Donnerstag, 25. Februar 2021
Im Zweifel für die Gewalt
Dass es einen Rechtsruck gibt und wie stark der ist, spüre ich vor allem daran, dass überall (und beileibe nicht nur in rechten politischen Gruppierungen) die starren, unbarmherzigen, die gewaltvollen Lösungen beliebter werden.

Letzte Woche bei "scobel" fiel mir das wieder auf. Es ging um die umstrittene Sterbehilfe. Da gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das sich natürlich nicht darum kümmert (und auch nicht kümmern darf), ob Regeln hart oder weich sind - es hat nur über Gerechtigkeitsfragen zu entscheiden: Und da hat es Recht - wenn Mediziner sterbende Körper gegen ihren Willen am Leben halten dürfen (sofern das zugehörige Gehirn nicht rechtzeitig widersprochen hat) und ihnen erlaubt ist, dabei jede erdenkliche Tortur anzuwenden - ja, dann muss der Patient selber natürlich dasselbe Recht haben, gewaltsam mit seinem Körper umzuspringen, beispielsweise ihn gegen seinen Willen zu Tode zu bringen.

Und ja, selbstverständlich muss dieses Recht im Notfall gewährleistet sein.

Aber es ist schon auffällig, dass sich beide verfeindeten Diskussionsparteien unverhältnismäßig für die jeweiligen Gewaltlösungen (Apparatemedizin um jeden Preis auf der einen, die Endlösung des Giftschluckens auf der anderen Seite) begeistern, obwohl in 99,9% der Fälle einvernehmliche, friedliche Lösungen möglich sind, wenn man nur will.

Das beste Beispiel dafür gab es in der Scobel-Sendung, in der zur Veranschaulichung ein Fall vorgestellt wurde, in dem die Patientin die Giftgabe ersehnt und in Deutschland nicht bekommen darf. Nach dem Einspieler kam als Erstes der Palliativmediziner (selbst ein strikter Befürworter des Rechts auf assistierten Suizid) zu Wort, und der sagte: "Es zerreißt einem das Herz ..." , weil die Patientin die bessere, friedliche Lösung weder sah noch die Ärzte sie darüber informierten: Natürlich darf sie einfach durch Einstellen lebenserhaltender Maßnahmen sterben und natürlich dürfen die Ärzte auch nach bisherigen Recht sie dabei begleiten (mit Schmerzmitteln, Entspannungsmaßnahmen etc.), ja, sie müssen es sogar. In diesem wie in fast jedem Fall gibt es gar kein Problem, wenn man die Sache unaufgeregt und empathisch angeht und auch bedrohliche Realitäten akzeptiert und vernünftig mit ihnen umgeht.

Und eben das würde ich mir auch für die Politik wünschen.

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