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Dienstag, 25. Oktober 2022
Der Industrietaucher - Christian Petzold und seine "Undine" neulich im Fernsehen
damals, 16:45h
Ach, dieser Christian Petzold - so klug und so spröde, so voller Sehnsucht nach der Romantik und doch gefangen in zeitgenössisch rationalistischer Ideologie! Da lässt er Undine, die Nixe, als moderne junge Frau, freiberufliche Führerin durch Ideen und Modelle Berliner Stadtgestaltung, auftreten. Sie wird von ihrem Freund verlassen und findet sofort einen neuen, den Industrietaucher Christoph. Der wird dann aber von ihrem Vater, einem dicken Wels aus den Tiefen eines westdeutschen Stausees, bedroht und beinahe zu Tode gebracht - nur indem Undine ihren alten Lover ertränkt, kann sie ihren neuen retten. Sie selbst aber muss zurück ins Wasser. Christoph bindet sich nach ihrem Verschwinden an eine neue Frau. Nur einmal ist er versucht, der immer noch geliebten Undine ins Wasser zu folgen, schreckt aber im letzten Moment zurück und bleibt doch in der banalen Realität.
Das stimmt doch alles hinten und vorne nicht, sagte ich mir, als ich das Geschehen betrachtete. Im Nachhinein jedoch, mit Nachdenken, ergab es auf andere Weise doch auch wieder Sinn, für mich jedenfalls.
Na ja, vielleicht bin ich auch falsch reingerutscht in den Film: diese Anfangsszene, in der Undine ihrem Freund in theaterhaft künstlicher Rede androht, dass sie ihn töten wird, falls er sie verlässt - das erlebte ich keineswegs als romantisches Motiv, nur als überzogene Reaktion einer Dramaqueen. Zu bestätigen schien sich das, als sie sich keine fünf Minuten später leidenschaftlich in den Nächsten verliebte. Die dann folgenden Liebesszenen mit Christoph hab ich dann nur noch als kitschig wahrgenommen: Meine Güte - wenn zwei Menschen sich lieben, wie viel Auf und Ab, wie viel Kreuz und Quer gibt es da, wie interessant und überraschend kann das sein! Aber hier nur die immerselbe Liebesleidenschaft.
Erst mit dem Beinahe-Tod von Christoph wurde der Film für mich wieder interessant. Undines Telefonat mit dem bereits hirntoten Christoph, die Errettung Christophs durch Ertränken des Ex-Lovers - da hat sich mir zwar die Logik nicht so recht erschlossen, aber spannend war es schon. Und wie Undine dann geht und Christoph ihr beinahe, aber dann doch nicht folgt, das war richtig bewegend. Da hab ich richtig mitgebangt und gehofft, dass er es wagt zu gehen, wie einst Anselmus im "Goldenen Topf". Aber Industrietaucher bleibt eben Industrietaucher und wird nimmermehr ein Wassermann. Wie wahrscheinlich auch Petzold selber.
Denn das gewisse Etwas, das den romantischen Motiven des Films so sehr fehlte (diese albernen Unterwasserszenen!), dieses leicht Schräge, die Wirklichkeit Transzendierende, Poetische - das hatte der Film durchaus, nur eben ganz woanders: da, wo Undines gelehrte Monologe über Stadtgestaltung einfach viel zu lange weiterlaufen und die Handlung beiseite drängen. Da war wirklich drängendes Interesse, Herzblut spürbar. Noch gesteigert dadurch, dass Christoph abends auf dem Sofa, anstatt mit ihr zu knutschen, lieber das Referat über das Berliner Stadtschloss hören will - und es auch kriegt.
Und das, obwohl sich Undine gar nicht für das Stadtschloss interessiert, sie hat das Referat nur widerwillig für eine kranke Kollegin übernommen! (Sie ist ja auch eine Nixe, was soll ihr das Stadtschloss?) Richtig klar wurde mir das, als sich im 2. Teil des Films nochmal so ein Stadtgestaltungsmonolog breitmachte, der der professionellen Kollegin. Der war scharf, klar, befasste sich mit Bedeutung des Bodenpreises für das Stadtbild und verwies damit Undines Reden über Stadtschloss oder realsozialistische Bauten in den Bereich des weniger relevanten Kulturgelabers.
Vielleicht liegt es daran, dass es meines Erachtens so richtig romantisch nur werden kann, wo die brennende Sehnsucht besteht, zu den Punkten vorzudringen, an denen es wehtut. Ob ein Mann bereit ist, sich auf Gedeih und Verderb an eine Frau zu binden oder ob er nicht doch lieber mit einer anderen abzieht - das war im 18. Jahrhundert so eine brennende Frage für eine Frau - heute in den Zeiten des schwindenden Patriarchats eben nicht mehr. Und berührt, mich jedenfalls, nicht. Solche eifersüchtigen Wels-Väter aber, die ihre Töchter aus dem Hintergrund überwachen, so dass diese es nur zu einem prekären Job im Berliner Kulturbetrieb bringen, die gibt es durchaus noch. Da wird es spannend. Denn es gibt Teilbereiche der Gesellschaft, in denen das patriarchale System noch funktioniert und das Zusammenleben in einer längst viel moderneren Gesellschaft stört: wo Männer mit Bodenpreisen spekulieren und hre Töchter nicht mitspielen, sondern lieber über Kulturfragen palavern lassen, wo Männer dafür sorgen, dass über die Frage des Bodenpreises geschwiegen (es ist kein Zufall, dass in Petzolds Film eine professionell agierende Frau die Frage anspricht) und lieber über einen oberflächlichen Mietendeckel oder gar die mühsam gefüllte Kopie eines Stadtschlosses diskutiert wird.
Sie sehen, da steckt richtig viel drin in dem Film. Auch wenn es Christian Petzold wieder nicht gelungen ist, richtig abzutauchen in die Poesie. Vielleicht gelingt ihm das ja mit seinem nächsten Film, der soll fast fertig sein.
Das stimmt doch alles hinten und vorne nicht, sagte ich mir, als ich das Geschehen betrachtete. Im Nachhinein jedoch, mit Nachdenken, ergab es auf andere Weise doch auch wieder Sinn, für mich jedenfalls.
Na ja, vielleicht bin ich auch falsch reingerutscht in den Film: diese Anfangsszene, in der Undine ihrem Freund in theaterhaft künstlicher Rede androht, dass sie ihn töten wird, falls er sie verlässt - das erlebte ich keineswegs als romantisches Motiv, nur als überzogene Reaktion einer Dramaqueen. Zu bestätigen schien sich das, als sie sich keine fünf Minuten später leidenschaftlich in den Nächsten verliebte. Die dann folgenden Liebesszenen mit Christoph hab ich dann nur noch als kitschig wahrgenommen: Meine Güte - wenn zwei Menschen sich lieben, wie viel Auf und Ab, wie viel Kreuz und Quer gibt es da, wie interessant und überraschend kann das sein! Aber hier nur die immerselbe Liebesleidenschaft.
Erst mit dem Beinahe-Tod von Christoph wurde der Film für mich wieder interessant. Undines Telefonat mit dem bereits hirntoten Christoph, die Errettung Christophs durch Ertränken des Ex-Lovers - da hat sich mir zwar die Logik nicht so recht erschlossen, aber spannend war es schon. Und wie Undine dann geht und Christoph ihr beinahe, aber dann doch nicht folgt, das war richtig bewegend. Da hab ich richtig mitgebangt und gehofft, dass er es wagt zu gehen, wie einst Anselmus im "Goldenen Topf". Aber Industrietaucher bleibt eben Industrietaucher und wird nimmermehr ein Wassermann. Wie wahrscheinlich auch Petzold selber.
Denn das gewisse Etwas, das den romantischen Motiven des Films so sehr fehlte (diese albernen Unterwasserszenen!), dieses leicht Schräge, die Wirklichkeit Transzendierende, Poetische - das hatte der Film durchaus, nur eben ganz woanders: da, wo Undines gelehrte Monologe über Stadtgestaltung einfach viel zu lange weiterlaufen und die Handlung beiseite drängen. Da war wirklich drängendes Interesse, Herzblut spürbar. Noch gesteigert dadurch, dass Christoph abends auf dem Sofa, anstatt mit ihr zu knutschen, lieber das Referat über das Berliner Stadtschloss hören will - und es auch kriegt.
Und das, obwohl sich Undine gar nicht für das Stadtschloss interessiert, sie hat das Referat nur widerwillig für eine kranke Kollegin übernommen! (Sie ist ja auch eine Nixe, was soll ihr das Stadtschloss?) Richtig klar wurde mir das, als sich im 2. Teil des Films nochmal so ein Stadtgestaltungsmonolog breitmachte, der der professionellen Kollegin. Der war scharf, klar, befasste sich mit Bedeutung des Bodenpreises für das Stadtbild und verwies damit Undines Reden über Stadtschloss oder realsozialistische Bauten in den Bereich des weniger relevanten Kulturgelabers.
Vielleicht liegt es daran, dass es meines Erachtens so richtig romantisch nur werden kann, wo die brennende Sehnsucht besteht, zu den Punkten vorzudringen, an denen es wehtut. Ob ein Mann bereit ist, sich auf Gedeih und Verderb an eine Frau zu binden oder ob er nicht doch lieber mit einer anderen abzieht - das war im 18. Jahrhundert so eine brennende Frage für eine Frau - heute in den Zeiten des schwindenden Patriarchats eben nicht mehr. Und berührt, mich jedenfalls, nicht. Solche eifersüchtigen Wels-Väter aber, die ihre Töchter aus dem Hintergrund überwachen, so dass diese es nur zu einem prekären Job im Berliner Kulturbetrieb bringen, die gibt es durchaus noch. Da wird es spannend. Denn es gibt Teilbereiche der Gesellschaft, in denen das patriarchale System noch funktioniert und das Zusammenleben in einer längst viel moderneren Gesellschaft stört: wo Männer mit Bodenpreisen spekulieren und hre Töchter nicht mitspielen, sondern lieber über Kulturfragen palavern lassen, wo Männer dafür sorgen, dass über die Frage des Bodenpreises geschwiegen (es ist kein Zufall, dass in Petzolds Film eine professionell agierende Frau die Frage anspricht) und lieber über einen oberflächlichen Mietendeckel oder gar die mühsam gefüllte Kopie eines Stadtschlosses diskutiert wird.
Sie sehen, da steckt richtig viel drin in dem Film. Auch wenn es Christian Petzold wieder nicht gelungen ist, richtig abzutauchen in die Poesie. Vielleicht gelingt ihm das ja mit seinem nächsten Film, der soll fast fertig sein.
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