Donnerstag, 21. Mai 2009
Lehrer zweiter Klasse, Teil 11: Kollegen
Endlich mal wieder „Lehrer zweiter Klasse“, ich hab ja selbst nicht geglaubt, dass ich an diesem Text nochmal weiter schreibe. Und das ist ja auch kein Wunder: Nicht nur inhaltlich ist das Schnee von gestern. Auch meine schriftstellerischen Ambitionen, aus denen heraus ich den Bericht einst begann, sind ja über der Bloggerei sanft entschlafen (wenigstens dafür wars gut, das Bloggen). Aber heute geb ich mirs noch einmal und geh nochmal voll rein in das Jahr 2007, mein erstes Jahr im Lohndumping-Bereich, als ich das alles noch absurd fand.
Astrid Laue also, die Kollegin (die in der hier auftretenden Form natürlich genau so verfremdet und Fiktion ist wie alles andere auch). Von der ich nach drei Tagen schon weiß, dass sie ihren Literatur-Prof. so distanziert angeschwärmt hat, dass ihr am Ende nichts als ein nutzloser Magister-Abschluss davon übrig blieb; dass sie das Erbe ihrer Eltern in eine kleine Eigentumswohnung investiert hat – in einer Stadt, in der es keinen Job gibt für sie, an der Uni schon gar nicht; die ihren Vater hasst für seine rechten Überzeugungen und weil er nicht ihr Vater ist (und ihre Mutter für den Seitensprung); die Herrn D. aus dem Kurs für einen „Faschisten“ hält, weil der ein Macho und Prolet ist und ihr das sehr bekannt vorkommt – und weil er ihr in der Frühstückspause das Handy vom Lehrertisch klaute, um sie zu ärgern. „Aber da kann man doch was tun, da kann man doch die Polizei rufen.“ sag ich, und sie antwortet: „Das haben wir auch getan.“ Die Polizei, fremdenfeindlich und unterbeschäftigt, wie das in der Provinz wohl so ist am Vormittag, fragte nur: „Wie viele Ausländer?“ und erschien zwanzig Mann hoch auf dem Gewerbehof, in dessen Hinterstübchen der Unterricht stattfand. Und natürlich lag dann das Handy plötzlich auf dem Aschenbecher der Raucherecke, als hätte es Astrid selber da vergessen. Nicht anders als in der Schule, damals in der achten Klasse.
Nicht anders als in der Schule auch die Team-Sitzungen, in denen Astrid Laue dann besonderes Interesse an den pädagogischen Einschätzungen der Teilnehmer für die Arge (Hartz-IV-Behörde) zeigte, während Herr Y. (Single, Porschefahrer und Leiter einer kleinen Werkstatt, in der alte Stühle aus den umliegenden Firmen von 1-€-Jobbern für den Schuldienst in Afghanistan aufgemöbelt wurden) mit Vorliebe viertelstundenlang über Arbeitsschutzvorschriften referierte und wie das Unfallbericht-Buch am Verbandskasten korrekt zu führen sei.
Und zwischendurch ich, wie alle anderen auch ein am Höheren Gescheiterter, der sich einfach immer nur stumm wunderte, wo er hier gelandet ist ...

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