Freitag, 26. Februar 2010
Kleine Idiotien des Alltags
damals, 15:28h
Ich habe heute wieder "Orientierungskurs" unterrichtet, die Vorbereitung auf den Politiktest, den kleinen Bruder des berühmten Einbürgerungstests. Was das für ein Blödsinn ist! 30% der Fragen sind völlig irrelevant, weitere 30 % versteht man nur, wenn man eh schon in der deutschen Sprache und Kultur orientiert ist. Zum Thema "Religöse Vielfalt" gibt es z. B. fünf Fragen - eine zur Religionsfreiheit und vier zum Christentum. Ähnlich spießig sind die Fragen zur Politik ("Was bedeutet die Abkürzung CSU in Deutschland?") und auch viele der historischen Fragen: "Wie waren die Besatzungszonen Deutschlands nach 1945 verteilt?"
Es ist mir peinlich vor meinen Schülern, die ja vor wenigen Monaten noch Analphabeten waren - und auch jetzt noch recht holperig lesen. Heute morgen auf dem Fahrrad hab ich mir einen Lesetext mit möglichst vielen der idiotisch schweren Politikwörter ausgedacht, der beginnt so: "Deutschland ist eine Demokratie. Es gibt seinen Bürgern viele Freiheiten. Auch für die Einwohner ohne deutsche Staatsangehörigkeit gelten die demokratischen Regeln. Leider haben diese Regeln meistens komplizierte Namen. Das ist so, weil die Juristen und Beamten eindeutige Begriffe für die Regeln festlegen müssen. Manche Beamte lieben diese Begriffe mehr als die demokratischen Regeln. Deshalb muss jeder Ausländer im Orientierungskurs lernen, was der Unterschied zwischen Bundesversammlung und Bürgerversammlung ist."
Es ist mir peinlich vor meinen Schülern, die ja vor wenigen Monaten noch Analphabeten waren - und auch jetzt noch recht holperig lesen. Heute morgen auf dem Fahrrad hab ich mir einen Lesetext mit möglichst vielen der idiotisch schweren Politikwörter ausgedacht, der beginnt so: "Deutschland ist eine Demokratie. Es gibt seinen Bürgern viele Freiheiten. Auch für die Einwohner ohne deutsche Staatsangehörigkeit gelten die demokratischen Regeln. Leider haben diese Regeln meistens komplizierte Namen. Das ist so, weil die Juristen und Beamten eindeutige Begriffe für die Regeln festlegen müssen. Manche Beamte lieben diese Begriffe mehr als die demokratischen Regeln. Deshalb muss jeder Ausländer im Orientierungskurs lernen, was der Unterschied zwischen Bundesversammlung und Bürgerversammlung ist."
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frankh,
Freitag, 26. Februar 2010, 15:36
Da fällt mir ein, wie wir mal im Studium gefragt wurden, was ein SEV (gemeint war ein Sekundärelektronenvervielfacher) sei. Kam prompt die Antwort eines Kommilitonen: Schienenersatzverkehr.
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damals,
Sonntag, 28. Februar 2010, 20:52
Ungefähr so war die Antwort von A. aus Ghana, als ich fragte, wo denn nun der Unterschied zwischen Bürgerversammlung und Bundesversammlung ist. "Also, Bürgerversammlung, das sind so normale, na eben die Bürgerschaft - und die Bundesversammlung sind die in Berlin." Womit er Sprachgefühl bewies und auch in der Sache Recht hatte - auf der bürokratischen Ebene der Begrifflichkeiten aber dennoch falsch lag: weil "Bürgerschaft" ja wiederum das Parlament in Hamburg ist. Inwiefern das Lernen dieser Benennungen aber zur Integration in die deutsche Demokratie verhelfen soll, ist mir weiter unklar.
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