Mittwoch, 21. August 2024
Ein Zitat ...
... aus der täglichen Lektüre, da ich grad sonst nichts zu sagen habe.

Ich lese gerade "Die Welt von Gestern" von Stefan Zweig - ach, wie schön ist das: so ein gediegener, eleganter Schreibstil von damals, gewürzt mit klein wenig persönlicher Leidenschaft in Form von leichter Übertreibung oder Glättung, wie wenn man bei der Bildbearbeitung die Farb-Sättigung eine Winzigkeit hochdreht - es macht die Erzählung farbiger und nimmt nichts von der Authenzität weg, im Gegenteil.

Eben ein Konservativer von altem Schrot und Korn, der - so weit ist der Rechtsruck der Gesellschaft schon - heute wahrscheinlich locker als Linker durchgeht.

Über das Jahr 1924 schreibt er:

" Um Ludendorff mehr noch als um den damals noch machtlosen Hitler kristallisierte sich schon ganz offenkundig die Gegenrevolution; die Offiziere, denen man die Epauletten abgerissen, organisierten sich zu Geheimbünden; die Kleinbürger, die sich um ihre Ersparnisse betrogen sahen, rückten leise zusammen und stellten sich im Voraus jeder Parole bereit, sofern sie nur Ordnung vesprach. Nichts war so verhängnisvoll für die deutsche Republik wie ihr idealistischer Versuch, dem Volke und selbst ihren Feinden Freiheit zu lassen. Denn das deutsche Volk, ein Volk der Ordnung, wusste nichts mit seiner Freiheit anzufangen und blickte voll Ungeduld aus nach jenen, die sie ihm nehmen sollten."

Mahnende Worte.

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"Nie wieder" ist jetzt?
Jemand in meinem beruflichen Umfeld argumentierte kürzlich, "nie wieder" sei jetzt. Ihren Blog-Beitrag verstehe ich auch so. Eine Frage, die ich habe, ist, wie wir darauf reagieren (oder agieren) sollen, wenn jetzt "nie wieder" ist. Sollen wir mit antifaschistischem Kampf reagieren oder agieren, so wie in den 1920er Jahren - nur dass wir diesmal stärker sind als damals? "Wir sind mehr," heißt es ja auch in vielen Social Media-Profilen. Oder sollten wir diesmal anders reagieren oder agieren, also das Gespräch mit dem Gegenüber, dem Feind, suchen, den Kompromiss mit ihm suchen und deeskalieren, indem wir zum Beispiel in der Öffentlichkeit auf das Gendern verzichten, was jetzt eher symbolisch ist, aber vielleicht nicht ohne Wirkung?

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Die Frage, ob, wie (mit welchen Mitteln) und in welcher Situation mensch gendert, ist meines Erachtens eine kulturelle, keine politische Frage. Von Gender-Ge- oder Verboten halte ich nichts, schließlich ist das eine Frage der persönlichen Höflichkeit, da hat die Duden-Redanktion schon Recht. Daher kann ich ein Verzicht aufs Gendern auch nicht als Deeskalationsangebot verstehen - wenn ich angepöbelt werde, führt Zurückpöbeln ja auch nicht zur Deeskalation.

Es geht um etwas anderes: Eine rechtsradikale oder zumindest von Rechtsradikalen dominierte Partei versucht, staatliche Ämter zu übernehmen, Demokratie zu demontieren. Dagegen müssen alle demokratischen Kräfte gemeinsam angehen. (Das eben war ja in den 1920er Jahren der Fehler, dass da sowohl links bei den Kommunisten als auch rechts bei Schleicher, Hindenburg und Konsorten Einigkeit in dieser entscheidenden Frage fehlte). Wenn Ramelow sagt, dass er selbstverständlich eine Minderheitsregierung der CDU in Thüringen unterstützen würde, ist das genau der richtige Weg, auch Katja Wolf vom BSW denkt schätze ich ähnlich (und mensch kann nur hoffen, dass sie sich da gegen ihre Parteichefin durchsetzt).

Im Übrigen frage ich mich, wieso öffentlich antidemokratisch agierende Personen nicht von der Kandidatur ausgeschlossen werden können und wieso Höcke (der doch auf die Verfassung vereidigt wurde) nicht längst seinen Beamtenstatus verloren hat.

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