Mittwoch, 23. Juli 2025
Die Zusammenfassung meiner Zeitungslektüre …
… hätte ich früher in mein Tagebuch geschrieben. Das gibts aber nicht mehr, also schreib ich hier über die tagespolitischen Aufregungen– hat vielleicht den Vorteil, dass regelmäßige Spiegel-Leser (zu denen ich nicht gehöre), die sicher besser Bescheid wissen, in den Kommentaren berichtigen oder ergänzen können.

Also, ich hab erfahren, dass das eigentlich schon letztes Jahr losging. Da war es eine leitende Redakteurin der Süddeutschen Zeitung, die es traf. Ich kannte sie nicht und hab mal nachgegoogelt, da wurde schon klar, was das für ein Typ war: Kein Akteur der ersten Reihe, mit männlichem Geschlecht und Studium an einer amerikanischen Elite-Uni, aber eine kluge, fleißige, effiziente Arbeiterin mit einem enormen Output an qualitätvollen Texten. Wir bei uns in der Firma haben auch so eine: Neben der Abteilungsleiterin, die auch das Standing hat, Abteilungsleiterin zu sein (wenn auch nicht immer das nötige Fingerspitzengefühl), steht sie als zweite Person der Abteilung. Sie hat was Fachfremdes studiert, aber sie ist eine, die alles kann, alles macht, alles mitmacht – klug, produktiv, kreativ, loyal – ohne sie würde nichts laufen. So jemanden braucht man immer und sollte es mal schieflaufen, ist die Person das ideale Opfer.

So auch die besagte Redakteurin. Sie schrieb unheimlich viel, immer waren die jeweils gefragten Artikel in der nötigen Qualität rechtzeitig da. Eigentlich kaum schaffbar. Und es fand dann auch ein medienkritisches Publikationsorgan den Haken: Sie hat schon ziemlich viel einfach nochmal geschrieben, was andere längst geschrieben hatten, manchmal sogar ganze Sätze ungefragt übernommen – nie so stark, dass man vom Stehlen geistigen Eigentums sprechen könnte, aber schon so, dass es manchmal ein Geschmäckle hatte, so im Sinne von Reproduktion bekannter Inhalte, Produktion heißer Luft.

Julian Reichelt freute sich über diese Recherche anderer Leute über die ihm verhasste Süddeutsche Zeitung und baute über seine Seite „Nius“ daraus eine Medienkampagne gegen die Redakteurin. Er nahm noch den Plagiatsjäger Weber hinzu, sowas kommt ja medial auch immer gut. Es endete damit, dass die Betroffene irgendwo unterkühlt und ko von der Polizei aufgegriffen wurde, vielleicht war es ein Suizidversuch.

Und weil es so gut geklappt hat, probiert er es jetzt eine Etage höher, nicht bei der vierten Gewalt, sondern schon bei einer der drei ersten. Wieder mit der bewährten Methode, diesmal ist Reichelt gleich selbst auf X aktiv geworden, um dann wieder zurück in seine Rolle als „Nius“ zu schlüpfen und sich selbst in zahlreichen Artikeln zu bestätigen: Es sei ein Skandal, dass die SPD eine Verfassungsrichter-Kandidatin aufstellt, deren Positionen sich nicht durchweg rechts der Mitte lokalisieren lassen und die insbesondere als AfD-kritisch aufgefallen ist.
Plagiatsjäger Weber wurde auch wieder angeheuert, und als das Getöse laut genug war, sprangen auch Bild und Welt auf und endlich Teile der CDU-Fraktion im Bundestag.

Und sollte selbst das nicht genügen, wird vorsichtshalber auch die zweite SPD-Kandidatin angegriffen: „Frau“ und „SPD“ müsste ja allein schon genügen als Argument - und dann hatte sie auch schon mal was mit „Klima“ zu tun.

So, habe ich das nun richtig zusammengefasst oder hab ich mich wieder von der Hitze der Debatte hysterisieren lassen?

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