Mittwoch, 24. August 2011
Die Midlife-Frage
damals, 00:41h
Es gibt Tage, da ist es wie Zur-Ruhe-Kommen. Abends zu Hause ist es still, sogar kuschelig. Die beruflichen Dinge am Tage gelingen, alles andere als außerordentlich, mit Berufung hat das nichts zu tun, sie funktionieren einfach. Die Angst- und Panikanfälle, natürlich bleiben sie nicht aus, aber sie sind schnell erledigt: ein kleines Schluchzen unter der Dusche, sich mal schnell unbemerkt vor den Kopf schlagen – sie kommen einem selber lächerlich vor.
Was bleibt, ist die merkwürdige Leere, die Abwesenheit von Hitze und Leidenschaft, wofür auch immer. Ich habe viele Jahre vertrödelt mit einer nicht enden wollenden Jugend, ich wurde beinahe vierzig, ehe ich begriff, dass ich anfangen sollte, mein Leben zu ordnen. Ich ließ die Träume fahren und machte mich ans Aufräumen. Was bitter nötig war, ersetzte die Lebensaufgabe. Jetzt, wo sich die Dinge zu klären beginnen, das Chaos weicht, ich weiß selbst nicht, warum und womit ich das verdient habe, jetzt wird die Leere sichtbar. Die Lebensmitte ist überschritten, die Aufgaben laufen weiter und lassen wenig Zeit übrig. Das bisschen an Jahren und Stunden, was bleibt, würde gerade für ein spießiges Hobby reichen. Aber dafür bin ich mir dann auch zu schade. Die Frage ist: Was tut man so lange, bis es vorbei ist? Ich meine, dass vielleicht ja die Eltern irgendwann Pflegefälle werden, damit man wieder zu tun hat, das ist ja auch keine Lösung.
... und so paddelt man halt weiter.
Was bleibt, ist die merkwürdige Leere, die Abwesenheit von Hitze und Leidenschaft, wofür auch immer. Ich habe viele Jahre vertrödelt mit einer nicht enden wollenden Jugend, ich wurde beinahe vierzig, ehe ich begriff, dass ich anfangen sollte, mein Leben zu ordnen. Ich ließ die Träume fahren und machte mich ans Aufräumen. Was bitter nötig war, ersetzte die Lebensaufgabe. Jetzt, wo sich die Dinge zu klären beginnen, das Chaos weicht, ich weiß selbst nicht, warum und womit ich das verdient habe, jetzt wird die Leere sichtbar. Die Lebensmitte ist überschritten, die Aufgaben laufen weiter und lassen wenig Zeit übrig. Das bisschen an Jahren und Stunden, was bleibt, würde gerade für ein spießiges Hobby reichen. Aber dafür bin ich mir dann auch zu schade. Die Frage ist: Was tut man so lange, bis es vorbei ist? Ich meine, dass vielleicht ja die Eltern irgendwann Pflegefälle werden, damit man wieder zu tun hat, das ist ja auch keine Lösung.
... und so paddelt man halt weiter.
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nightly,
Mittwoch, 31. August 2011, 04:56
ein jegliches hat seine zeit.
sicher auch der sturm und die ruhe.
warum sind vierzig jahre jugend vertrödelte zeit?
sicher auch der sturm und die ruhe.
warum sind vierzig jahre jugend vertrödelte zeit?
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amakea,
Mittwoch, 31. August 2011, 13:21
Wenn die vierzig Jahre ausgekostet und gelebt waren, ist es doch schön zur Ruhe kommen zu können. Man sollte die noch kommenden Jahre aber füllen...mit was auch immer einem Spaß macht.
Schöne Worte, die ich selbst leider noch nie beherzigen konnte. Als Theoretikerin bin ich aber klasse.
Schöne Worte, die ich selbst leider noch nie beherzigen konnte. Als Theoretikerin bin ich aber klasse.
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sturmfrau,
Mittwoch, 31. August 2011, 13:36
Ich überlege schon, seit Sie diesen Eintrag veröffentlicht haben, was ich wohl darauf antworten sollte, und antworten möchte ich gern. Dieses Gefühl, Zeit vergeudet zu haben, kenne ich sehr gut. Es ist aber nicht das Resultat tatsächlich vertaner Zeit, sondern einer verzerrten Bewertung derselben. Ihr Leben verlangt lediglich, dass Sie es Ihnen selbst gemäß leben. Sagt sich einfach, das ist mir klar.
Vielleicht wäre es ein Anfang, nicht unter der Dusche zu schluchzen sondern anderswo, und zu versuchen, das selbst nicht lächerlich zu finden. Denn das sind Sie, und Sie sind so wenig lächerlich wie sonst irgendwer auch. Wenn Ihnen das Schluchzen, die Angst oder jedes andere Gefühl die Kehle hochkriecht, dann sind Sie das eben in dem Moment. Erst das Beiseitewischen dieser Gefühle erzeugt die Leere, die sie beobachten. Betrachten Sie es als Entdeckungsreise ins eigene Ich, die auch bisweilen abenteuerlich, ungewiss und gefährlich ist. Dazu haben Sie mit etwas Glück noch viel Zeit, und langweilig wird das gewiss nicht.
Vielleicht wäre es ein Anfang, nicht unter der Dusche zu schluchzen sondern anderswo, und zu versuchen, das selbst nicht lächerlich zu finden. Denn das sind Sie, und Sie sind so wenig lächerlich wie sonst irgendwer auch. Wenn Ihnen das Schluchzen, die Angst oder jedes andere Gefühl die Kehle hochkriecht, dann sind Sie das eben in dem Moment. Erst das Beiseitewischen dieser Gefühle erzeugt die Leere, die sie beobachten. Betrachten Sie es als Entdeckungsreise ins eigene Ich, die auch bisweilen abenteuerlich, ungewiss und gefährlich ist. Dazu haben Sie mit etwas Glück noch viel Zeit, und langweilig wird das gewiss nicht.
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damals,
Donnerstag, 1. September 2011, 01:22
Ja, natürlich hat es mit dem Wegwischen der Gefühle zu tun, liebe Sturmfrau. Und lächerlich sind die Gefühle auch nicht, nur - fehl am Platze. Die Angst entzündet sich bei mir derzeit immer am total falschen Objekt, und wo sie eigentlich hingehört, das ist mir noch nicht klar. Es dauert immer viel zu lange, bis ich die Sachen verstehe.
Genau so ist es mit den 40 Jahren Jugend - die waren nämlich gar nicht voll gelebt und ausgekostet, die letzten zehn Jahre davon hatte ich schon gar keine Lust mehr auf Jugend (ich erinnere mich an meinen 30. Geburtstag, den ich zweigeteilt feierte: im Haus meiner Eltern mit alten Ost-Freunden, mit denen ich mir nicht mehr viel zu sagen hatte, und an meinem Studienort mit jüngeren Kommilitonen, Bier und Fußball-Gesprächen - ich kam mir auf beiden Partys etwas fremd vor), nur wusste ich nicht, wie ich da rauskomme, und vor allem, wohin ich überhaupt rauswill.
Ehrlich gesagt, weiß ich es jetzt immer noch nicht, eben weil ich meine Gefühle nicht immer vollständig präsent habe. Aber wer kann schon aus seiner Haut?
Genau so ist es mit den 40 Jahren Jugend - die waren nämlich gar nicht voll gelebt und ausgekostet, die letzten zehn Jahre davon hatte ich schon gar keine Lust mehr auf Jugend (ich erinnere mich an meinen 30. Geburtstag, den ich zweigeteilt feierte: im Haus meiner Eltern mit alten Ost-Freunden, mit denen ich mir nicht mehr viel zu sagen hatte, und an meinem Studienort mit jüngeren Kommilitonen, Bier und Fußball-Gesprächen - ich kam mir auf beiden Partys etwas fremd vor), nur wusste ich nicht, wie ich da rauskomme, und vor allem, wohin ich überhaupt rauswill.
Ehrlich gesagt, weiß ich es jetzt immer noch nicht, eben weil ich meine Gefühle nicht immer vollständig präsent habe. Aber wer kann schon aus seiner Haut?
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sturmfrau,
Donnerstag, 1. September 2011, 11:00
Aber wer kann schon aus seiner Haut?
Das kann niemand. Es wäre aber auf jeden Fall schon ein Fortschritt, es nicht zu wollen.
Wie fehl am Platze Ihre Gefühle sind, darüber haben Sie als einziger Mensch die Deutungshoheit, das dürfen Sie nicht vergessen. Aber ich weiß selbstverständlich auch, dass das alles ein Prozess ist, der kompliziert und einem persönlich manches Mal auch viel zu schwerfällig ist. Es lohnt sich trotzdem, sich hineinzubegeben. Geben Sie bitte nicht auf.
Das kann niemand. Es wäre aber auf jeden Fall schon ein Fortschritt, es nicht zu wollen.
Wie fehl am Platze Ihre Gefühle sind, darüber haben Sie als einziger Mensch die Deutungshoheit, das dürfen Sie nicht vergessen. Aber ich weiß selbstverständlich auch, dass das alles ein Prozess ist, der kompliziert und einem persönlich manches Mal auch viel zu schwerfällig ist. Es lohnt sich trotzdem, sich hineinzubegeben. Geben Sie bitte nicht auf.
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september-blogger,
Sonntag, 18. September 2011, 21:50
Mut
Traurig. Schöner Text.
Schön traurig.
Kein Mut zum Risiko?!
Schön traurig.
Kein Mut zum Risiko?!
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damals,
Montag, 5. Dezember 2011, 18:00
Man kann dasselbe natürlich auch positiv formulieren
Vielleicht ist Glück einfach die Abwesenheit von Unglück und wenn das Leben so leise vorbeizieht, dass man es kaum spürt – so wie guter Sex nichts als ein Funktionieren ist, das einfach abläuft ohne die üblichen Störungen, man muss sich nur hingeben, oder wie eine gute Reise die ist, bei der man gemütlich im Sessel sitzt, die Beine ausgestreckt, und kaum merkt, dass der Waggon durch die Nacht saust. Allerdings: Einmal zum Speisewagen gehen, das muss schon sein, damit man das Schaukeln im Gang richtig mitkriegt, und das Getöse beim Übergang zwischen den Wagen muss man schon hören. Ein bisschen muss ich Angst haben vor meiner Lust und auch vor ihrer – sonst macht es keinen Spaß. Wären die Abgründe nicht, gäb es kein Glück. So aber, wenn draußen im Laternenlicht der schrecklich öde Bahnhof von Wittenberge vor sich hin dämmert, da schmeckt mir der Kaffee gut im ICE.
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froschfilm,
Montag, 16. Januar 2012, 16:44
Schöne Blogeinträge zu schreiben ist doch gar kein spießiges, sondern ein schönes Hobby.
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