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Donnerstag, 3. Juli 2008
Aufarbeitung mentaler Defizite
damals, 00:36h
Als ich Kind war, wohnte ich in Potsdam und der Heilige See lag keine 200m zu unserm Zuhause entfernt. Natürlich gingen wir im Sommer baden.
Wir wohnten auf der Parkseite des Sees und hatten die Wahl: entweder verbotenerweise einfach innerhalb des Parks ins Wasser zu gehen – dann aber Vorsicht vor der „Parkeule“ und die Sachen möglichst im Gebüsch versteckt – oder die Benutzung der öffentlichen Badestelle am Parkausgang, wo es kein Gras gab, stattdessen pubertierende Jugendliche, vor denen man natürlich Angst hatte.
Die jährlich zu absolvierende Mutprobe bestand darin, einmal über den See zu schwimmen. Weg von den Jugendlichen, über den weiten, tiefen See. Am andern Ufer gab es Wassergrundstücke mit Bootsstegen, auf denen man sich vor dem Rückweg stolz und frierend ausruhen konnte. Mutprobe übrigens nicht nur wegen der Entfernung, sondern auch weil der See stank. Wasserschlucken machte keinen Spaß.
Später kam ich dann selber in die Pubertät, was bis Mitte Zwanzig andauerte und meinen Aktionsradius erweiterte: Ich habe dann in vielen branden- und mecklenburgischen Seen gebadet, und überall traf ich wieder auf dieselben zwei Probleme: die Jugendlichen lärmten und die Seen stanken.
Dann kam das Jahr 1989 und ich wurde erwachsen. Ich ging nach Westdeutschland – Günter Jauch und seinesgleichen kauften sich Villen am Heiligen See.
Jetzt wohne ich in Hamburg, im biederen Bahrenfeld, und radle jeden Morgen an der einen Seite in die reichen Viertel an der Alster rein und an der anderen Seite wieder raus. Nachmittags den gleichen Weg wieder zurück, und wenn ich Zeit und Muße hab, nehm den Weg an der schönen Aussicht - nein, natürlich französisch, wie mans für vornehm hielt, als die Straße bebaut wurde: an der Bellevue entlang, der zwei Minuten länger dauert.
Und da passierte es, gestern, als ich an den Joggern und Seglern vorbeifuhr: Der vertraute Geruch zog mir wieder in die Nase – die Alster stank, nicht anders als eben ein x-beliebiger Binnensee in der deutschen Provinz stinkt.
Und zu Hause – Kinderlärm: Mein Sohn war mit den „großen Jungs“ unten im Vorgarten der Nachbarn unterwegs. Nun sind die zwischen vier und zehn und pubertieren noch lange nicht. Aber unsere Nachbarn – sie Hippie und er Albaner – verwandeln jetzt schon ihren Vorgarten in ein lautes Paradies: mit Plantschbecken, Grill und Kicker, ungeachtet der Straßenkreuzung, von der aus ihnen das ganze Viertel zuguckt. Und die Haustür ist seit Wochen tagsüber nicht mehr abgeschlossen. Dass manchmal Fahrräder geklaut werden, nun, damit muss man leben.
Also, wenn das so ist, wenn die Alster stinkt und Bahrenfeld lebt, dann soll mein Kleiner in die Pubertät kommen und die Nachbarjungen auch: Ich freu mich drauf.
Wir wohnten auf der Parkseite des Sees und hatten die Wahl: entweder verbotenerweise einfach innerhalb des Parks ins Wasser zu gehen – dann aber Vorsicht vor der „Parkeule“ und die Sachen möglichst im Gebüsch versteckt – oder die Benutzung der öffentlichen Badestelle am Parkausgang, wo es kein Gras gab, stattdessen pubertierende Jugendliche, vor denen man natürlich Angst hatte.
Die jährlich zu absolvierende Mutprobe bestand darin, einmal über den See zu schwimmen. Weg von den Jugendlichen, über den weiten, tiefen See. Am andern Ufer gab es Wassergrundstücke mit Bootsstegen, auf denen man sich vor dem Rückweg stolz und frierend ausruhen konnte. Mutprobe übrigens nicht nur wegen der Entfernung, sondern auch weil der See stank. Wasserschlucken machte keinen Spaß.
Später kam ich dann selber in die Pubertät, was bis Mitte Zwanzig andauerte und meinen Aktionsradius erweiterte: Ich habe dann in vielen branden- und mecklenburgischen Seen gebadet, und überall traf ich wieder auf dieselben zwei Probleme: die Jugendlichen lärmten und die Seen stanken.
Dann kam das Jahr 1989 und ich wurde erwachsen. Ich ging nach Westdeutschland – Günter Jauch und seinesgleichen kauften sich Villen am Heiligen See.
Jetzt wohne ich in Hamburg, im biederen Bahrenfeld, und radle jeden Morgen an der einen Seite in die reichen Viertel an der Alster rein und an der anderen Seite wieder raus. Nachmittags den gleichen Weg wieder zurück, und wenn ich Zeit und Muße hab, nehm den Weg an der schönen Aussicht - nein, natürlich französisch, wie mans für vornehm hielt, als die Straße bebaut wurde: an der Bellevue entlang, der zwei Minuten länger dauert.
Und da passierte es, gestern, als ich an den Joggern und Seglern vorbeifuhr: Der vertraute Geruch zog mir wieder in die Nase – die Alster stank, nicht anders als eben ein x-beliebiger Binnensee in der deutschen Provinz stinkt.
Und zu Hause – Kinderlärm: Mein Sohn war mit den „großen Jungs“ unten im Vorgarten der Nachbarn unterwegs. Nun sind die zwischen vier und zehn und pubertieren noch lange nicht. Aber unsere Nachbarn – sie Hippie und er Albaner – verwandeln jetzt schon ihren Vorgarten in ein lautes Paradies: mit Plantschbecken, Grill und Kicker, ungeachtet der Straßenkreuzung, von der aus ihnen das ganze Viertel zuguckt. Und die Haustür ist seit Wochen tagsüber nicht mehr abgeschlossen. Dass manchmal Fahrräder geklaut werden, nun, damit muss man leben.
Also, wenn das so ist, wenn die Alster stinkt und Bahrenfeld lebt, dann soll mein Kleiner in die Pubertät kommen und die Nachbarjungen auch: Ich freu mich drauf.
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