Mittwoch, 19. Juni 2024
Wieso Homöopathie und Esoterik gesellschaftlich so unerbittlich kritisiert werden …
… erklärt eine Episode aus meiner aktuellen Lektüre, „Christus kam nur bis Eboli“ von Carlo Levi, in der dieser von seinem Leben als Verbannter und Arzt in einem von der Welt vergessenen Bergdorf im Süditalien der 1930er Jahre berichtet. Ein trotz manchem, bisweilen auch überheblichem Spott vor allem gütiges, einfühlsames Buch, das mir sehr wohl tut.

Hier begegnet der Erzähler altem Amulettzauber: „Anfangs versuchten die Bauern, dies Amulett vor mir zu verstecken und entschuldigten sich beinah, daß sie es trugen; denn sie wußten, daß die Ärzte gewöhnlich diesen Aberglauben verachten und im Namen von Vernunft und Wissenschaft dagegen donnern. Und damit haben sie natürlich völlig recht an Orten, wo Vernunft und Wissenschaft den gleichen magischen Charakter wie die gewöhnliche Magie annehmen können: aber hier sind sie noch keine verehrten Gottheiten, auf die man hört, und sie werden es vielleicht nie sein.

Daher akzeptierte ich das Abracadabra, gab seinem Alter und seiner dunklen, geheimnisvollen Einfachheit die Ehre und war lieber sein Verbündeter als sein Feind; die Bauern waren mir dafür dankbar, und vielleicht gereichte es ihnen tatsächlich zu einigem Nutzen.“

Heute, 90 Jahre später im Zentrum des industrialisierten Europa bedeutet die Attraktivität der alternativen Methoden wohl eher, dass die Magie von Vernunft und Wissenschaft langsam schon wieder zu bröckeln beginnt. Das finde ich sehr bedauerlich. Aber man hält dieses Bröckeln doch nicht auf, indem man auf die Konkurrenten einschlägt!

Wohlstand und effektive, allzeit einsatzbereite Schulmedizin sind sehr viel wert, gerade neulich in der Corona-Krise hätten wir ohne beides ziemlich alt ausgesehen. Noch größeren Wert aber haben Meinungs- und Religionsfreiheit sowie die akzeptierende Begegnung mit dem Nächsten!

Und daher lege ich den Post unter der Rubrik „Politik“ ab.

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