Dienstag, 25. November 2008
Aus dem Nähkästchen geplaudert ...
damals, 01:05h
In der Politik sind immer die Details interessant. Ich hatte dienstlich einen Text zu lesen über die Ökonomisierung des sozialen Bereichs. War inhaltlich aber mau: Als Fazit kam nur heraus, dass jetzt im sozialen Bereich gespart wird, was zu Einbußen bei der Qualität der geleisteten Arbeit führt. Wer hätte das gedacht?!
Aber es gab ein interessantes Detail: Irgendwo am Rande wurde bemerkt, dass Sozialarbeiter ja zu allem Überdruss auch noch zusätzlichen Stress dadurch hätten, dass ihre Klienten einen „Karrieresprung“ gemacht hätten – „von Bedürftigen zu Kunden“ – wobei zu bedenken sei, dass diese aufgrund psychischer Einschränkungen ja auch nicht immer souverän reagierten.
Das kann man wohl sagen! Letzte Woche haben sich zwei erwachsene Frauen vor der Tür unserer Schule geprügelt; heute hatte ich eine Aussprache mit Herrn L., der nicht mehr zum Kurs kommen will, weil Frau M. sagt, dass er stinkt. Der reinste Kindergarten!
Aber wie dem auch sei: Das sind meine Kunden und ich bin kein Erzieher. Muss nur mit dafür sorgen, dass alles so weit möglich reibungslos läuft. Wenn mir jetzt jemand kommt und will das alte patriarchale System zurück, wo er schön von oben behütet und beschützt wird (z. B. mit ausreichend Gehalt), auf dass er auch nach unten schön behüten und beschützen kann und dabei ungeheuer wichtig sein – das macht mich aggressiv.
Ich finde die Entwicklung gut, bei der Bedürftige endlich auch als Erwachsene akzeptiert werden, so gestresst und neurotisch sie auch immer sein mögen. Ich hab auch keinen erzieherischen Impetus, meine Teilnehmer zu besseren Menschen machen zu wollen. Ich verkaufe eine Dienstleistung und fertig.
Diese Idee ist das Erfischende und Schöne an dem System, das allgemein mit dem Namen „Agenda 2010“ assoziiert wird. Es herrscht wirklich ein anderer Geist in den Einwanderer-Sprachkursen („Integrationssprachkurse“), die 2005 erfunden wurden - vergleicht man sie mit den herkömmlichen Arbeitslosen-Sprachkursen für Migranten („Maßnahmen“, wie sie entlarvenderweise heißen): Interesse, Orientierung an der Sache bei den Sprachkursen – Kontrolle, Dumpfheit bei den Maßnahmen.
Dass der Staat für die neuen, frischen Kurse lächerlich geringe Summen zahlt und dass deshalb jede Sprachschule möglichst viele der alten, tendenziell sinnlosen, aber besser bezahlten Arbeitsamts- und Arge-Maßnahmen an Land ziehen muss, das ist eine andere Sache.
Das ist wohl normal, dass bei Reformen immer gleich mit versucht wird, gewohnheitsmäßige Privilegien der jeweils Wehrlosesten abzuschaffen. Wer aber jetzt „Weg von der Agenda 2010 und zurück zu den guten, alten patriarchalen Strukturen!“ fordert, der vergisst, dass er vielleicht diese Strukturen, nie aber die Privilegien zurück bekommen wird.
Zum Papa-Kohl-Sozialstaat führt kein Weg zurück, Gott sei Dank! Was wir dadurch an Freiheit gewinnen, sollten wir festhalten; was wir dadurch an Lebensstandard verlieren, müssen wir wieder einklagen. Wenn mir bloß einer sagen könnte, wie!
Aber es gab ein interessantes Detail: Irgendwo am Rande wurde bemerkt, dass Sozialarbeiter ja zu allem Überdruss auch noch zusätzlichen Stress dadurch hätten, dass ihre Klienten einen „Karrieresprung“ gemacht hätten – „von Bedürftigen zu Kunden“ – wobei zu bedenken sei, dass diese aufgrund psychischer Einschränkungen ja auch nicht immer souverän reagierten.
Das kann man wohl sagen! Letzte Woche haben sich zwei erwachsene Frauen vor der Tür unserer Schule geprügelt; heute hatte ich eine Aussprache mit Herrn L., der nicht mehr zum Kurs kommen will, weil Frau M. sagt, dass er stinkt. Der reinste Kindergarten!
Aber wie dem auch sei: Das sind meine Kunden und ich bin kein Erzieher. Muss nur mit dafür sorgen, dass alles so weit möglich reibungslos läuft. Wenn mir jetzt jemand kommt und will das alte patriarchale System zurück, wo er schön von oben behütet und beschützt wird (z. B. mit ausreichend Gehalt), auf dass er auch nach unten schön behüten und beschützen kann und dabei ungeheuer wichtig sein – das macht mich aggressiv.
Ich finde die Entwicklung gut, bei der Bedürftige endlich auch als Erwachsene akzeptiert werden, so gestresst und neurotisch sie auch immer sein mögen. Ich hab auch keinen erzieherischen Impetus, meine Teilnehmer zu besseren Menschen machen zu wollen. Ich verkaufe eine Dienstleistung und fertig.
Diese Idee ist das Erfischende und Schöne an dem System, das allgemein mit dem Namen „Agenda 2010“ assoziiert wird. Es herrscht wirklich ein anderer Geist in den Einwanderer-Sprachkursen („Integrationssprachkurse“), die 2005 erfunden wurden - vergleicht man sie mit den herkömmlichen Arbeitslosen-Sprachkursen für Migranten („Maßnahmen“, wie sie entlarvenderweise heißen): Interesse, Orientierung an der Sache bei den Sprachkursen – Kontrolle, Dumpfheit bei den Maßnahmen.
Dass der Staat für die neuen, frischen Kurse lächerlich geringe Summen zahlt und dass deshalb jede Sprachschule möglichst viele der alten, tendenziell sinnlosen, aber besser bezahlten Arbeitsamts- und Arge-Maßnahmen an Land ziehen muss, das ist eine andere Sache.
Das ist wohl normal, dass bei Reformen immer gleich mit versucht wird, gewohnheitsmäßige Privilegien der jeweils Wehrlosesten abzuschaffen. Wer aber jetzt „Weg von der Agenda 2010 und zurück zu den guten, alten patriarchalen Strukturen!“ fordert, der vergisst, dass er vielleicht diese Strukturen, nie aber die Privilegien zurück bekommen wird.
Zum Papa-Kohl-Sozialstaat führt kein Weg zurück, Gott sei Dank! Was wir dadurch an Freiheit gewinnen, sollten wir festhalten; was wir dadurch an Lebensstandard verlieren, müssen wir wieder einklagen. Wenn mir bloß einer sagen könnte, wie!
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