Sonntag, 24. November 2024
Kürzestrezension: „Glück“ von Jackie Thomae
Wunderbares Buch! (jedenfalls, wenn es zum Schluss nicht noch ganz schlimm wird, ich bin erst zu 2 Dritteln durch) Ich hatte von Thomae schon „Brüder“ gelesen und auch das gemocht, wegen der flotten Sprüche und der treffsicheren Beschreibungen, etwa wie sie als Kennzeichen der 90er beschreibt, dass an völlig unpassender Stelle plötzlich Flipcharts mit Business-Plänen auftauchen …

„Glück“ ist noch besser, ich habe so viel gelacht und wiedererkannt. Natürlich keine Literatur, die man noch in hundert Jahren den Schülern als Thema für Aufsätze geben wird. Das Buch spielt heute und zeigt, wie es heute ist. Thema: Kinderwunsch und Mutterschaft. Dargestellt an ein paar Frauen, die mitsamt ihrer jeweils gesamten Familie bissig-ironisch vorgestellt werden, ohne dass jemals irgendeine Figur zu denunziert wird. Das muss man erstmal hinkriegen! Und die Platitüden, ohne die so ein Buch natürlich nicht auskommt bzw. ohne die es nie das nötige Tempo kriegen würde, die schiebt die Autorin immer schön gehässig einzelnen Figuren in den Mund.

Natürlich ist es mal wieder eine Geschichte aus der oberen Mittelschicht, aber die Autorin weiß das auch und macht sehr deutlich, dass es gesellschaftlich unterhalb, aber auch oberhalb ihrer Figuren sehr viele Menschen gibt, die sehr anders leben. Überhaupt verstecken sich Klugheit und ein enormes Überblickswissen und durchaus auch Ernst unter ihrem fröhlichen Journalisten-Geschnacke.

Kurzum: ein Buch, das glücklich macht.

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Ukrainisches Detail
Schon wieder Politik: Eine Bekannte, sie stammt aus Donezk, erzählte mir, dass Russland hohe Prämien an Russen zahlt, die bereit sind, sich in den besetzten Gebieten der Ostukraine anzusiedeln. Das gab mir zu denken. Ich dachte an die massenhaft entführten Kinder aus der Gegend, die man zur Umerziehung nach Russland verschleppt hat. Offenbar findet hier nach der Installierung russischer Verwaltungsstruktur in diesen Gebieten auch ein ethnische Umsiedlungspolitik statt (nicht viel anders als in den israelisch besetzten Gebieten).

Ich frage mich, wieso die westliche Seite weiter auf Waffenlieferungen und sonst nichts setzt und damit eine Patt-Situation verlängert, die es Russland ermöglicht, Fakten zu schaffen. Seit Monaten gibt es ein brasilianisch-chinesisches Angebot für ein Verhandlungsformat. Das natürlich Risiken birgt, wie es Verhandlungen immer tun. Wieso sind die Ukraine und seine Partner nicht interessiert? Finden sie es besser, wenn der Krieg noch Jahre auf der Stelle tritt, bis die Flüchtlinge aus der Ostukraine sich in anderen Ländern fest etabliert haben, die entführten Kinder in Putin-Russland groß geworden sind und die moskautreuen Neurussen in Donezk und Luhansk einen nennenswerten Bevölkerungsanteil bilden? Dann wird es kein Zurück mehr geben.

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