Montag, 13. November 2017
Nachwirkungen patriarchaler Leidenschaft im Feminismus der Gegenwart
Als meine Eltern sehr jung waren in den 50er Jahren, hörten sie gern die scharfe Stimme von Ernst Busch, und das waren wahrscheinlich die allerletzten Jahre, in denen man sich noch ehrlich für den Machismo der Arbeiterbewegung begeistern konnte. Als etwa der Altkommunist Theo Balden in den 1980er Jahren allen Ernstes noch ein Denkmal namens „Herz und Flamme der Revolution“ gestalten sollte, versuchte er sich mit etwas weich Wallendem aus der Affäre zu ziehen. Die alte Macho-Leidenschaft, die ging einfach nicht mehr.
Dass es aber in der Geschichte nicht immer nur vorwärts, sondern manchmal auch rückwärts geht, zeigte sich mir, als ich heute in der Schanzenstraße (neben einem sich zärtlich liebkosenden Pennerpärchen) dieses Plakat entdeckte:

Interessant fand ich, dass die Autoren die Redewendung „Feuer und Flamme sein“ benutzen, ohne zu merken, dass diese sprachlich schon so verschlissen ist, dass sie nur noch für gänzlich unglaubwürdige Werbekampagnen (Olympia in Hamburg) oder einfach nur ironisch gebraucht wird:

Auch kennen die Autoren die Redewendung selbst gar nicht mehr, sonst wüssten sie, dass man nur Feuer und Flamme für etwas sein kann, nicht dagegen.
Ein paar Straßen in der Gaußstraße weiter fand ich folgendes Bild gegen den Müllcontainer gelehnt:

Das hat ja wenigstens noch Witz, indem es ein berühmtes altes Arbeiterheldenbild mit weiblichem Personal nachstellt
- illustriert damit aber ein Kernproblem des Feminismus: Ein Feminismus, der weibliche Gleichberechtigung mit der Nachahmung männlichen Machogehabes, männlichen Gerangels um Macht und Posten verwechselt, der ist den Namen nicht wert. Die jungen Kreativen, die da in der Gaußstraße ansässig sind, haben das Bild zu Recht auf den Müll geworfen.
Täusch ich mich oder war der Feminismus damals in den 90er Jahren schonmal weiter: basisdemokratischer, freier, menschlicher?

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Eine Feministin von heute von heute würde wahrscheinlich antworten, dass es d e n Femininismus ohnehin nicht gebe, sondern durchaus diverse Feminismen. Wie groß sind denn noch die Schnittmengen zwischen einer Alice Schwarzer und einer Anne Wizorek oder den eher queerfeministischen Positionen, wie sie etwa auf maedchenmannschaft.net vertreten werden? Ich tue mich daher etwas schwer, von dem Feminismus als solchem zu reden.

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Richtig. Ich seh das ja auch von sehr weit außen und daher mit der Gefahr, dass ich nur die lautesten Schreihälse wahrnehme.
Von daher weiß ich auch nicht, ob es an mir liegt, daran, dass sich mein Fokus geändert hat (indem ich aus studentischen in kleinbürgerliche Kreise gewechselt bin). Aber ich erinnere mich, in den 1990er öfter von frauenbewegten Zusammenhängen gehört zu haben, Frauencafés, Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen usw., die mir persönlich fremd waren, denen ich aber mit Respekt und Hochachtung begegnete, während in letzter Zeit statt von basisbewegter Arbeit nur noch von Sprachnormen, Internetkampagnen, Wortgefechten die Rede war.
Insofern war meine Frage ganz offen: Nehme ich das Gute nur nicht mehr wahr, weil es nicht so laut ist, oder hat es wirklich an Bedeutung verloren?

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Das ist ist tatsächlich die 1000-Dollar-Frage in diesem Zusammenhang, die ich mir auch schon gestellt habe. Ich neige zu der Auffassung, dass die wichtige und wertvolle Basisarbeit nicht völlig aus der Welt verschwunden ist, sie wird nur in der Wahrnehmung stark überlagert von dem medial vermittelten Dauergegacker gewisser Alpha-Krampfhennen und den abgehobenen akademischen Social-Justice-Warrior-Diskursen rund um Intersektionalität und all sowas. Von den realen Sorgen vieler Frauen hat man sich da schon um Lichtjahre entfernt.

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Hoffen wir, dass es so ist. (So wie Sie ja offensichtlich zwischen Krankenhaus-Aktionismus und effektiven Krankenhaus-Aktionen unterscheiden können, wenn mir der kühne Gedankensprung erlaubt ist. Ihnen alles gute!)

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Allerbesten Dank. Habe mich aber auch schlau gemacht und Zweitmeinungen eingeholt. Kann im weiteren Bekanntenkreis einen Nephrologen und einen internistischen Rheumatologen fragen, der auf so Autoimmunkrankheiten wie meine spezialisiert ist. Sitzen beide leider nur in Hamburg. Wobei das okay ist, sonst könnte der Rheumatologe in Versuchung sein, die neuesten Wundermittel an mir auszuprobieren. ;-)

Aber zurück zum Thema: Als Hausmann und Homeofficer an der Seite einer ziemlich erfolgreichen Frau und Vater einer Tochter sind mir feministische Anwandlungen selbstredend nicht fremd. Aber viele Diskurse sind für mich mittlerweile nur noch von bizarrologischem Interesse. Allein schon dieses ganze Gewese um pinkstinks & Co. Klar, wir waren auch nicht scharf drauf, mademoiselle793 als Kleinkind zu einer Barbie in Pink zu stylen. Irgendwann zu Kindergartenzeiten war Rosa mal ein Thema, weil paar der älteren Mädchen da grad ihre Phase hatten, aber spätestens mit dem Schuleintritt war das wieder vorbei, ohne dass wir da irgendwas verbieten oder madig machen mussten.

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