Mittwoch, 25. Februar 2009
Zwischenruf im Hass
Zuerst einmal vorausgeschickt, weil ich aus dem Bekanntenkreis angesprochen wurde: Nein, natürlich schreibe ich nicht über meine Firma. Ich schreibe wirklich über damals. Bei meiner jetzigen Firma sind wir zwar auch alle unterbezahlt, aber ein gutes Team. Und wir machen gute Arbeit. Und wenn etwas nicht klappt, und das passiert andauernd, dann liegt es fast immer daran, dass die Zeit nicht reicht (weil zu wenige Leute zu viel tun müssen) und jeder sich kreativ, spontan, ad hoc durch die Probleme des Tages wurstelt und die zeitaufwändige Absprache mit den anderen unterlässt, ja unterlassen muss, weil der Termin-, Zeit-, Finanzierungs-, kurz: der Systemdruck ihn dazu zwingt.
Und ich bin nicht sauer, weil ich jetzt der Loser bin, der sich mit den Migranten und Hartz-IV-Empfängern rumschlagen muss. Ich bin sauer, dass meine Arbeit nicht anerkannt wird (und eine andere Anerkennung als die mit Geld kennt unsere Gesellschaft nun mal nicht). Erwachsenen Menschen das ABC beizubringen, ist schwer, aber wenn es gelingt, ist es etwas Wunderbares. Ich habe keine Lust, in die nächst höhere Sphäre aufzusteigen, die der Coaches, Maßnahmeleiter, Organisierer, der Akquirierer von Fördergeldern. Das Wort "systemische Therapie" ist für mich ein Widerspruch in sich und ein Personaldienstleister nichts anderes als ein Erfüllungsgehilfe der Geldgesellschaft. Irgendjemandem helfen tun diese Systeme nicht.
Mir wird mir einfach viel zu viel organisiert in dieser Gesellschaft. Da schieben die Geld hin und her oder Informationen hin und her, und es ist ganz wichtig, mit irgendwelchen Zinssätzen zu jonglieren oder Briefing und Profiling mit x-beliebig austauschbaren Dingen oder Personen zu betreiben. Aber einer muss doch auch die Arbeit tun!
Und wenn Frau X. aus dem Land Y. in Hamburg ein Straßenschild lesen kann, dann sollen meinetwegen irgendwelche Jobmanager ihr einen Putzjob vermitteln (den sie ohne sie auch finden würde) und irgendwelche Jugendämter ihre Kindergartenkosten prüfen und verwalten (da sie ja sonst ihren Putzjob nicht ausführen könnte) und meinetwegen 23 Bildungsträger sich um die 2.36 € pro Stunde (oder waren es 2,63?) für ihren Deutschunterricht prügeln in ausgefeilten Ausschreibungstexten – dann hab ich meinen Job getan, und diese ganze Sintflut von „Überbau“ (wie es damals gut marxistisch hieß), die soll mir gestohlen bleiben!

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