiki/Omri_Boehm
Ich selbst bin in einem sehr lesenswerten Interview in der Online-Zeitung republik.ch drauf gestoßen:
https://www.republik.ch/2021/05/29/ein-gemeinsamer-binationaler-staat-ich-nenne-ihn-die-haifa-republik
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arboretum,
Donnerstag, 31. Oktober 2024, 10:33
Ich weiß nicht, was Sie glauben lässt, ein gemeinsamer Staat ("Haifa Republik") würde den Terror der Hamas "erschweren". Die Hamas und ihre Anhänger:innen wollen dezidiert überhaupt keinen israelischen Staat, sondern nur einen palästinensischen. Eine "Haifa Republik", in der auch Juden leben, ist für die nicht akzeptabel, Hamas will sie wie eh und je "ins Meer treiben". Mit denen ist kein vernünftiger Staat zu machen, sonst hätten sie ihn bereits. Und mit denjenigen unter den Palästinenser:innen, die seinerzeit die Terroranschläge vom 9.11.2001 und die Entführung lebender und toter Geiseln (Shani Louk) am 7.10.2023 auf der Straße feierten, vielleicht auch nicht.
Als sich Israel 2005 aufgrund des Sharon-Plans vollständig aus dem Gazastreifen zurückzog und alle israelischen Siedlungen dort auflöste, blieben etwa die Hälfte aller Gewächshäuser intakt zurück. Palästinenser hatten nichts Besseres zu tun, das Gebiet zu plündern und 800 der noch 4.000 Gewächshäuser so zu zerstören, dass sie unbrauchbar waren. Oh, und natürlich hatte die Hamas und Hizbollah auch nichts Besseres zu tun, als Israel weiterhin mit tausenden von Raketen zu beschießen.
Aus einem NTV-Interview mit dem Politologen Jonathan Rynhold zehn Jahre nach dem israelischen Abzug aus Gaza:
"Für die Palästinenser war der Abzug eine große Chance, den Israelis zu zeigen: Wenn ihr abzieht, werden die Dinge besser. Das haben sie komplett verbockt. Sie können Israel von Gaza aus Schmerzen zufügen, aber sie haben ihre Aussicht auf die Schaffung eines palästinensischen Staates auf diesem Weg nicht um einen Zentimeter vorangebracht. Wenn sie in Gaza vorgemacht hätten, dass Israel von einem palästinensischen Staat nichts zu befürchten hat, wäre das ein gigantischer Fortschritt gewesen, geradezu revolutionär! Dass sie das nicht einmal in Erwägung gezogen haben, ist eine Tragödie."
Als sich Israel 2005 aufgrund des Sharon-Plans vollständig aus dem Gazastreifen zurückzog und alle israelischen Siedlungen dort auflöste, blieben etwa die Hälfte aller Gewächshäuser intakt zurück. Palästinenser hatten nichts Besseres zu tun, das Gebiet zu plündern und 800 der noch 4.000 Gewächshäuser so zu zerstören, dass sie unbrauchbar waren. Oh, und natürlich hatte die Hamas und Hizbollah auch nichts Besseres zu tun, als Israel weiterhin mit tausenden von Raketen zu beschießen.
Aus einem NTV-Interview mit dem Politologen Jonathan Rynhold zehn Jahre nach dem israelischen Abzug aus Gaza:
"Für die Palästinenser war der Abzug eine große Chance, den Israelis zu zeigen: Wenn ihr abzieht, werden die Dinge besser. Das haben sie komplett verbockt. Sie können Israel von Gaza aus Schmerzen zufügen, aber sie haben ihre Aussicht auf die Schaffung eines palästinensischen Staates auf diesem Weg nicht um einen Zentimeter vorangebracht. Wenn sie in Gaza vorgemacht hätten, dass Israel von einem palästinensischen Staat nichts zu befürchten hat, wäre das ein gigantischer Fortschritt gewesen, geradezu revolutionär! Dass sie das nicht einmal in Erwägung gezogen haben, ist eine Tragödie."
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damals,
Samstag, 2. November 2024, 23:06
Was mich das glauben lässt? Nun, genau das, was Sie in Ihrem Post beschreiben: Sie schreiben es doch selbst, dass die Hamas nicht nur keinen israelischen Staat und auch keine Haifa-Republik will, dass sie den Konflikt braucht, je schlimmer, desto besser für sie (so kalkulieren Terrororganisationen nunmal): Das Leid der palästinensichen Bevölkerung ist eine Überlebensbedingung für die Hamas, sie muss dieses Leid der eigenen Landsleute immer lebendig halten und wenn möglich vergrößern. Insofern leuchtet doch unmittelbar ein, dass die Bevölkerung von Gaza mehrheitlich ein anderes Interesse als die Hamas hat. Ein gemeinsamer Staat der Juden und Palästinenser würde die Hamas sicher nicht verschwinden lassen, aber die Unterstützung durch die palästinensiche Bevölkerung würde doch sehr schnell abnehmen.
Menschen - und da machen Palästinenser keine Ausnahme, schließlich gehören auch sie dieser Gattung an - wollen in aller Regel in Frieden leben.
Menschen, "mit denen kein vernünftiger Staat zu machen ist", gibt es in jedem Volk, und in Kriegs- und Krisengebieten ist ihre Zahl meist besonders hoch, aber auch da ist es nie die Mehrheit.
Menschen - und da machen Palästinenser keine Ausnahme, schließlich gehören auch sie dieser Gattung an - wollen in aller Regel in Frieden leben.
Menschen, "mit denen kein vernünftiger Staat zu machen ist", gibt es in jedem Volk, und in Kriegs- und Krisengebieten ist ihre Zahl meist besonders hoch, aber auch da ist es nie die Mehrheit.
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