Mittwoch, 2. Februar 2011
Stimmungsbild vom 31. Januar
damals, 00:20h
Gestern saß ich - firmenintern ausgeliehen – in einem Büro in Auflösung: Die Abteilung schließt zu Ende Januar, die beiden Kollegen gehen (nachdem ihre Arbeitsverträge jahrelang je dreimonatig „projektbezogen“ verlängert wurden – dass sowas überhaupt erlaubt ist!) in wenigen Tagen in die Arbeitslosigkeit. Die Stimmung kann man sich vorstellen, die Tätigkeit auch: Es ist Papierchaos zu ordnen, man vervollständigt Eintragungen und Unterschriften, heftet Zettel ab und versucht irgendwie das Bild einer geordneten „Übergabe“ (Übergabe wohin, an wen?) herzustellen, während man mit den Gedanken woanders ist.
Mein Part war die Korrektur eines Packens von Berichten zur „Biografiearbeit“ – Jugendliche hatten Informationen von alten Menschen in Pflegeheimen gesammelt. Solche Lektüre kann die Stimmung runterziehen, auch ohne die Gesichter der Kollegen und das Grau vorm Fenster. Immerhin war da von Menschen die Rede, die kaum älter als meine Eltern, aber doch schon krank, gebrechlich, am Ende sind. Da die Zeit drängte, las ich die Berichte schnell nacheinander weg, so dass sich die negativen Eindrücke gegenseitig verstärkten und selbst die lustigen Rechtschreibnaivitäten der jungen Autoren (eine Kindheit in Trafel münde, eine Kommode schippen Dill, ...) eher zur Verdeutlichung des tristen Bildes beitrugen. Immer die gleiche Reihenfolge: Krieg, später zu viel Arbeit (im Beruf, im Haushalt), endlich Krankheit und Heim. Nur bei einigen wenigen der Texte leuchtete etwas Positives, Warmes auf und das war, wenn jemand eine gute Ehe geführt hatte. Nirgends wurden Kinder als Grund für das Glück angegeben, manchmal aber der Ehepartner. So sieht es wohl aus, wenn man aufs Leben zurückschaut.
Ich dachte daran, dass auch meins ja schon einigermaßen fortgeschritten ist. Am Morgen im Radio hatten sie angesagt, dass es jetzt ganz offiziell losgeht mit der Maloche im Rentenalter, die wir alle ja schon als feste Zukunftsgröße eingeplant haben. Wird es nie aufhören mit der Ackerei?
Fünf Minuten vor Feierabend klingelte mein Handy, meine Frau rief an (was sie fast nie tut): „Ich hab jetzt meinen ganzen freien Tag lang saubergemacht und aufgeräumt und damals jr. war heut noch gar nicht draußen – wollen wir nicht einfach mal nach Blankenese fahren, wenn du kommst?“ Wir haben das gemacht, sind durchs Treppenviertel gestiefelt (eine Gegend, in der das Hamburger Griesegrau und die frühe Dämmerung noch am besten aussehen), einfach rumgelaufen und auf dem Süllberg die feine Toilette benutzt und wieder zurück gefahren. Später stellte sich heraus, dass diese kleine Flucht auch eine Flucht meiner Frau vor einer stressigen, angstbesetzten Schreibtischarbeit war, sie hat dann spät abends noch ihren nächsten Arbeitstag vorbereitet.
Trotzdem war es richtig. Diese paar Stunden zusammen im Abenddämmer – wenn man nachher zurückblickt, daran wird man sich vermutlich erinnern.
Mein Part war die Korrektur eines Packens von Berichten zur „Biografiearbeit“ – Jugendliche hatten Informationen von alten Menschen in Pflegeheimen gesammelt. Solche Lektüre kann die Stimmung runterziehen, auch ohne die Gesichter der Kollegen und das Grau vorm Fenster. Immerhin war da von Menschen die Rede, die kaum älter als meine Eltern, aber doch schon krank, gebrechlich, am Ende sind. Da die Zeit drängte, las ich die Berichte schnell nacheinander weg, so dass sich die negativen Eindrücke gegenseitig verstärkten und selbst die lustigen Rechtschreibnaivitäten der jungen Autoren (eine Kindheit in Trafel münde, eine Kommode schippen Dill, ...) eher zur Verdeutlichung des tristen Bildes beitrugen. Immer die gleiche Reihenfolge: Krieg, später zu viel Arbeit (im Beruf, im Haushalt), endlich Krankheit und Heim. Nur bei einigen wenigen der Texte leuchtete etwas Positives, Warmes auf und das war, wenn jemand eine gute Ehe geführt hatte. Nirgends wurden Kinder als Grund für das Glück angegeben, manchmal aber der Ehepartner. So sieht es wohl aus, wenn man aufs Leben zurückschaut.
Ich dachte daran, dass auch meins ja schon einigermaßen fortgeschritten ist. Am Morgen im Radio hatten sie angesagt, dass es jetzt ganz offiziell losgeht mit der Maloche im Rentenalter, die wir alle ja schon als feste Zukunftsgröße eingeplant haben. Wird es nie aufhören mit der Ackerei?
Fünf Minuten vor Feierabend klingelte mein Handy, meine Frau rief an (was sie fast nie tut): „Ich hab jetzt meinen ganzen freien Tag lang saubergemacht und aufgeräumt und damals jr. war heut noch gar nicht draußen – wollen wir nicht einfach mal nach Blankenese fahren, wenn du kommst?“ Wir haben das gemacht, sind durchs Treppenviertel gestiefelt (eine Gegend, in der das Hamburger Griesegrau und die frühe Dämmerung noch am besten aussehen), einfach rumgelaufen und auf dem Süllberg die feine Toilette benutzt und wieder zurück gefahren. Später stellte sich heraus, dass diese kleine Flucht auch eine Flucht meiner Frau vor einer stressigen, angstbesetzten Schreibtischarbeit war, sie hat dann spät abends noch ihren nächsten Arbeitstag vorbereitet.
Trotzdem war es richtig. Diese paar Stunden zusammen im Abenddämmer – wenn man nachher zurückblickt, daran wird man sich vermutlich erinnern.
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behrens,
Mittwoch, 6. April 2011, 13:20
Ich arbeite ja - unter anderem - auch mit alten Menschen zusammen. Aber es gibt bei einigen schon auch ein paar glückliche Kindheitserinnerungen. Das sind meist die Momente der Freiheit, die man früher als Kind beim Spielen genoss. Gewiss idealisiert man dabei auch viel, aber eine Kindheit jenseits von Kindergarten, stark befahrenen Straßen und stundenlangem Sitzen vorm Computer hatte eben auch sehr schöne Momente. Mein Vater (Jahrgang 1930) hat unter dem Krieg auch sehr gelitten. Aber er ist in einem kleinen Elbdorf aufgewachsen und hat später noch von den Erinnerungen wie Eislaufen auf dem Brack und Spielen auf den Obstplantagen gezehrt.
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