Freitag, 10. April 2020
"Solidarität ist keine Einbahnstraße"
das hielt mir ein Don-Alphonso-Kommentator entgegen, als ich so blöd war, dort das Thema Solidarität anzusprechen. Eigentlich gut, denn so wurde mir mal bewusst, wie bescheuert dieser Satz eigentlich ist, den ich auch andernorts schon gehört und bisher kritiklos und ohne Weiteres Nachdenken hingenommen hatte.

Natürlich ist Solidarität eine Einbahnstraße - anderfalls wäre sie ja ein Tauschgeschäft. Ich meine, nichts gegen Tauschgeschäfte, wo sie sinnvoll sind, aber als Ersatz für Solidarität taugen sie nun wirklich nicht: Solidarität gibt es da, wo sich mehrere eine Verantwortung teilen und dann eben derjenige, der es tun kann, das Notwendige tut, und die Konsequenzen dieses Tuns (gut, nennen wir sie "Kosten", schließlich leben wir in einer neoliberalen Welt, wo alles auf Heller und Pfennig ausgerechnet wird) dann wieder alle gemeinsam tragen.

Na ja, solidarisches Handeln ist vielen nicht mehr geläufig - oder, wie Oliver Kalkhofe das neulich so schön ausdrückte (zum Thema Eurobonds): "Helfen ist eine schöne Sache, nur wenn man dabei kein Geld verdienen kann, macht das auch keinen Spaß mehr."

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Zwischentöne
"Eine Hand wäscht die andere" weist allerdings nicht unbedingt auf ein Tauschgeschäft hin. Es gibt auch wechselseitige Solidarität.

Die Frage ist halt, wie eng Geben und Nehmen aneinander gekoppelt sind. Ob es hier einen Kontext von Verbindlichkeit gibt oder ob ein jeder dieser Akte freiwillig geschieht.

Da gibt es fließende Übergänge.

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"Eine Hand wäscht die andere" - das ist dieser Netzwerk-Gedanke, der eben gerade nichts Solidarisches hat. Solidarität ist gemeinsam, nicht wechselseitig. Und wenn man sich zur Solidargemeinschaft zusammengeschlossen hat (dies natürlich freiwillig), dann sind die Einzelaktionen keineswegs mehr freiwillig, sondern verbindlich. Man kann z.B. nicht alle gemeinsam in eine Krankenkasse einzahlen und dann später plötzlich sagen: Nein, aber die Raucher mit ihren Raucherbeinen, das wird uns doch zu teuer. Entweder man zieht eine Sache gemeinsam durch oder man lässt es bleiben und versuchts als Einzelkämpfer. Beides gleichzeitig geht nicht.

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Vielleicht habe ich in der Schule früher ja nicht richtig aufgepasst, aber "Solidarität" ist bei mir nicht so eng definiert wie bei Ihnen.
Ich denke da auch weniger an ein Vertragsverhältnis unter Versicherten als an eine Geisteshaltung.
Aus einem "solidarischen Bewusstsein" heraus gebe ich dem Bettler am Straßenrand eine Münze. (Oder, in einem anderen Fall, aus purem Mitleid. Aber selbst hier würde ich nicht so große Unterschiede zwischen diesen beiden Motiven machen. Das geht fließend ineinander über.)

Wer die Raucher mit ihren Raucherbeinen ausschließen will, der ist schlicht weniger solidarisch, aber noch nicht komplett unsolidarisch. Aber wenn das alles so oder so eine verbindliche Vertragssache ist, dann muss man das eben in den Vertragsbedingungen nachlesen, welche sich für die Zukunft prinzipiell auch ändern lassen.

Also, ich komm da nicht ganz mit. Solidarität muss für mich prinzipiell schon freiwillig bleiben. Ansonsten ist es ja nur ein klappernder Mechanismus.

Und Juristen können mit ihrer Kreativität alle möglichen Stufen und Grade von "vertraglicher Solidarität" (in Ihrem Sinne) erfinden. Sodass man auf einigen Gebieten ein Einzelkämpfer ist und in anderen "in einer Solidargemeinschaft". Beides gleichzeitig bzw. parallel zueinander geht da sehr wohl.

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Ich vermute, der Spruch "Solidarität ist keine Einbahnstraße" war von dem Kommentator drüben beim Don ironisch gemeint. Hatte sich Tags zuvor doch Friedrich Merz exakt so ausgelassen. Auch von Christian Lindner ist dieser Sager überliefert (aus dem Jahr 2018), und ich denke nicht, dass die beiden im Kommentariat des Rebellmarkts allzuviele Fans haben.

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Das beruhigt mich ... und zeigt mal wieder, wie wenig ein Dialog bringt in einer Umgebung, in der man keine Lust hat, sich zu bewegen. Eigentlich müsste man die Gepflogenheiten kennen, um die Anspielungen zu begreifen, aber dazu müsste man ja immer mitlesen ...

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Weiß nicht, ich verfolge das Geschehen dort auch nur noch punktuell. In dem Fall stach mir die Anspielung halt ins Auge, weil mich das Merz-Zitat kurz vorher in einer Überschrift angesprungen hatte, auf der GMX-Start- oder Logoutseite.

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Solidarität funktioniert jedoch immer nur, solange es der Solidargemeinschaft möglich ist, sie zu finanzieren. Denn wenn es keinen mehr gibt, der genug Geld hat, andere solidarisch zu unterstützen, nützt auch der beste Vorsatz nichts mehr.

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So ist es. Man kann nur verteilen, was da ist. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die gesamte Solidargemeinschaft ins Minus rutscht, wenn das Geld nicht mehr für die vereinbarten Maßnahmen reicht (bzw. sich gemeinsam neue, sinnvollere Einnahmemöglichkeiten überlegen muss).

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Entweder, die Solidargemeinschaft bewährt sich, oder das ganze System geht baden. Klare Kante, schlicht und einfach.

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In der Tat: Das Rumkritteln nervt - natürlich ist das Funktionieren von Solidarität nicht davon abhängig, wie viel Geld übrig ist (es geht ja grade nicht um das Verteilen von Almosen, die aus Laune, Luxus oder Mitleid verteilt werden können). Entweder es wird solidarisch geteilt oder eben nicht. Und dann wirds halt sehr unsolidarisch.

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