Dienstag, 14. Februar 2012
Der Freitagabend (Rezension zu „The Happening“)
Vor zwei Wochen haben meine Frau und ich uns für dem Freitagabend getrennt: Sie raus in die Welt - mit ihrer besten Freundin ins Kino zu dem Film, den derzeit jeder gesehen haben muss („Ziemlich beste Freunde“); ich blieb in der Drei-Zimmer-Höhle und bekam wie jeden Freitagabend von meinem besten Freund einen herausragenden Spielfilm aus dem Fernsehprogramm der vorigen Woche nach Haus geliefert, um ihn gemeinsam auf dem Beamer zu gucken.
Wir sahen „The Happening“ von M. Night Shyamalan, diesem von den Cineasten und sogar schon vom SPIEGEL geschmähten Regisseur und waren bewegt: ein herrlicher Mainstream-Gruselfilm, der aber (Shyamalans esoterischer Ader sei‘s gedankt) auf die übliche Hollywood-Plattheit verzichtet. Irgendwo im Internet hab ich gelesen, der Regisseur hätte für einen groß angelegten Öko-Thriller keine Produktionsfirma gefunden und wäre daher gezwungen gewesen, das große Thema auf eine private Geschichte zurechtzustutzen. Na, Gott sei Dank! Das Schöne des Films besteht ja gerade darin, dass er eine Menschheitskatastrophe anhand einer kleinen, menschlichen Geschichte erzählt.
Diese ist einfach geradezu simpel: Als mehrere Großstädte an der Ostküste der USA von einem Nervengift lahmgelegt werden, das die Menschen massenweise in den Selbstmord treibt, verzichtet der Regisseur auf eine Gesamtschau, sondern erzählt von einem einzelnen Ehepaar, das aus sich wie alle anderen auf die Flucht begibt. Die beiden sind ein bisschen naiv, ein bisschen spießig und aufgrund ihrer Unreife in einer Ehekrise. So wie sie (gespielt von Zooey Deschanel) eiskalt und verständnislos in die Welt guckt mit ihren bewegungslos stahlblauen Augen, das ist großartig, es erinnert mich an meine Frau, als sie zwanzig war und ich nicht an sie heran kam. Er dazu passend naiv und ebenso ahnungslos aufrichtig. Im Laufe der Flucht übernehmen sie das Kind eines Kollegen (der seine Frau nachholen will, und – natürlich – in den Tod geht), und an ihrer Zuneigung zu diesem Kind wird sie erwachsen, während er von einem alten Gärtner, einer Hippie-Helden-Figur, lernt, dass es nicht Terroristen sind, die da angreifen, sondern die gepeinigten Pflanzen selbst. Tapsig (einmal versucht er, mit einer Plastik-Pflanze zu kommunizieren), aber letztendlich erfolgreich nimmt er die Herausforderung an und versucht, seine kleine Kunstfamilie möglichst gut durch die Gefahr zu bringen. Die drei kommen durch – und man freut sich für sie, auch wenn das unvermeidliche Ende den nächsten Pflanzen-Angriff andeutet.
Ja, ich weiß, das ist kitschig, aber das ist halt mein Kitsch: gegenüber der Natur sind wir im Unrecht, als Einzelindividuen sind wir lächerlich, aber wachsen an den Herausforderungen, das Glück ist vorübergehend und findet sich irgendwo bei Liebe und Vertrauen. Eigentlich doch naheliegend, dass ein großer Mainstream-Kinofilm nach so einer privaten, einfachen Geschichte als Ausgleich verlangt; das wusste schon David Lynch, als er „Eine einfache Geschichte“ drehte. Nur kann ich eben mit dessen Klischees von Männerfreundschaft und „God bless America“ weniger anfangen als mit Shyamalans Mann-Frau-Kind-und-Liebe-Klischee.
Und folgerichtig bin ich eine Woche später am Samstag dann auch mit meiner Frau in „Ziemlich beste Freunde“ gewesen und hab mich total wohl gefühlt. (Auch da gings um Zuneigung und Vertrauen, und das auch noch in französicher Eleganz dargestellt!) Einfach im Zeise-Kino um die Ecke und keine weiteren Ausgehabenteuer, auch keinen Sex, wir sind danach einfach ins Bett gegangen und eingeschlafen. Und im Traum gratulierte mir M. – die uns beide damals vor 25 Jahren kannte und die inzwischen schon längst tot ist – dass ich die verehrte Frau doch noch errungen hab, und ich sagte nur: „Ja, ich bin glücklich.“

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