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Freitag, 21. März 2014
Die Dampfwalze im Theater
damals, 19:33h
Am Mittwoch habe ich mich wieder einmal meines Bürger-Daseins erinnert und mir Olaf Scholz im Thalia-Theater angesehen, der da eine Grundsatzrede zur Flüchtlingsproblematik gehalten hat. Ursprünglich hatte ich an dem Abend ja zum Körber-Forum gehen wollen und eine Diskussion zum selben Thema mit dem Innensenator Neumann anhören. Aber dessen scharfmacherische Position kennt man ja – und was eigentlich sein Chef dazu sagt, darauf war ich schon lange gespannt gewesen.
Denn es gibt einen aktuellen Hintergrund dazu, der so etwas die Nagelprobe ist darauf, wie man nun steht zur Flüchtlingsproblematik: Eine Gruppe von Afrikanern tauchte hier auf. Sie waren als Gastarbeiter in Libyen von den dortigen neuen Herren nach Italien abgeschoben worden. Die Italiener drückten den Leuten ein paar hundert Euro in die Hand und empfahlen ihnen, es anderswo in Europa zu probieren. Nun sind 300 davon in Hamburg. Rein rechtlich gibt es natürlich keinerlei Verpflichtung, diese Menschen in Hamburg aufzunehmen, aber mit rechtlich korrekten Vorgängen hat das Ganze ja auch nichts zu tun. Da kann man nur großherzig sein oder engherzig. Die Position der Stadt bisher: Die Leute müssen Asylanträge stellen, die – wie man in Verhandlungen vorab deutlich machte – höchstwahrscheinlich nicht bewilligt werden. Mehr könne man nicht tun. Also wollten die Afrikaner lieber illegal bleiben. Und das tun sie bis heute.
So, und jetzt äußert sich endlich der Erste Bürgermeister zu dem Fall im Thalia-Theater. Das war zunächst einmal ein Event. Vor dem Theater demonstrierten die Afrikaner und ihre autonom bis freakig aussehenden Unterstützer. Drinnen mischte sich gutbürgerliches Theaterpublikum mit offensichtlich Bürgerbewegten und ein paar nach Politik aussehenden Schlips- und Anzug-Typen. An der Garderobe sah ich Wolf Biermann herumstehen. Er wirkte alt und einsam. Die Kartenabreißer waren junge Männer, auch sie trugen Anzüge – und dazu blasse ML-Studenten-Gesichter (wenn mir die DDR-Assoziation gestattet sei): offenbar SPD-Karriere-Nachwuchs. Scholz selbst kam, von Demonstranten aufgehalten, eine halbe Stunde zu spät, und auch im Theater selbst gab es ein paar Krakeeler, wurden Transparente entrollt und Flugblätter geworfen.
So weit, so üblich. Aber was hat er denn nun eigentlich gesagt? Genau genommen gar nichts. Das aktuelle Problem mit den Lampedusa-Flüchtlingen sprach er nicht an. Wie eine Dampfwalze zog er eine routinierte, kluge und in sich stimmige Rede durch, die sich weder durch die Krakeeler vor und im Theater noch durch die Realität in der vom ihm regierten Stadt irgendwie beirren ließ. Scholz skizzierte ein künftig mögliches System zur Regulierung der Einwanderung, das ich sehr vernünftig fand. Wie er sich zu verhalten gedenkt, solange dieses System noch nicht Realität ist, sagte er nicht; er sagte auch nicht, was er zu tun gedenkt, um diesem Ziel näher zu kommen.
Scholz sparte stattdessen nicht mit Spitzen auf die Italiener, die sich einer europäischen Einwanderungspolitik versperren würden (und die ihm das Hamburger Problem eingebrockt haben). Er hätte als Hamburger Bürgermeister eine hervorragende Gelegenheit, den Italienern mal zu demonstrieren, wie man menschlich mit Flüchtlingen umgehen kann. Da er diese Gelegenheit nicht nutzt, traut man auch seiner schönen Rede nicht.
Das versuchte ihm im folgenden Podiumsgespräch auch Ilja Trojanow klarzumachen: dass es nicht genügt, schöne Ideen zu entwickeln, dass man etwas wollen muss, aus moralischer Überzeugung, sonst wird es nie was. Scholz ging darauf nicht ein, fühlte sich von Trojanow nur politisch angegriffen und reagierte beleidigt. Er kenne die Probleme doch und habe auch die Bücher der Dritte-Welt-Autoren gelesen. Tja, Kennen und Wissen ist das eine, Handeln etwas anderes.
Man mag es für richtig halten, seiner eigenen Bevölkerung den Wohlstand (und sich selbst damit deren Wohlwollen) zu sichern, indem man alle anderen aussperrt. Dann muss man zu dieser Überzeugung stehen. Aber erst seine Polizisten Schwarze jagen lassen im Stadtgebiet, und dann im Theater den Menschenfreund mimen, das geht nun wirklich nicht.
Denn es gibt einen aktuellen Hintergrund dazu, der so etwas die Nagelprobe ist darauf, wie man nun steht zur Flüchtlingsproblematik: Eine Gruppe von Afrikanern tauchte hier auf. Sie waren als Gastarbeiter in Libyen von den dortigen neuen Herren nach Italien abgeschoben worden. Die Italiener drückten den Leuten ein paar hundert Euro in die Hand und empfahlen ihnen, es anderswo in Europa zu probieren. Nun sind 300 davon in Hamburg. Rein rechtlich gibt es natürlich keinerlei Verpflichtung, diese Menschen in Hamburg aufzunehmen, aber mit rechtlich korrekten Vorgängen hat das Ganze ja auch nichts zu tun. Da kann man nur großherzig sein oder engherzig. Die Position der Stadt bisher: Die Leute müssen Asylanträge stellen, die – wie man in Verhandlungen vorab deutlich machte – höchstwahrscheinlich nicht bewilligt werden. Mehr könne man nicht tun. Also wollten die Afrikaner lieber illegal bleiben. Und das tun sie bis heute.
So, und jetzt äußert sich endlich der Erste Bürgermeister zu dem Fall im Thalia-Theater. Das war zunächst einmal ein Event. Vor dem Theater demonstrierten die Afrikaner und ihre autonom bis freakig aussehenden Unterstützer. Drinnen mischte sich gutbürgerliches Theaterpublikum mit offensichtlich Bürgerbewegten und ein paar nach Politik aussehenden Schlips- und Anzug-Typen. An der Garderobe sah ich Wolf Biermann herumstehen. Er wirkte alt und einsam. Die Kartenabreißer waren junge Männer, auch sie trugen Anzüge – und dazu blasse ML-Studenten-Gesichter (wenn mir die DDR-Assoziation gestattet sei): offenbar SPD-Karriere-Nachwuchs. Scholz selbst kam, von Demonstranten aufgehalten, eine halbe Stunde zu spät, und auch im Theater selbst gab es ein paar Krakeeler, wurden Transparente entrollt und Flugblätter geworfen.
So weit, so üblich. Aber was hat er denn nun eigentlich gesagt? Genau genommen gar nichts. Das aktuelle Problem mit den Lampedusa-Flüchtlingen sprach er nicht an. Wie eine Dampfwalze zog er eine routinierte, kluge und in sich stimmige Rede durch, die sich weder durch die Krakeeler vor und im Theater noch durch die Realität in der vom ihm regierten Stadt irgendwie beirren ließ. Scholz skizzierte ein künftig mögliches System zur Regulierung der Einwanderung, das ich sehr vernünftig fand. Wie er sich zu verhalten gedenkt, solange dieses System noch nicht Realität ist, sagte er nicht; er sagte auch nicht, was er zu tun gedenkt, um diesem Ziel näher zu kommen.
Scholz sparte stattdessen nicht mit Spitzen auf die Italiener, die sich einer europäischen Einwanderungspolitik versperren würden (und die ihm das Hamburger Problem eingebrockt haben). Er hätte als Hamburger Bürgermeister eine hervorragende Gelegenheit, den Italienern mal zu demonstrieren, wie man menschlich mit Flüchtlingen umgehen kann. Da er diese Gelegenheit nicht nutzt, traut man auch seiner schönen Rede nicht.
Das versuchte ihm im folgenden Podiumsgespräch auch Ilja Trojanow klarzumachen: dass es nicht genügt, schöne Ideen zu entwickeln, dass man etwas wollen muss, aus moralischer Überzeugung, sonst wird es nie was. Scholz ging darauf nicht ein, fühlte sich von Trojanow nur politisch angegriffen und reagierte beleidigt. Er kenne die Probleme doch und habe auch die Bücher der Dritte-Welt-Autoren gelesen. Tja, Kennen und Wissen ist das eine, Handeln etwas anderes.
Man mag es für richtig halten, seiner eigenen Bevölkerung den Wohlstand (und sich selbst damit deren Wohlwollen) zu sichern, indem man alle anderen aussperrt. Dann muss man zu dieser Überzeugung stehen. Aber erst seine Polizisten Schwarze jagen lassen im Stadtgebiet, und dann im Theater den Menschenfreund mimen, das geht nun wirklich nicht.
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