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Montag, 16. April 2018
„Transit“ - erster Eindruck
damals, 02:32h
Ich habe heute Abend „Transit“ gesehen, das musste sein: „Transit“ ist einer meiner Lieblingsromane und Christian Petzold ist ja auch nicht irgendwer. Ich war im Vorfeld skeptisch gewesen, ob so ein Kopfmensch wie Petzold einen so hochemotionalen Roman verfilmen kann.
Doch, kann er. Ein wuchtiger, eindringlicher Film. Die Idee, die Geschichte optisch in der Gegenwart spielen zu lassen, wirkte gar nicht so gewaltsam und gewollt, wie ich befürchtet hatte: Sie weckte nämlich keine Assoziationen an Jetztzeit und Flüchtlingskrise, sondern vertrieb sie eher, wirkte wie ein Brechtscher Verfremdungseffekt, noch verstärkt durch die häufigen gesprochenen Texte aus Off. Dadurch verschwand jeder ablenkende historische Bezug, es blieb die Problematik der Flucht an sich. Das Ganze machte eher den Eindruck eines erzählerisch angelegten Filmessays, weniger den eines Spielfilms.
Die eigentliche Geschichte, die von Anna Seghers ersonnen wurde, handelt ja von einem Flüchtling aus Nazi-Deutschland, der in Marseille seinen Mitflüchtlingen begegnet, immer mehr Abschied zu seinen Exil-Kameraden und insbesondere den kommunistisch Kungelnden unter ihnen gewinnt und am Ende eine andere Art Solidarität findet, die der ortsansässig Anständigen, bei denen er eine neue Heimat findet.
Im Film fehlt diese Ebene: Es fehlt der kommunistische Filz und es fehlt die entspannte Willkommenskultur der Einheimischen. Nur die Einsamkeit des Flüchtlings, auch bei Seghers zentral, wird in ergreifender Intensität vorgeführt.
Komisch: Da hatte ich erst Angst gehabt, dass Petzold, den man als politischen Regisseur kennt, die Sache vermurkst, indem er zu viel Gegenwartsbezug da reinbringt – und als ich dann im Kino war, war mir das zu wenig davon. Ich meine, wir haben hier einen Haufen Flüchtlinge im Land, und wir haben enorme Probleme damit, die Menschen zu integrieren, sie so in unser Leben hier in Deutschland einzubauen, dass wir und sie damit leben können – und dann ist da dieser Roman, der aus der Sicht eines deutschen Flüchtlings zeigt, wie verdammt schwer es ist, die emotionale Haltlosigkeit und Verzweiflung des Flüchtlings (die man heute gern „Traumatisierung“ nennt) zu überwinden und wieder ins geregelte Leben zu finden, der aber auch zeigt, dass es möglich ist, dass man nicht in der Klüngelsauce seiner Flüchtlingsparallelwelt bleiben und versauern muss, sondern dass es einen Weg in ein neues geregeltes Leben gibt – und dann nutzt Petzold diese Steilvorlage nicht und bleibt bei der Einsamkeit und Verzweiflung seines Flüchtlings kleben, lässt seinen Flüchtling sich in einer Liebesgeschichte verheddern und am Ende in der Falle sitzen bleiben. Das geht doch nicht!
Und irgendwie erinnert mich das auch an einige Linke hierzulande, die vor lauter Akzeptanz der Fremden auch das akzeptieren, was diese – zumindest vorerst – zu den Akten legen müssten, um bei uns anzukommen. (Dass das die staatlichen Vorgaben heute in Deutschland wie damals in Marseille nicht gerade befördern, ist klar, da braucht es eben unsere menschliche Solidarität.)
Und da sind wir beim Punkt: Dieses Negative, Resignative, Passive heutiger linker Positionen nervt ("Da kann man halt nichts machen, wenn Flüchtlinge in ihrer Traumatisierung verwirrt und destruktiv sind, man muss sie so annehmen." Nein, muss man nicht, und man hilft ihnen damit auch nicht, und man macht die Verbrechen neokolonialistischer Wirtschaftspolitik in Afrika auch nicht wieder gut, indem man einfach die Grenzen öffnet.) Es gibt in "Transit" eine Verkörperung des Guten, Moralischen, des Kommunistischen, fast eine jesusartige Figur: Heinz. Dessen Flucht gelingt aufgrund seiner Ausstrahlung, selbst zwielichtige Gestalten helfen ihm selbstlos. Petzold lässt diesen Heinz gleich am Beginn der Geschichte elendig verrecken. Und die Figur des anständigen Menschen, der durch tragische Umstände unter die brutalen Fremdlegionäre geraten ist und doch anständig bleibt, den lässt er ganz aus der Geschichte raus. Das Gute darf es nicht geben.
Und auch die Liebe nicht. Auch bei Anna Seghers ist die Liebe negativ besetzt: Sie lässt am Ende die femme fatale und mit ihr die erotische Liebe sterben und im Gegenzug die Mitmenschlichkeit und Solidarität erblühen. Sicher ein äußerst fragwürdiger Aspekt in dem Roman. Noch fragwürdiger ist es allerdings, wenn Petzold die Liebe ebenso negativ zeichnet wie Seghers, ihr aber nichts adäquat Positives gegenüberstellt.
Wie ich schon bei meiner Rezension zu Hanekes "Weißem Band" sagte: So furchtbar ist die Welt nun auch wieder nicht. Und ist es nie gewesen.
Doch, kann er. Ein wuchtiger, eindringlicher Film. Die Idee, die Geschichte optisch in der Gegenwart spielen zu lassen, wirkte gar nicht so gewaltsam und gewollt, wie ich befürchtet hatte: Sie weckte nämlich keine Assoziationen an Jetztzeit und Flüchtlingskrise, sondern vertrieb sie eher, wirkte wie ein Brechtscher Verfremdungseffekt, noch verstärkt durch die häufigen gesprochenen Texte aus Off. Dadurch verschwand jeder ablenkende historische Bezug, es blieb die Problematik der Flucht an sich. Das Ganze machte eher den Eindruck eines erzählerisch angelegten Filmessays, weniger den eines Spielfilms.
Die eigentliche Geschichte, die von Anna Seghers ersonnen wurde, handelt ja von einem Flüchtling aus Nazi-Deutschland, der in Marseille seinen Mitflüchtlingen begegnet, immer mehr Abschied zu seinen Exil-Kameraden und insbesondere den kommunistisch Kungelnden unter ihnen gewinnt und am Ende eine andere Art Solidarität findet, die der ortsansässig Anständigen, bei denen er eine neue Heimat findet.
Im Film fehlt diese Ebene: Es fehlt der kommunistische Filz und es fehlt die entspannte Willkommenskultur der Einheimischen. Nur die Einsamkeit des Flüchtlings, auch bei Seghers zentral, wird in ergreifender Intensität vorgeführt.
Komisch: Da hatte ich erst Angst gehabt, dass Petzold, den man als politischen Regisseur kennt, die Sache vermurkst, indem er zu viel Gegenwartsbezug da reinbringt – und als ich dann im Kino war, war mir das zu wenig davon. Ich meine, wir haben hier einen Haufen Flüchtlinge im Land, und wir haben enorme Probleme damit, die Menschen zu integrieren, sie so in unser Leben hier in Deutschland einzubauen, dass wir und sie damit leben können – und dann ist da dieser Roman, der aus der Sicht eines deutschen Flüchtlings zeigt, wie verdammt schwer es ist, die emotionale Haltlosigkeit und Verzweiflung des Flüchtlings (die man heute gern „Traumatisierung“ nennt) zu überwinden und wieder ins geregelte Leben zu finden, der aber auch zeigt, dass es möglich ist, dass man nicht in der Klüngelsauce seiner Flüchtlingsparallelwelt bleiben und versauern muss, sondern dass es einen Weg in ein neues geregeltes Leben gibt – und dann nutzt Petzold diese Steilvorlage nicht und bleibt bei der Einsamkeit und Verzweiflung seines Flüchtlings kleben, lässt seinen Flüchtling sich in einer Liebesgeschichte verheddern und am Ende in der Falle sitzen bleiben. Das geht doch nicht!
Und irgendwie erinnert mich das auch an einige Linke hierzulande, die vor lauter Akzeptanz der Fremden auch das akzeptieren, was diese – zumindest vorerst – zu den Akten legen müssten, um bei uns anzukommen. (Dass das die staatlichen Vorgaben heute in Deutschland wie damals in Marseille nicht gerade befördern, ist klar, da braucht es eben unsere menschliche Solidarität.)
Und da sind wir beim Punkt: Dieses Negative, Resignative, Passive heutiger linker Positionen nervt ("Da kann man halt nichts machen, wenn Flüchtlinge in ihrer Traumatisierung verwirrt und destruktiv sind, man muss sie so annehmen." Nein, muss man nicht, und man hilft ihnen damit auch nicht, und man macht die Verbrechen neokolonialistischer Wirtschaftspolitik in Afrika auch nicht wieder gut, indem man einfach die Grenzen öffnet.) Es gibt in "Transit" eine Verkörperung des Guten, Moralischen, des Kommunistischen, fast eine jesusartige Figur: Heinz. Dessen Flucht gelingt aufgrund seiner Ausstrahlung, selbst zwielichtige Gestalten helfen ihm selbstlos. Petzold lässt diesen Heinz gleich am Beginn der Geschichte elendig verrecken. Und die Figur des anständigen Menschen, der durch tragische Umstände unter die brutalen Fremdlegionäre geraten ist und doch anständig bleibt, den lässt er ganz aus der Geschichte raus. Das Gute darf es nicht geben.
Und auch die Liebe nicht. Auch bei Anna Seghers ist die Liebe negativ besetzt: Sie lässt am Ende die femme fatale und mit ihr die erotische Liebe sterben und im Gegenzug die Mitmenschlichkeit und Solidarität erblühen. Sicher ein äußerst fragwürdiger Aspekt in dem Roman. Noch fragwürdiger ist es allerdings, wenn Petzold die Liebe ebenso negativ zeichnet wie Seghers, ihr aber nichts adäquat Positives gegenüberstellt.
Wie ich schon bei meiner Rezension zu Hanekes "Weißem Band" sagte: So furchtbar ist die Welt nun auch wieder nicht. Und ist es nie gewesen.
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