Montag, 11. April 2016
Mal ganz was Banales: Kraftfahrzeuge (aber andere schreiben ja auch über Fahrräder)
Es fing damit an, das meine Mutter mich fragte: Sie würden mir gern etwas schenken zum erfolgreichen Studienabschluss, ob ich denn einen Wunsch hätte. Eigentlich nicht. Ich musste lange überlegen, bis ein längst vergessener Wunsch aus der Jugendzeit wieder auftauchte: ein Moped. Das fanden meine Eltern natürlich blöd, sie hatten aber eine wunderbare Kompromissidee: Während ich das Interesse am Nachholen versäumten Jugendlebens hatte, hatten sie das Interesse an meinem bürgerlichem Fortkommen – sie schenkten mir den Autoführerschein, das passende Moped müsse ich mir selber kaufen. Und das tat ich. Mein Jugendfreund S., inzwischen Zahnarzt in der brandenburgischen Provinz, wollte seinen Roller loswerden, nachdem er einmal mit Sandalen hässlich gestürzt war. Ich durfte mir das Gerät abholen aus einem Schuppen in Berlin-Friedrichshagen – und fuhr es dann zwei Jahre lang, bis es völlig hinüber war.

Der nächste Schritt war natürlich ein Motorrad. Freunde entsetzten sich über das machohafte Teil, ich selbst auch: Ich fiel zweimal durch die Prüfung, wie um mir zu beweisen, dass das nicht meins wär. Aber als ichs dann hatte, fuhr ich sommers wie winters damit, und auch der Warnhinweis des Verkäufers („Das ist alt, das ist was für Schrauber.“) bewahrheitete sich nicht – meine Werkstatt kriegte es immer zu erträglichen Preisen hin.

Das Motorrad führte mich nicht nur zu L. nach Leer, der ich Schlimmes zu beichten hatte, auch zu ? In Hamburg, die meine Freundin wurde, und als unser Sohn geboren wurde und das Motorrad kaum noch ansprang und immer mehr Öl verlor, da ermunterte sie mich, das altersschwache Teil noch gegen ein neueres einzutauschen. Was natürlich Quatsch war. Ich hab das neue Motorrad nach wenigen Monaten verlustreich verkauft: Vater und Motorrad, das passt nicht.
Stattdessen – die berufliche Laufbahn ging immer weiter den Bach runter – nutzte ich 5000 Euro aus einer Abfindung, um für die Familie einen Kangoo zu kaufen. Über dem Verkaufsbüro des Autohändlers prangte ein großes Schild „Orientalische Lebensmittel“ und verrostet sah das Ding von unten auch aus – aber vier Jahre lang war es unser Schiff und Symbol der Familie, die eigentlich vierköpfig werden sollte.

Daraus wurde nichts und dem Kangoo brach die Achse, als sie durchgerostet war. Wir kauften einen billigen, aber technisch total in-ordnungen, etwas ps-schwachen Ford. Ein Auto für alle Fälle: selten kaputt, wenns sein muss, schafft er es auch voll beladen über die Alpen nach Kroatien, wenn man die Sitze umklappt, passt eine Ladung Flohmarkt rein und in Frankreich war er auch schon mit uns und dem Zelt. Nur hässlich ist er halt. Schwarz und langweilig wie alle diese kleinen Autos.
Als dann zwei Straßen weiter das Wohnmobil am Straßenrand stand mit einem Zettel im Fenster „zu verkaufen“, redete mir meine Liebste zu, obwohl wir uns das eigentlich nicht leisten können: Sie weiß, allein würd ichs nie wagen. Ich liebte ihn auf den ersten Blick. Trotz oder wegen seiner Roststellen und weil er so alt ist und noch richtig nach Blech aussieht und nicht nach Plastik+Elektronik. Und jetzt hab ich ihn. Meine Frau mag ihn nicht, nur meine Freude an ihm. Technisch ist er wohl so weit fit, nachdem plötzlich mein zehn Jahre älterer Cousin wieder in meinem Leben aufgetaucht ist, ein LKW-Fahrer, der einen ukrainischen Schrauber kennt, der für 1000 Euro das Gröbste ausbügelte. Heute habe ich zwei Stunden lang die Markise geschrubbt, die völlig vermodert war.

Ich kann die erste Tour kaum erwarten: Im Mai soll es zwei Tage durch Brandenburg gehen, so als erstes Anschnuppern.

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